Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.auch derohalben vor, solche zu verbessern. Aber ihr müsset wis- al-
auch derohalben vor, ſolche zu verbeſſern. Aber ihr muͤſſet wiſ- al-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0179" n="135"/> <hi rendition="#fr">auch derohalben vor, ſolche zu verbeſſern. Aber ihr muͤſſet wiſ-<lb/> ſen, daß gleich in denen erſten Stunden, da ich mich mit der Fuͤrſt-<lb/> lichen Wuͤrde bekleidet ſahe, ich gleichſam fuͤhlete, wie mir die Be-<lb/> gierde nach der Gewalt zu herrſchen, dieſen meinen guten Vorſatz<lb/> gaͤntzlich aus dem Sinn und Hertzen geriſſen, dergeſtalt, daß ich,<lb/> ſolches euch mit deutlichen Worten zu ſagen,</hi> <hi rendition="#aq">vi dominationis convul-<lb/> ſus & mutatus,</hi> <hi rendition="#fr">die</hi> <hi rendition="#aq">Actiones</hi> <hi rendition="#fr">meines Vorfahren, welche ich, in mei-<lb/> nem</hi> <hi rendition="#aq">Privat</hi> <hi rendition="#fr">Leben, als tyranniſch und gottloß verfluchet und ver-<lb/> maledeyet hatte, vor tugendhaffte, gute, und</hi> <hi rendition="#aq">ad rationem Status</hi><lb/> <hi rendition="#fr">ſehr nothwendige</hi> <hi rendition="#aq">Præcepta</hi> <hi rendition="#fr">zu halten anfieng. Ich kunte alſo<lb/> der Regierſucht, die mir in das Gehirn kam, nicht allein im ge-<lb/> ringſten keinen Wiederſtand thun, ſondern ich hielte ſogar davor,<lb/> es wuͤrde meiner</hi> <hi rendition="#aq">Reputation</hi> <hi rendition="#fr">gantz zuwider ſeyn, wann ich mich<lb/> nicht der hoͤchſten und</hi> <hi rendition="#aq">abſolu</hi> <hi rendition="#fr">ten Gewalt unterziehen, und ſelbige,<lb/> an mich zu bringen trachten ſolte. Dieſe meine unerſaͤttliche Re-<lb/> gierſucht nun, hat den Haß und Unwillen des Raths, des Adels,<lb/> und des gemeinen Mannes wieder mich verurſachet, und mich<lb/> endlich in dieſes</hi> <hi rendition="#aq">Labyrinth,</hi> <hi rendition="#fr">wie ihr ſehet, geſtuͤrtzet. Meine Un-<lb/> wiſſenheit hat mich keinesweges in dieſe Ungelegenheit gebracht,<lb/> ſondern daß ich zu viel gewuſt, und gar zu gelehrt geweſen bin.<lb/> Denn, wer in</hi> <hi rendition="#aq">Lesbo,</hi> <hi rendition="#fr">als einem Wahl-Fuͤrſtenthum, wo die Un-<lb/> terthanen zwiſchen der Freyheit und Sclaverey ſchweben,</hi> <hi rendition="#aq">nec to-<lb/> tam libertatem nec totam ſervitutem, pati poſſunt,</hi> <hi rendition="#fr">die ſich weder der<lb/> voͤlligen Freyheit zu gebrauchen noch in die Dienſtbarkeit zu ſchicken<lb/> wiſſen lange und friedlich zu regieren begehret, der muß ſich</hi> <hi rendition="#aq">reſolvi-</hi><lb/> <hi rendition="#fr">ren, die Sachen in dem Stande zu laſſen, wie er ſie findet. Ja er<lb/> muß eines Fried-liebenden Gemuͤths, und von aller Ehr- und Re-<lb/> gierſucht entlediget ſeyn, mithin dieſes ſchwere</hi> <hi rendition="#aq">Præceptum Po-<lb/> liticum</hi> <hi rendition="#fr">wohl zu</hi> <hi rendition="#aq">practici</hi> <hi rendition="#fr">ren wiſſen, daß er auch andere neben ſich<lb/> leben laſſe. Es ſind demnach alle diejenigen, welche gar zu ver-<lb/> ſtaͤndige</hi> <hi rendition="#aq">Politici,</hi> <hi rendition="#fr">wie ich geweſen bin, ſo von Natur zu der</hi> <hi rendition="#aq">ab-<lb/> ſolu</hi> <hi rendition="#fr">ten Herrſchafft geneigt und angereitzet werden, und die da</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">al-</hi> </fw><lb/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0179]
auch derohalben vor, ſolche zu verbeſſern. Aber ihr muͤſſet wiſ-
ſen, daß gleich in denen erſten Stunden, da ich mich mit der Fuͤrſt-
lichen Wuͤrde bekleidet ſahe, ich gleichſam fuͤhlete, wie mir die Be-
gierde nach der Gewalt zu herrſchen, dieſen meinen guten Vorſatz
gaͤntzlich aus dem Sinn und Hertzen geriſſen, dergeſtalt, daß ich,
ſolches euch mit deutlichen Worten zu ſagen, vi dominationis convul-
ſus & mutatus, die Actiones meines Vorfahren, welche ich, in mei-
nem Privat Leben, als tyranniſch und gottloß verfluchet und ver-
maledeyet hatte, vor tugendhaffte, gute, und ad rationem Status
ſehr nothwendige Præcepta zu halten anfieng. Ich kunte alſo
der Regierſucht, die mir in das Gehirn kam, nicht allein im ge-
ringſten keinen Wiederſtand thun, ſondern ich hielte ſogar davor,
es wuͤrde meiner Reputation gantz zuwider ſeyn, wann ich mich
nicht der hoͤchſten und abſoluten Gewalt unterziehen, und ſelbige,
an mich zu bringen trachten ſolte. Dieſe meine unerſaͤttliche Re-
gierſucht nun, hat den Haß und Unwillen des Raths, des Adels,
und des gemeinen Mannes wieder mich verurſachet, und mich
endlich in dieſes Labyrinth, wie ihr ſehet, geſtuͤrtzet. Meine Un-
wiſſenheit hat mich keinesweges in dieſe Ungelegenheit gebracht,
ſondern daß ich zu viel gewuſt, und gar zu gelehrt geweſen bin.
Denn, wer in Lesbo, als einem Wahl-Fuͤrſtenthum, wo die Un-
terthanen zwiſchen der Freyheit und Sclaverey ſchweben, nec to-
tam libertatem nec totam ſervitutem, pati poſſunt, die ſich weder der
voͤlligen Freyheit zu gebrauchen noch in die Dienſtbarkeit zu ſchicken
wiſſen lange und friedlich zu regieren begehret, der muß ſich reſolvi-
ren, die Sachen in dem Stande zu laſſen, wie er ſie findet. Ja er
muß eines Fried-liebenden Gemuͤths, und von aller Ehr- und Re-
gierſucht entlediget ſeyn, mithin dieſes ſchwere Præceptum Po-
liticum wohl zu practiciren wiſſen, daß er auch andere neben ſich
leben laſſe. Es ſind demnach alle diejenigen, welche gar zu ver-
ſtaͤndige Politici, wie ich geweſen bin, ſo von Natur zu der ab-
ſoluten Herrſchafft geneigt und angereitzet werden, und die da
al-
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