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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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men. Hierauf gab ihm die Jungfer den Bescheid: Ich habe noch ein an-
der Gesichte, das hat keine Nase. Will etwa der Herr dasselbe
küssen
?

Ein junger Matz wurde Magister, und gleich darauf wolte ihm sein Va-
ter kein Geld mehr schicken, weil er in der festen Meynung stunde, ein Mei-
ster der Weißheit, wie nunmehro sein Herr Sohn seye, musse selber viel
Geld verdienen können
Der neue Magister schriebe wohl zwantzig Briefe
an seinen Vater, einen nach dem andern; aber alles umsonst, weil der Vater
auf seinem harten Sinn stehen bliebe. Bey sogestalten Sachen sahe sich der
Herr Magister genöthiget, seine Bücher und Kleider grösten Theils zu ver-
stossen, auch endlich mit dem Rest nach Hause zu ziehen, und die Universitaet
gar zu verlassen. Dieser Rest seiner Sachen bestunde in einem grossen Bün-
del, wie ihn die wandernden Handwercks-Pursche zu führen pflegen, und der
Magister ließ sich denselben, durch einen Tagelöhner zum Thore hinaus tra-
gen, hernachaber, als er der Stadt aus dem Gesichte kam, fassete er ihn auf seinen
eigenen Buckel. Indessen begegnete ihm ein Fuhrmann mit seinem Karrn,
und er machte ein Geding mit ihm, daß er denselben biß auf den nechsten Fle-
cken mitnehmen solte. Nachdem er aber aufgesessen war, kunte er sich mit dem
Bündel auf den Buckel nicht recht behelffen, und hatte gleichwohl auch nicht
die Courage, daß er solchen herunter nahm und vor sich legte, in der Meynung,
der Karrn würde dadurch desto mehr beschwehret, folglich er auch seinen Beu-
tel desto besser angreiffen müssen. Jedoch endlich, da ihme der Fuhrmann
den Bündel selber ablegen hieß, that es der neue Herr Magister und sprach:
Ey! wolt ihr dann auch so gut seyn, und mir meinen Bündel mit
führen
?

Jener einfältige Tropff solte seinem Vater eine kleine Hand-Bibel an dem
Ort, wo er studierte, binden lassen. Er schrieb aber erst wieder nach Hause,
und fragte an, ob er sie solte in Folio, in Quarto, oder in Octavo, binden
lassen
?

Wie ist doch so gar nichts an dem Morgen, sprach ein fauler Student,
welcher allemal biß um zehen Uhr im Bette zu liegen pflegte.

Jener Studiosus Theologiae, als er im Baden auf dem Rhein schier er-
soffen wäre, und man ihn heraus gezogen, auch das Wasser von ihm hatte lauf-

fen
K

men. Hierauf gab ihm die Jungfer den Beſcheid: Ich habe noch ein an-
der Geſichte, das hat keine Naſe. Will etwa der Herr daſſelbe
kuͤſſen
?

Ein junger Matz wurde Magiſter, und gleich darauf wolte ihm ſein Va-
ter kein Geld mehr ſchicken, weil er in der feſten Meynung ſtunde, ein Mei-
ſter der Weißheit, wie nunmehro ſein Herr Sohn ſeye, můſſe ſelber viel
Geld verdienen koͤnnen
Der neue Magiſter ſchriebe wohl zwantzig Briefe
an ſeinen Vater, einen nach dem andern; aber alles umſonſt, weil der Vater
auf ſeinem harten Sinn ſtehen bliebe. Bey ſogeſtalten Sachen ſahe ſich der
Herr Magiſter genoͤthiget, ſeine Buͤcher und Kleider groͤſten Theils zu ver-
ſtoſſen, auch endlich mit dem Reſt nach Hauſe zu ziehen, und die Univerſitæt
gar zu verlaſſen. Dieſer Reſt ſeiner Sachen beſtunde in einem groſſen Buͤn-
del, wie ihn die wandernden Handwercks-Purſche zu fuͤhren pflegen, und der
Magiſter ließ ſich denſelben, durch einen Tageloͤhner zum Thore hinaus tra-
gen, hernachaber, als er der Stadt aus dem Geſichte kam, faſſete er ihn auf ſeinen
eigenen Buckel. Indeſſen begegnete ihm ein Fuhrmann mit ſeinem Karrn,
und er machte ein Geding mit ihm, daß er denſelben biß auf den nechſten Fle-
cken mitnehmen ſolte. Nachdem er aber aufgeſeſſen war, kunte er ſich mit dem
Buͤndel auf den Buckel nicht recht behelffen, und hatte gleichwohl auch nicht
die Courage, daß er ſolchen herunter nahm und vor ſich legte, in der Meynung,
der Karrn wuͤrde dadurch deſto mehr beſchwehret, folglich er auch ſeinen Beu-
tel deſto beſſer angreiffen muͤſſen. Jedoch endlich, da ihme der Fuhrmann
den Buͤndel ſelber ablegen hieß, that es der neue Herr Magiſter und ſprach:
Ey! wolt ihr dann auch ſo gut ſeyn, und mir meinen Buͤndel mit
fuͤhren
?

Jener einfaͤltige Tropff ſolte ſeinem Vater eine kleine Hand-Bibel an dem
Ort, wo er ſtudierte, binden laſſen. Er ſchrieb aber erſt wieder nach Hauſe,
und fragte an, ob er ſie ſolte in Folio, in Quarto, oder in Octavo, binden
laſſen
?

Wie iſt doch ſo gar nichts an dem Morgen, ſprach ein fauler Student,
welcher allemal biß um zehen Uhr im Bette zu liegen pflegte.

Jener Studioſus Theologiæ, als er im Baden auf dem Rhein ſchier er-
ſoffen waͤre, und man ihn heraus gezogen, auch das Waſſer von ihm hatte lauf-

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[73/0117] men. Hierauf gab ihm die Jungfer den Beſcheid: Ich habe noch ein an- der Geſichte, das hat keine Naſe. Will etwa der Herr daſſelbe kuͤſſen? Ein junger Matz wurde Magiſter, und gleich darauf wolte ihm ſein Va- ter kein Geld mehr ſchicken, weil er in der feſten Meynung ſtunde, ein Mei- ſter der Weißheit, wie nunmehro ſein Herr Sohn ſeye, můſſe ſelber viel Geld verdienen koͤnnen Der neue Magiſter ſchriebe wohl zwantzig Briefe an ſeinen Vater, einen nach dem andern; aber alles umſonſt, weil der Vater auf ſeinem harten Sinn ſtehen bliebe. Bey ſogeſtalten Sachen ſahe ſich der Herr Magiſter genoͤthiget, ſeine Buͤcher und Kleider groͤſten Theils zu ver- ſtoſſen, auch endlich mit dem Reſt nach Hauſe zu ziehen, und die Univerſitæt gar zu verlaſſen. Dieſer Reſt ſeiner Sachen beſtunde in einem groſſen Buͤn- del, wie ihn die wandernden Handwercks-Purſche zu fuͤhren pflegen, und der Magiſter ließ ſich denſelben, durch einen Tageloͤhner zum Thore hinaus tra- gen, hernachaber, als er der Stadt aus dem Geſichte kam, faſſete er ihn auf ſeinen eigenen Buckel. Indeſſen begegnete ihm ein Fuhrmann mit ſeinem Karrn, und er machte ein Geding mit ihm, daß er denſelben biß auf den nechſten Fle- cken mitnehmen ſolte. Nachdem er aber aufgeſeſſen war, kunte er ſich mit dem Buͤndel auf den Buckel nicht recht behelffen, und hatte gleichwohl auch nicht die Courage, daß er ſolchen herunter nahm und vor ſich legte, in der Meynung, der Karrn wuͤrde dadurch deſto mehr beſchwehret, folglich er auch ſeinen Beu- tel deſto beſſer angreiffen muͤſſen. Jedoch endlich, da ihme der Fuhrmann den Buͤndel ſelber ablegen hieß, that es der neue Herr Magiſter und ſprach: Ey! wolt ihr dann auch ſo gut ſeyn, und mir meinen Buͤndel mit fuͤhren? Jener einfaͤltige Tropff ſolte ſeinem Vater eine kleine Hand-Bibel an dem Ort, wo er ſtudierte, binden laſſen. Er ſchrieb aber erſt wieder nach Hauſe, und fragte an, ob er ſie ſolte in Folio, in Quarto, oder in Octavo, binden laſſen? Wie iſt doch ſo gar nichts an dem Morgen, ſprach ein fauler Student, welcher allemal biß um zehen Uhr im Bette zu liegen pflegte. Jener Studioſus Theologiæ, als er im Baden auf dem Rhein ſchier er- ſoffen waͤre, und man ihn heraus gezogen, auch das Waſſer von ihm hatte lauf- fen K

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/117>, abgerufen am 04.12.2024.