Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

ersten Philister-Weib betrogen worden, sich zum andernmal von
der Delila seinem zweyten Philister-Weib so treuhertzig machen
lassen, daß er ihr seine Stärcke offenbaret, mithin sich in ein solch
grosses Unglück gestürtzet hat, ist er noch heutiges Tages eines rech-
ten derben Küchen Schillings werth.

Dem berühmten Mönch des Barfüßer- Augustiner-Ordens, Pat. Abra-
ham
von St. Clara, wäre vielleicht nach einiger Meynung ebenfalls ein Platz
allhier in dem Gelehrten Narren anzuweisen, zumalen er, in Wien selber, nur
insgemein der Pater Fabel-Hanns genannt worden. Allein ich vor meine
Person bekenne, daß obgleich seine Predigten und Schrifften, fast durch die
Banck, mit lächerlichen Expressionen und lustigen Histörgen angefüllet; ich
meines Orts dennoch allenthalben eine herrliche Moral daraus hervor leuch-
ten sehe. Mehr zur Lust, als den Pater Abraham von St. Clara zu blamiren,
will ich indessen einige Dinge kürtzlich erzehlen, wie sie in seine Predigten und
Schrifften einigeflossen sind.

Einstmals sagte er, unter andern, in einer Predigt: Weiberl! Encks
(euch) recommandire ich einen Fisch zum Exempel und zur Richt-
schnur eures Lebens. Denn ein Fisch spricht nit ein Wörtlein.
Fasset ihn an beym Kopff, oder beym Schweiff, thut mit dem-
selben was ihr wollet, und schlachtet ihn, er wird nit schreyen.
Also sollt auch ihr gegen eure Männer seyn, geduldig wie ein Fisch,
wann gleich die Männer bißweilen wunderlich find. Wollet ihr
aber ja etwas reden, so recommandire ich euch wieder einen Fisch
zum Beyspiel, und zwar jenen, aus dessen Maul Silber hervor
kommen. Als nemlich unser Heyland einstmals in Judea herum
wandelte, so schnautzten ihn die Römischen Mauthner halter sehr
hart an, und sprachen: Wie hälts? den gebührenden Zoll-Groschen
her. Da wandte sich der HErr zu Petro und sprach: Mein Peter!
Die Mauthner seynd schlimme Leute mit denen man sich nichts
zu schaffen machen muß. Mein, gehe geschwind hin an das Meer.
Da wirst du einen Fisch sehen, den fange, mache ihm das Maul

auf,

erſten Philiſter-Weib betrogen worden, ſich zum andernmal von
der Delila ſeinem zweyten Philiſter-Weib ſo treuhertzig machen
laſſen, daß er ihr ſeine Staͤrcke offenbaret, mithin ſich in ein ſolch
groſſes Ungluͤck geſtuͤrtzet hat, iſt er noch heutiges Tages eines rech-
ten derben Kuͤchen Schillings werth.

Dem beruͤhmten Moͤnch des Barfuͤßer- Auguſtiner-Ordens, Pat. Abra-
ham
von St. Clara, waͤre vielleicht nach einiger Meynung ebenfalls ein Platz
allhier in dem Gelehrten Narren anzuweiſen, zumalen er, in Wien ſelber, nur
insgemein der Pater Fabel-Hanns genannt worden. Allein ich vor meine
Perſon bekenne, daß obgleich ſeine Predigten und Schrifften, faſt durch die
Banck, mit laͤcherlichen Expreſſionen und luſtigen Hiſtoͤrgen angefuͤllet; ich
meines Orts dennoch allenthalben eine herrliche Moral daraus hervor leuch-
ten ſehe. Mehr zur Luſt, als den Pater Abraham von St. Clara zu blamiren,
will ich indeſſen einige Dinge kuͤrtzlich erzehlen, wie ſie in ſeine Predigten und
Schrifften einigefloſſen ſind.

Einſtmals ſagte er, unter andern, in einer Predigt: Weiberl! Encks
(euch) recommandire ich einen Fiſch zum Exempel und zur Richt-
ſchnur eures Lebens. Denn ein Fiſch ſpricht nit ein Woͤrtlein.
Faſſet ihn an beym Kopff, oder beym Schweiff, thut mit dem-
ſelben was ihr wollet, und ſchlachtet ihn, er wird nit ſchreyen.
Alſo ſollt auch ihr gegen eure Maͤnner ſeyn, geduldig wie ein Fiſch,
wann gleich die Maͤnner bißweilen wunderlich find. Wollet ihr
aber ja etwas reden, ſo recommandire ich euch wieder einen Fiſch
zum Beyſpiel, und zwar jenen, aus deſſen Maul Silber hervor
kommen. Als nemlich unſer Heyland einſtmals in Judea herum
wandelte, ſo ſchnautzten ihn die Roͤmiſchen Mauthner halter ſehr
hart an, und ſprachen: Wie haͤlts? den gebuͤhrenden Zoll-Groſchen
her. Da wandte ſich der HErr zu Petro und ſprach: Mein Peter!
Die Mauthner ſeynd ſchlimme Leute mit denen man ſich nichts
zu ſchaffen machen muß. Mein, gehe geſchwind hin an das Meer.
Da wirſt du einen Fiſch ſehen, den fange, mache ihm das Maul

auf,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0202" n="158"/> <hi rendition="#fr">er&#x017F;ten Phili&#x017F;ter-Weib betrogen worden, &#x017F;ich zum andernmal von<lb/>
der <hi rendition="#aq">Delila</hi> &#x017F;einem zweyten Phili&#x017F;ter-Weib &#x017F;o treuhertzig machen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, daß er ihr &#x017F;eine Sta&#x0364;rcke offenbaret, mithin &#x017F;ich in ein &#x017F;olch<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;es Unglu&#x0364;ck ge&#x017F;tu&#x0364;rtzet hat, i&#x017F;t er noch heutiges Tages eines rech-<lb/>
ten derben Ku&#x0364;chen Schillings werth.</hi> </p><lb/>
        <p>Dem beru&#x0364;hmten Mo&#x0364;nch des Barfu&#x0364;ßer- <hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tiner-</hi>Ordens, <hi rendition="#aq">Pat. Abra-<lb/>
ham</hi> von <hi rendition="#aq">St. Clara,</hi> wa&#x0364;re vielleicht nach einiger Meynung ebenfalls ein Platz<lb/>
allhier in dem Gelehrten Narren anzuwei&#x017F;en, zumalen er, in Wien &#x017F;elber, nur<lb/>
insgemein der <hi rendition="#aq">Pater</hi> Fabel-Hanns genannt worden. Allein ich vor meine<lb/>
Per&#x017F;on bekenne, daß obgleich &#x017F;eine Predigten und Schrifften, fa&#x017F;t durch die<lb/>
Banck, mit la&#x0364;cherlichen <hi rendition="#aq">Expre&#x017F;&#x017F;ionen</hi> und lu&#x017F;tigen Hi&#x017F;to&#x0364;rgen angefu&#x0364;llet; ich<lb/>
meines Orts dennoch allenthalben eine herrliche <hi rendition="#aq">Moral</hi> daraus hervor leuch-<lb/>
ten &#x017F;ehe. Mehr zur Lu&#x017F;t, als den <hi rendition="#aq">Pater Abraham</hi> von <hi rendition="#aq">St. Clara</hi> zu <hi rendition="#aq">blami</hi>ren,<lb/>
will ich inde&#x017F;&#x017F;en einige Dinge ku&#x0364;rtzlich erzehlen, wie &#x017F;ie in &#x017F;eine Predigten und<lb/>
Schrifften einigeflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Ein&#x017F;tmals &#x017F;agte er, unter andern, in einer Predigt: <hi rendition="#fr">Weiberl! Encks<lb/>
(euch) <hi rendition="#aq">recommandi</hi>re ich einen Fi&#x017F;ch zum Exempel und zur Richt-<lb/>
&#x017F;chnur eures Lebens. Denn ein Fi&#x017F;ch &#x017F;pricht nit ein Wo&#x0364;rtlein.<lb/>
Fa&#x017F;&#x017F;et ihn an beym Kopff, oder beym Schweiff, thut mit dem-<lb/>
&#x017F;elben was ihr wollet, und &#x017F;chlachtet ihn, er wird nit &#x017F;chreyen.<lb/>
Al&#x017F;o &#x017F;ollt auch ihr gegen eure Ma&#x0364;nner &#x017F;eyn, geduldig wie ein Fi&#x017F;ch,<lb/>
wann gleich die Ma&#x0364;nner bißweilen wunderlich find. Wollet ihr<lb/>
aber ja etwas reden, &#x017F;o <hi rendition="#aq">recommandi</hi>re ich euch wieder einen Fi&#x017F;ch<lb/>
zum Bey&#x017F;piel, und zwar jenen, aus de&#x017F;&#x017F;en Maul Silber hervor<lb/>
kommen. Als nemlich un&#x017F;er Heyland ein&#x017F;tmals in <hi rendition="#aq">Judea</hi> herum<lb/>
wandelte, &#x017F;o &#x017F;chnautzten ihn die Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Mauthner halter &#x017F;ehr<lb/>
hart an, und &#x017F;prachen: Wie ha&#x0364;lts? den gebu&#x0364;hrenden Zoll-Gro&#x017F;chen<lb/>
her. Da wandte &#x017F;ich der HErr zu Petro und &#x017F;prach: Mein Peter!<lb/>
Die Mauthner &#x017F;eynd &#x017F;chlimme Leute mit denen man &#x017F;ich nichts<lb/>
zu &#x017F;chaffen machen muß. Mein, gehe ge&#x017F;chwind hin an das Meer.<lb/>
Da wir&#x017F;t du einen Fi&#x017F;ch &#x017F;ehen, den fange, mache ihm das Maul</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">auf,</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0202] erſten Philiſter-Weib betrogen worden, ſich zum andernmal von der Delila ſeinem zweyten Philiſter-Weib ſo treuhertzig machen laſſen, daß er ihr ſeine Staͤrcke offenbaret, mithin ſich in ein ſolch groſſes Ungluͤck geſtuͤrtzet hat, iſt er noch heutiges Tages eines rech- ten derben Kuͤchen Schillings werth. Dem beruͤhmten Moͤnch des Barfuͤßer- Auguſtiner-Ordens, Pat. Abra- ham von St. Clara, waͤre vielleicht nach einiger Meynung ebenfalls ein Platz allhier in dem Gelehrten Narren anzuweiſen, zumalen er, in Wien ſelber, nur insgemein der Pater Fabel-Hanns genannt worden. Allein ich vor meine Perſon bekenne, daß obgleich ſeine Predigten und Schrifften, faſt durch die Banck, mit laͤcherlichen Expreſſionen und luſtigen Hiſtoͤrgen angefuͤllet; ich meines Orts dennoch allenthalben eine herrliche Moral daraus hervor leuch- ten ſehe. Mehr zur Luſt, als den Pater Abraham von St. Clara zu blamiren, will ich indeſſen einige Dinge kuͤrtzlich erzehlen, wie ſie in ſeine Predigten und Schrifften einigefloſſen ſind. Einſtmals ſagte er, unter andern, in einer Predigt: Weiberl! Encks (euch) recommandire ich einen Fiſch zum Exempel und zur Richt- ſchnur eures Lebens. Denn ein Fiſch ſpricht nit ein Woͤrtlein. Faſſet ihn an beym Kopff, oder beym Schweiff, thut mit dem- ſelben was ihr wollet, und ſchlachtet ihn, er wird nit ſchreyen. Alſo ſollt auch ihr gegen eure Maͤnner ſeyn, geduldig wie ein Fiſch, wann gleich die Maͤnner bißweilen wunderlich find. Wollet ihr aber ja etwas reden, ſo recommandire ich euch wieder einen Fiſch zum Beyſpiel, und zwar jenen, aus deſſen Maul Silber hervor kommen. Als nemlich unſer Heyland einſtmals in Judea herum wandelte, ſo ſchnautzten ihn die Roͤmiſchen Mauthner halter ſehr hart an, und ſprachen: Wie haͤlts? den gebuͤhrenden Zoll-Groſchen her. Da wandte ſich der HErr zu Petro und ſprach: Mein Peter! Die Mauthner ſeynd ſchlimme Leute mit denen man ſich nichts zu ſchaffen machen muß. Mein, gehe geſchwind hin an das Meer. Da wirſt du einen Fiſch ſehen, den fange, mache ihm das Maul auf,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/202
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/202>, abgerufen am 24.11.2024.