Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.seye Senecae einiges Intent und Zweck gewesen, damit er des unerschöpflichen Eine lustige Relation von denen Deliberationen und denen lächerlichen Aussprüchen derer Gelehr- ten, ist diese. WEil das gemeine Sprichwort, daß man keinen Menschen recht erken- müsse
ſeye Senecæ einiges Intent und Zweck geweſen, damit er des unerſchoͤpflichen Eine luſtige Relation von denen Deliberationen und denen laͤcherlichen Ausſpruͤchen derer Gelehr- ten, iſt dieſe. WEil das gemeine Sprichwort, daß man keinen Menſchen recht erken- muͤſſe
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0158" n="114"/> ſeye <hi rendition="#aq">Senecæ</hi> einiges <hi rendition="#aq">Intent</hi> und Zweck geweſen, damit er des unerſchoͤpflichen<lb/> Reichthums, ſo er mit ſeiner ſelbſt-eigenen Schande und Schmach, und ſei-<lb/> nes Fuͤrſten groſſen Schaden zuſammen geſammlet, verſichert ſeyn moͤchte.<lb/> Nachdem nun <hi rendition="#aq">Seneca</hi> kurtz nach ſeiner <hi rendition="#aq">Arreti</hi>rung <hi rendition="#aq">examini</hi>ret wurde, hat ſich in<lb/> dem <hi rendition="#aq">Proceſſ</hi> befunden, daß nicht allein er, ſondern auch viele andere <hi rendition="#aq">Philoſophi<lb/> Morales</hi> zweyer ſchaͤndlichen Laſter, mit welchem ſie dem menſchlichen Ge-<lb/> ſchlecht groſſe Aergerniß geben, bezuͤchtiget wuͤrden, daß ſie nemlich mehr als<lb/> alle andere Menſchen rachgierig und zornig waͤren, welche Laſter ſie doch in<lb/> andern Menſchen <hi rendition="#aq">blamir</hi>ten und beſtrafften. <hi rendition="#aq">Seneca</hi> hat auch ſolches gar nicht<lb/><hi rendition="#aq">negi</hi>ret und widerſprochen. Weil er aber zu gleicher Zeit vorgegeben <hi rendition="#fr">ein</hi> <hi rendition="#aq">Phi-<lb/> loſophus Moralis regardi</hi><hi rendition="#fr">re andere Leute nicht als Menſchen, achte ſich<lb/> auch gegen ſie vor keine Gutthat verbunden, ſondern ſchreibe alles, was<lb/> ihm gutes wiederfahre, dem Himmel zu</hi>, erkannte <hi rendition="#aq">Apollo</hi> dieſes vor eine<lb/> unbeſcheidene Antwort, <hi rendition="#fr">ſagende man muͤſſe allerdings vornemlich gegen<lb/> den hoͤchſten GOtt hernach aber auch gegen diejenigen Leute, aus de-<lb/> ren Hand man Gutthaten empfangen, danckbar ſeyn; und uͤbrigens kei-<lb/> nen Menſchen neben ſich, aus einem gelehrten Hochmuth verachten.</hi><lb/><hi rendition="#aq">Apollo</hi> <hi rendition="#fr">faͤllete hiernechſt ein Urtheil, Krafft deſſen</hi> <hi rendition="#aq">Seneca</hi> <hi rendition="#fr">des Namens<lb/> eines wahren Weyſen verluſtig ſeyn, und fuͤhrohin die heimlichen Ge-<lb/> maͤcher in dem</hi> <hi rendition="#aq">Parnaſſo</hi> <hi rendition="#fr">fegen ſolte</hi>.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine luſtige <hi rendition="#aq">Relation</hi> von denen <hi rendition="#aq">Deliberation</hi>en und denen<lb/> laͤcherlichen Ausſpruͤchen derer Gelehr-<lb/> ten, iſt dieſe.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">W</hi>Eil das gemeine Sprichwort, <hi rendition="#fr">daß man keinen Menſchen recht erken-<lb/> nen koͤnne, man habe dann einen Scheffel Saltz mit ihm gegeſſen,</hi><lb/> von etlichen Gelehrten in zweiffel gezogen worden, als hat <hi rendition="#aq">Apollo,</hi> welcher nicht<lb/> will, daß die herrlichen Spruͤche ſeiner Gelehrten, ſo vor allgemeine Regeln<lb/> und unwandelbare Geſetze gehalten werden, darnach die Tugendhafften ihr<lb/> gantzes Leben anſtellen, in etwas zweiffelhafft oder ungewiß befunden wuͤrden,<lb/> ſchon vor etlichen Tagen in einer allgemeinen Verſammlung denen Gelehrten<lb/> auferleget, dieſe Wahrheit und deren eigentlichen Verſtand recht zu ergruͤnden.<lb/> Es hat ſich auch bemeldtes Sprichwort ſo gar wahr befunden, daß das ſaͤmmt-<lb/> liche <hi rendition="#aq">Collegium</hi> derjenigen Meynung beygepflichtet, ſo davor gehalten, man<lb/> <fw place="bottom" type="catch">muͤſſe</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [114/0158]
ſeye Senecæ einiges Intent und Zweck geweſen, damit er des unerſchoͤpflichen
Reichthums, ſo er mit ſeiner ſelbſt-eigenen Schande und Schmach, und ſei-
nes Fuͤrſten groſſen Schaden zuſammen geſammlet, verſichert ſeyn moͤchte.
Nachdem nun Seneca kurtz nach ſeiner Arretirung examiniret wurde, hat ſich in
dem Proceſſ befunden, daß nicht allein er, ſondern auch viele andere Philoſophi
Morales zweyer ſchaͤndlichen Laſter, mit welchem ſie dem menſchlichen Ge-
ſchlecht groſſe Aergerniß geben, bezuͤchtiget wuͤrden, daß ſie nemlich mehr als
alle andere Menſchen rachgierig und zornig waͤren, welche Laſter ſie doch in
andern Menſchen blamirten und beſtrafften. Seneca hat auch ſolches gar nicht
negiret und widerſprochen. Weil er aber zu gleicher Zeit vorgegeben ein Phi-
loſophus Moralis regardire andere Leute nicht als Menſchen, achte ſich
auch gegen ſie vor keine Gutthat verbunden, ſondern ſchreibe alles, was
ihm gutes wiederfahre, dem Himmel zu, erkannte Apollo dieſes vor eine
unbeſcheidene Antwort, ſagende man muͤſſe allerdings vornemlich gegen
den hoͤchſten GOtt hernach aber auch gegen diejenigen Leute, aus de-
ren Hand man Gutthaten empfangen, danckbar ſeyn; und uͤbrigens kei-
nen Menſchen neben ſich, aus einem gelehrten Hochmuth verachten.
Apollo faͤllete hiernechſt ein Urtheil, Krafft deſſen Seneca des Namens
eines wahren Weyſen verluſtig ſeyn, und fuͤhrohin die heimlichen Ge-
maͤcher in dem Parnaſſo fegen ſolte.
Eine luſtige Relation von denen Deliberationen und denen
laͤcherlichen Ausſpruͤchen derer Gelehr-
ten, iſt dieſe.
WEil das gemeine Sprichwort, daß man keinen Menſchen recht erken-
nen koͤnne, man habe dann einen Scheffel Saltz mit ihm gegeſſen,
von etlichen Gelehrten in zweiffel gezogen worden, als hat Apollo, welcher nicht
will, daß die herrlichen Spruͤche ſeiner Gelehrten, ſo vor allgemeine Regeln
und unwandelbare Geſetze gehalten werden, darnach die Tugendhafften ihr
gantzes Leben anſtellen, in etwas zweiffelhafft oder ungewiß befunden wuͤrden,
ſchon vor etlichen Tagen in einer allgemeinen Verſammlung denen Gelehrten
auferleget, dieſe Wahrheit und deren eigentlichen Verſtand recht zu ergruͤnden.
Es hat ſich auch bemeldtes Sprichwort ſo gar wahr befunden, daß das ſaͤmmt-
liche Collegium derjenigen Meynung beygepflichtet, ſo davor gehalten, man
muͤſſe
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