dem NamenGalbae,demPisonigegeben, die mir solchen grossen Ruhm bey denen Leuten gemachet, daß sie dieselbe fast vor einen göttlichen Ausspruch gehalten, welche die Unverständigen so leicht zupracticiren zu seyn vermeynen, ist mir in das Werck zu richten sehr schwehr vorgekommen, weil es eine allzugrosseMetamorpho- sisoder Veränderung ist, aus demPrivatin dem Fürsten-Stand erhaben worden. So sollet ihr auch wissen, daß viele Sachen sind, vor denen, als vor grossen Gebrechen und öffentlichen La- stern diePrivat-Personen einen Abscheu haben, und solche an Für- sten und Herren auf das höchste hassen, die doch treffliche Tugen- den sind. Dieses sage ich darum: Sobald ich zum Fürsten über Lesbumerwehlet worden, nahm ich mir gewiß vor, mich in mei- ner Regierung dieser Regel, so ich dir angezeiget, gemäß zu ver- halten, in der Absicht ich mich auch dererActionen meines Vor- fahrens auf das allerbesteinformirte, mit diesem Steiffen Vorsatz, ihm in denenjenigen, so an ihm gelobet wurden, nachzufolgen, die andern aber, derentwegen man ihn gescholten, zu vermeiden. Nun brachte ich in Erfahrung, daß er den Rath durch die grosse Gewalt, so er sich zugeeignet, zum höchstenoffendiret hatte, in- dem er alle wichtige Geschäffte an sich gezogen, so daß dem Rath und der übrigen Obrigkeit fast nichts als der blosse Name mehr übrig geblieben. So nahm ich auch in acht, daß er sich sehr ver- hast gemachet, weil er den Adel so wenig geachtet, und selbigen der Gebühr nach nichtconsideriret hatte, indem er gewolt, daß alle Staats-Sachen von ihm alleinedependiren solten. So war hiernechst seine strenge Regierung keine geringe Ursache des Has- ses. Denn dadurch gab er an den Tag, daß er vielmehr das Landabsolute, gleich einem Erb-Herrn, als mit umschränckter Gewalt, wie ein erwehlter Fürst zu regieren gedächte. Diese Weise nun zu herrschen bedünckte mich, da ich noch einePrivat- Person war, und noch zu der Stunde, wie ich denPrivat-Stand von mir legte, sehr schändlich, ja gantz tyrannisch, nahm mir
auch
dem NamenGalbæ,demPiſonigegeben, die mir ſolchen groſſen Ruhm bey denen Leuten gemachet, daß ſie dieſelbe faſt vor einen goͤttlichen Ausſpruch gehalten, welche die Unverſtaͤndigen ſo leicht zupracticiren zu ſeyn vermeynen, iſt mir in das Werck zu richten ſehr ſchwehr vorgekommen, weil es eine allzugroſſeMetamorpho- ſisoder Veraͤnderung iſt, aus demPrivatin dem Fuͤrſten-Stand erhaben worden. So ſollet ihr auch wiſſen, daß viele Sachen ſind, vor denen, als vor groſſen Gebrechen und oͤffentlichen La- ſtern diePrivat-Perſonen einen Abſcheu haben, und ſolche an Fuͤr- ſten und Herren auf das hoͤchſte haſſen, die doch treffliche Tugen- den ſind. Dieſes ſage ich darum: Sobald ich zum Fuͤrſten uͤber Lesbumerwehlet worden, nahm ich mir gewiß vor, mich in mei- ner Regierung dieſer Regel, ſo ich dir angezeiget, gemaͤß zu ver- halten, in der Abſicht ich mich auch dererActionen meines Vor- fahrens auf das allerbeſteinformirte, mit dieſem Steiffen Vorſatz, ihm in denenjenigen, ſo an ihm gelobet wurden, nachzufolgen, die andern aber, derentwegen man ihn geſcholten, zu vermeiden. Nun brachte ich in Erfahrung, daß er den Rath durch die groſſe Gewalt, ſo er ſich zugeeignet, zum hoͤchſtenoffendiret hatte, in- dem er alle wichtige Geſchaͤffte an ſich gezogen, ſo daß dem Rath und der uͤbrigen Obrigkeit faſt nichts als der bloſſe Name mehr uͤbrig geblieben. So nahm ich auch in acht, daß er ſich ſehr ver- haſt gemachet, weil er den Adel ſo wenig geachtet, und ſelbigen der Gebuͤhr nach nichtconſideriret hatte, indem er gewolt, daß alle Staats-Sachen von ihm alleinedependiren ſolten. So war hiernechſt ſeine ſtrenge Regierung keine geringe Urſache des Haſ- ſes. Denn dadurch gab er an den Tag, daß er vielmehr das Landabſolute, gleich einem Erb-Herrn, als mit umſchraͤnckter Gewalt, wie ein erwehlter Fuͤrſt zu regieren gedaͤchte. Dieſe Weiſe nun zu herrſchen beduͤnckte mich, da ich noch einePrivat- Perſon war, und noch zu der Stunde, wie ich denPrivat-Stand von mir legte, ſehr ſchaͤndlich, ja gantz tyranniſch, nahm mir
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dem Namen Galbæ, dem Piſoni gegeben, die mir ſolchen groſſen
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zu practiciren zu ſeyn vermeynen, iſt mir in das Werck zu richten
ſehr ſchwehr vorgekommen, weil es eine allzugroſſe Metamorpho-
ſis oder Veraͤnderung iſt, aus dem Privat in dem Fuͤrſten-Stand
erhaben worden. So ſollet ihr auch wiſſen, daß viele Sachen
ſind, vor denen, als vor groſſen Gebrechen und oͤffentlichen La-
ſtern die Privat-Perſonen einen Abſcheu haben, und ſolche an Fuͤr-
ſten und Herren auf das hoͤchſte haſſen, die doch treffliche Tugen-
den ſind. Dieſes ſage ich darum: Sobald ich zum Fuͤrſten uͤber
Lesbum erwehlet worden, nahm ich mir gewiß vor, mich in mei-
ner Regierung dieſer Regel, ſo ich dir angezeiget, gemaͤß zu ver-
halten, in der Abſicht ich mich auch derer Actionen meines Vor-
fahrens auf das allerbeſte informirte, mit dieſem Steiffen Vorſatz,
ihm in denenjenigen, ſo an ihm gelobet wurden, nachzufolgen,
die andern aber, derentwegen man ihn geſcholten, zu vermeiden.
Nun brachte ich in Erfahrung, daß er den Rath durch die groſſe
Gewalt, ſo er ſich zugeeignet, zum hoͤchſten offendiret hatte, in-
dem er alle wichtige Geſchaͤffte an ſich gezogen, ſo daß dem Rath
und der uͤbrigen Obrigkeit faſt nichts als der bloſſe Name mehr
uͤbrig geblieben. So nahm ich auch in acht, daß er ſich ſehr ver-
haſt gemachet, weil er den Adel ſo wenig geachtet, und ſelbigen der
Gebuͤhr nach nicht conſideriret hatte, indem er gewolt, daß alle
Staats-Sachen von ihm alleine dependiren ſolten. So war
hiernechſt ſeine ſtrenge Regierung keine geringe Urſache des Haſ-
ſes. Denn dadurch gab er an den Tag, daß er vielmehr das
Land abſolute, gleich einem Erb-Herrn, als mit umſchraͤnckter
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Weiſe nun zu herrſchen beduͤnckte mich, da ich noch eine Privat-
Perſon war, und noch zu der Stunde, wie ich den Privat-Stand
von mir legte, ſehr ſchaͤndlich, ja gantz tyranniſch, nahm mir
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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/178>, abgerufen am 16.02.2025.
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