Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

fen lassen, sagte, es ware ihm vor nichts ängster gewesen, ausser nur,
daß er so nackend vor unserm HErre GOtt hätte erscheinen sollen
.

Ein Dorff-Pfarrer beklagte sich hefftig, daß er einem andern Geistli-
chen schon vor einem Monat geschrieben, dieser aber ihm noch nicht ge-
antwortet habe
. Allein da man sich umsahe, fande es sich, daß der Brief
noch an dem Fenster stack.

Ein einfältiger Student zu N. wurde von etlichen seiner Cameraden auf
dem Felde in den Hanff geführet, welcher desselben Orts sehr hoch wächset.
darinnen liessen sie ihn, lieffen aber vor ihre Person wieder heraus, schrien und
spotteten seiner mit diesen Worten: Ha, ha, Monsieur! Ihr seyd gefangen
und könnet nicht wieder heraus kommen
. Da ward dem guten Tropffen
angst und bange, und er sprach: Ach ihr Herren! Um GOttes willen! ma-
chet mir auf, und lasset mich doch wieder heraus
; wobey er mit denen
Fingern an die Stengel klopffete.

Ein anderer tummer Studiosus, als er fallen wolte, hielte sich an einen
grossen Wein-Römer.

Jener alte Pedant, als er vor etlichen Courtisans und Hof-Junckern,
von seinem Aristotele und Thoma Aquino, ingleichen von ihren Subtilitaeten
einen stoltzen Discurs anhub, ließ dabey, vor lauter grossem Witz! einen ent-
setzlichen Bauchwind streichen. Da fieng einer unter denen Beystehenden an:
Da siehet man was vor aufgeblasene Leute die allzugrosse Gelehrsam-
keit und Geschicklichkeit machet
.

Ich bitte um Verzeihung, daß ich im Hause ein so grosses Gerum-
pel gemachet habe
, sprach ein anderer, als er die Stiege hinab gefallen
war.

Jener Frantzösische Pennal sagte zu Paris, Allemagne oder Teutsch-
land müste eine grosse Stadt seyn, weil immerfort so viele
Allemans oder
Teutschen nach Paris kämen
.

Ein Pohlack befand sich zu Heydelberg auf der Universitaet. Als er von

dan-

fen laſſen, ſagte, es wåre ihm vor nichts aͤngſter geweſen, auſſer nur,
daß er ſo nackend vor unſerm HErre GOtt haͤtte erſcheinen ſollen
.

Ein Dorff-Pfarrer beklagte ſich hefftig, daß er einem andern Geiſtli-
chen ſchon vor einem Monat geſchrieben, dieſer aber ihm noch nicht ge-
antwortet habe
. Allein da man ſich umſahe, fande es ſich, daß der Brief
noch an dem Fenſter ſtack.

Ein einfaͤltiger Student zu N. wurde von etlichen ſeiner Cameraden auf
dem Felde in den Hanff gefuͤhret, welcher deſſelben Orts ſehr hoch waͤchſet.
darinnen lieſſen ſie ihn, lieffen aber vor ihre Perſon wieder heraus, ſchrien und
ſpotteten ſeiner mit dieſen Worten: Ha, ha, Monſieur! Ihr ſeyd gefangen
und koͤnnet nicht wieder heraus kommen
. Da ward dem guten Tropffen
angſt und bange, und er ſprach: Ach ihr Herren! Um GOttes willen! ma-
chet mir auf, und laſſet mich doch wieder heraus
; wobey er mit denen
Fingern an die Stengel klopffete.

Ein anderer tummer Studioſus, als er fallen wolte, hielte ſich an einen
groſſen Wein-Roͤmer.

Jener alte Pedant, als er vor etlichen Courtiſans und Hof-Junckern,
von ſeinem Ariſtotele und Thoma Aquino, ingleichen von ihren Subtilitæten
einen ſtoltzen Diſcurs anhub, ließ dabey, vor lauter groſſem Witz! einen ent-
ſetzlichen Bauchwind ſtreichen. Da fieng einer unter denen Beyſtehenden an:
Da ſiehet man was vor aufgeblaſene Leute die allzugroſſe Gelehrſam-
keit und Geſchicklichkeit machet
.

Ich bitte um Verzeihung, daß ich im Hauſe ein ſo groſſes Gerum-
pel gemachet habe
, ſprach ein anderer, als er die Stiege hinab gefallen
war.

Jener Frantzoͤſiſche Pennal ſagte zu Paris, Allemagne oder Teutſch-
land muͤſte eine groſſe Stadt ſeyn, weil immerfort ſo viele
Allemans oder
Teutſchen nach Paris kaͤmen
.

Ein Pohlack befand ſich zu Heydelberg auf der Univerſitæt. Als er von

dan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0118" n="74"/>
fen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;agte, <hi rendition="#fr">es wåre ihm vor nichts a&#x0364;ng&#x017F;ter gewe&#x017F;en, au&#x017F;&#x017F;er nur,<lb/>
daß er &#x017F;o nackend vor un&#x017F;erm HErre GOtt ha&#x0364;tte er&#x017F;cheinen &#x017F;ollen</hi>.</p><lb/>
          <p>Ein Dorff-Pfarrer beklagte &#x017F;ich hefftig, <hi rendition="#fr">daß er einem andern Gei&#x017F;tli-<lb/>
chen &#x017F;chon vor einem Monat ge&#x017F;chrieben, die&#x017F;er aber ihm noch nicht ge-<lb/>
antwortet habe</hi>. Allein da man &#x017F;ich um&#x017F;ahe, fande es &#x017F;ich, daß der Brief<lb/>
noch an dem Fen&#x017F;ter &#x017F;tack.</p><lb/>
          <p>Ein einfa&#x0364;ltiger Student zu <hi rendition="#aq">N.</hi> wurde von etlichen &#x017F;einer Cameraden auf<lb/>
dem Felde in den Hanff gefu&#x0364;hret, welcher de&#x017F;&#x017F;elben Orts &#x017F;ehr hoch wa&#x0364;ch&#x017F;et.<lb/>
darinnen lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ihn, lieffen aber vor ihre Per&#x017F;on wieder heraus, &#x017F;chrien und<lb/>
&#x017F;potteten &#x017F;einer mit die&#x017F;en Worten: <hi rendition="#fr">Ha, ha</hi>, <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;ieur</hi>! <hi rendition="#fr">Ihr &#x017F;eyd gefangen<lb/>
und ko&#x0364;nnet nicht wieder heraus kommen</hi>. Da ward dem guten Tropffen<lb/>
ang&#x017F;t und bange, und er &#x017F;prach: <hi rendition="#fr">Ach ihr Herren! Um GOttes willen! ma-<lb/>
chet mir auf, und la&#x017F;&#x017F;et mich doch wieder heraus</hi>; wobey er mit denen<lb/>
Fingern an die Stengel klopffete.</p><lb/>
          <p>Ein anderer tummer <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;us,</hi> als er fallen wolte, hielte &#x017F;ich an einen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Wein-Ro&#x0364;mer.</p><lb/>
          <p>Jener alte <hi rendition="#aq">Pedant,</hi> als er vor etlichen <hi rendition="#aq">Courti&#x017F;ans</hi> und Hof-Junckern,<lb/>
von &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;totele</hi> und <hi rendition="#aq">Thoma Aquino,</hi> ingleichen von ihren <hi rendition="#aq">Subtilitæ</hi>ten<lb/>
einen &#x017F;toltzen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;curs</hi> anhub, ließ dabey, vor lauter gro&#x017F;&#x017F;em Witz! einen ent-<lb/>
&#x017F;etzlichen Bauchwind &#x017F;treichen. Da fieng einer unter denen Bey&#x017F;tehenden an:<lb/><hi rendition="#fr">Da &#x017F;iehet man was vor aufgebla&#x017F;ene Leute die allzugro&#x017F;&#x017F;e Gelehr&#x017F;am-<lb/>
keit und Ge&#x017F;chicklichkeit machet</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Ich bitte um Verzeihung, daß ich im Hau&#x017F;e ein &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es Gerum-<lb/>
pel gemachet habe</hi>, &#x017F;prach ein anderer, als er die Stiege hinab gefallen<lb/>
war.</p><lb/>
          <p>Jener Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che <hi rendition="#aq">Pennal</hi> &#x017F;agte zu <hi rendition="#fr">Paris</hi>, <hi rendition="#aq">Allemagne</hi> <hi rendition="#fr">oder Teut&#x017F;ch-<lb/>
land mu&#x0364;&#x017F;te eine gro&#x017F;&#x017F;e Stadt &#x017F;eyn, weil immerfort &#x017F;o viele</hi> <hi rendition="#aq">Allemans</hi> <hi rendition="#fr">oder<lb/>
Teut&#x017F;chen nach Paris ka&#x0364;men</hi>.</p><lb/>
          <p>Ein Pohlack befand &#x017F;ich zu Heydelberg auf der <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;itæt.</hi> Als er von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dan-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0118] fen laſſen, ſagte, es wåre ihm vor nichts aͤngſter geweſen, auſſer nur, daß er ſo nackend vor unſerm HErre GOtt haͤtte erſcheinen ſollen. Ein Dorff-Pfarrer beklagte ſich hefftig, daß er einem andern Geiſtli- chen ſchon vor einem Monat geſchrieben, dieſer aber ihm noch nicht ge- antwortet habe. Allein da man ſich umſahe, fande es ſich, daß der Brief noch an dem Fenſter ſtack. Ein einfaͤltiger Student zu N. wurde von etlichen ſeiner Cameraden auf dem Felde in den Hanff gefuͤhret, welcher deſſelben Orts ſehr hoch waͤchſet. darinnen lieſſen ſie ihn, lieffen aber vor ihre Perſon wieder heraus, ſchrien und ſpotteten ſeiner mit dieſen Worten: Ha, ha, Monſieur! Ihr ſeyd gefangen und koͤnnet nicht wieder heraus kommen. Da ward dem guten Tropffen angſt und bange, und er ſprach: Ach ihr Herren! Um GOttes willen! ma- chet mir auf, und laſſet mich doch wieder heraus; wobey er mit denen Fingern an die Stengel klopffete. Ein anderer tummer Studioſus, als er fallen wolte, hielte ſich an einen groſſen Wein-Roͤmer. Jener alte Pedant, als er vor etlichen Courtiſans und Hof-Junckern, von ſeinem Ariſtotele und Thoma Aquino, ingleichen von ihren Subtilitæten einen ſtoltzen Diſcurs anhub, ließ dabey, vor lauter groſſem Witz! einen ent- ſetzlichen Bauchwind ſtreichen. Da fieng einer unter denen Beyſtehenden an: Da ſiehet man was vor aufgeblaſene Leute die allzugroſſe Gelehrſam- keit und Geſchicklichkeit machet. Ich bitte um Verzeihung, daß ich im Hauſe ein ſo groſſes Gerum- pel gemachet habe, ſprach ein anderer, als er die Stiege hinab gefallen war. Jener Frantzoͤſiſche Pennal ſagte zu Paris, Allemagne oder Teutſch- land muͤſte eine groſſe Stadt ſeyn, weil immerfort ſo viele Allemans oder Teutſchen nach Paris kaͤmen. Ein Pohlack befand ſich zu Heydelberg auf der Univerſitæt. Als er von dan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/118
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/118>, abgerufen am 04.12.2024.