Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Frieden, Müßiggang, Wollust und scharffe Proceduren gegen diejenigen, wel- Biß dato nun giengen Tacito alle seine Anschläge glücklich von statten. Plinius der Jüngere, welcher, wie bewust, Taciti allergröster Freund ge- dem R 3
Frieden, Muͤßiggang, Wolluſt und ſcharffe Proceduren gegen diejenigen, wel- Biß dato nun giengen Tacito alle ſeine Anſchlaͤge gluͤcklich von ſtatten. Plinius der Juͤngere, welcher, wie bewuſt, Taciti allergroͤſter Freund ge- dem R 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0177" n="133"/> Frieden, Muͤßiggang, Wolluſt und ſcharffe <hi rendition="#aq">Procedu</hi>ren gegen diejenigen, wel-<lb/> che Ehre und <hi rendition="#aq">Reputation</hi> wegen, einander zu einem Zwey-Kampff ausforder-<lb/> ten. Solches geſchahe zu dem Ende, damit er alle Tapfferkeit aus dem Her-<lb/> tzen ſeiner Uuterthanen vertilgen moͤchte. Um ſie auch deſto geſchwinder weich<lb/> und weibiſch zu machen, lieſſe er, mit groſſen Unkoſten Gebaͤude anrichten, all-<lb/> wo alle Tage fiele, <hi rendition="#aq">Commœdi</hi>en, Jagden und allerhand Kurtzweile angeſtellet<lb/> wurden. Indem ſie nun ſolchen Sachen allzuſehr nachhiengen, vergaſſen ſie<lb/> daruͤber des Regiments und des Kriegsweſens. Weil ihm im uͤbrigen nicht un-<lb/> bekannt war, daß er zum Zweck ſeiner Tyranney, uͤber ein Volck, ſo in der<lb/> Freyheit gebohren, auch darinnen lange Zeit gelebet hatte, zu gelangen, ihnen an<lb/> nichts einigen Mangel erſcheinen laſſen muͤſte, ſonne er auf Mittel und Wege,<lb/> in ſeinem Lande allenthalben die Huͤlle und die Fuͤlle, ja einen ſehr groſſen Uber-<lb/> fluß in allen Sachen, zu verſchaffen.</p><lb/> <p>Biß <hi rendition="#aq">dato</hi> nun giengen <hi rendition="#aq">Tacito</hi> alle ſeine Anſchlaͤge gluͤcklich von ſtatten.<lb/> Indem er aber das vornehmſte Stuͤcklein, ſeine Tyranney zu beſtaͤtigen, allzu-<lb/> ſtarck zu <hi rendition="#aq">practici</hi>ren vermeynte, nemlich die vornehmſten Haͤupter, ſo ihm in<lb/> die Augen ſtachen, aus dem Wege zu raͤumen, erweckte er einen ſolchen allge-<lb/> meinen Wiederwillen gegen ſich, das er vor ſechs Tagen genoͤthiget wurde<lb/> wolte er anders nicht durch eine ſtarcke Verraͤtherey, die ſich wieder ihn ange-<lb/> ſponnen, ſelber um das Leben kommen, unbekannter Weiſe aus <hi rendition="#aq">Lesbo</hi> zu ent-<lb/> fliehen, und ſich wieder in den <hi rendition="#aq">Parnaſſum</hi> zu begeben, allwo er hernach ein <hi rendition="#aq">Pri-<lb/> vat-</hi>Leben, wie zuvor gefuͤhret.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">Plinius</hi> der Juͤngere, welcher, wie bewuſt, <hi rendition="#aq">Taciti</hi> allergroͤſter Freund ge-<lb/> weſen, war der erſte, ſo ihn beſuchte. Dieſer verwieſe ihm hoͤchlich, daß er,<lb/> den andern ſolche herrliche <hi rendition="#aq">Præcepta,</hi> Land und Leute wohl zu regieren, vorge-<lb/> ſchrieben haͤtte, ſolche in ſeiner Herrſchafft in <hi rendition="#aq">Lesbo</hi> ſo gar uͤbel <hi rendition="#aq">practici</hi>ret haͤt-<lb/> te. Seit dem hat <hi rendition="#aq">Plinius referi</hi>ret, <hi rendition="#aq">Tacitus</hi> habe ihm folgenden Beſcheid ge-<lb/> geben: <hi rendition="#fr">Der Himmel, mein lieber</hi> <hi rendition="#aq">Plini!</hi> <hi rendition="#fr">iſt nicht ſo weit von der Er-<lb/> den, und der Schnee denen Kohlen an Farbe, nicht ſo ungleich,<lb/> als weit und ungleich, die</hi> <hi rendition="#aq">Praxis</hi> <hi rendition="#fr">zn regieren, und die bloſſe Wiſ-<lb/> ſenſchafft gute</hi> <hi rendition="#aq">politi</hi><hi rendition="#fr">ſche Regeln von der</hi> <hi rendition="#aq">Ratione Status</hi> <hi rendition="#fr">vorzuſchrei-<lb/> ben, von einander ſind. Denn die</hi> <hi rendition="#aq">Senten</hi><hi rendition="#fr">tz, welche ich unter</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">R 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">dem</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0177]
Frieden, Muͤßiggang, Wolluſt und ſcharffe Proceduren gegen diejenigen, wel-
che Ehre und Reputation wegen, einander zu einem Zwey-Kampff ausforder-
ten. Solches geſchahe zu dem Ende, damit er alle Tapfferkeit aus dem Her-
tzen ſeiner Uuterthanen vertilgen moͤchte. Um ſie auch deſto geſchwinder weich
und weibiſch zu machen, lieſſe er, mit groſſen Unkoſten Gebaͤude anrichten, all-
wo alle Tage fiele, Commœdien, Jagden und allerhand Kurtzweile angeſtellet
wurden. Indem ſie nun ſolchen Sachen allzuſehr nachhiengen, vergaſſen ſie
daruͤber des Regiments und des Kriegsweſens. Weil ihm im uͤbrigen nicht un-
bekannt war, daß er zum Zweck ſeiner Tyranney, uͤber ein Volck, ſo in der
Freyheit gebohren, auch darinnen lange Zeit gelebet hatte, zu gelangen, ihnen an
nichts einigen Mangel erſcheinen laſſen muͤſte, ſonne er auf Mittel und Wege,
in ſeinem Lande allenthalben die Huͤlle und die Fuͤlle, ja einen ſehr groſſen Uber-
fluß in allen Sachen, zu verſchaffen.
Biß dato nun giengen Tacito alle ſeine Anſchlaͤge gluͤcklich von ſtatten.
Indem er aber das vornehmſte Stuͤcklein, ſeine Tyranney zu beſtaͤtigen, allzu-
ſtarck zu practiciren vermeynte, nemlich die vornehmſten Haͤupter, ſo ihm in
die Augen ſtachen, aus dem Wege zu raͤumen, erweckte er einen ſolchen allge-
meinen Wiederwillen gegen ſich, das er vor ſechs Tagen genoͤthiget wurde
wolte er anders nicht durch eine ſtarcke Verraͤtherey, die ſich wieder ihn ange-
ſponnen, ſelber um das Leben kommen, unbekannter Weiſe aus Lesbo zu ent-
fliehen, und ſich wieder in den Parnaſſum zu begeben, allwo er hernach ein Pri-
vat-Leben, wie zuvor gefuͤhret.
Plinius der Juͤngere, welcher, wie bewuſt, Taciti allergroͤſter Freund ge-
weſen, war der erſte, ſo ihn beſuchte. Dieſer verwieſe ihm hoͤchlich, daß er,
den andern ſolche herrliche Præcepta, Land und Leute wohl zu regieren, vorge-
ſchrieben haͤtte, ſolche in ſeiner Herrſchafft in Lesbo ſo gar uͤbel practiciret haͤt-
te. Seit dem hat Plinius referiret, Tacitus habe ihm folgenden Beſcheid ge-
geben: Der Himmel, mein lieber Plini! iſt nicht ſo weit von der Er-
den, und der Schnee denen Kohlen an Farbe, nicht ſo ungleich,
als weit und ungleich, die Praxis zn regieren, und die bloſſe Wiſ-
ſenſchafft gute politiſche Regeln von der Ratione Status vorzuſchrei-
ben, von einander ſind. Denn die Sententz, welche ich unter
dem
R 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |