Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

auf, und nimm einen silbernen Groschen heraus, welcher darin-
nen liegt. Solchen silbernen Groschen bringe her, und bezahle
damit den Mauth vor mich und vor dich; welches alles also gesche-
hen und erfolget ist. Wann ihr demnach lieben Weiberl! ja etwas
reden wollet, so müsset ihr, eben wie dieser Fisch einen silbernen
Groschen, lauter guldene und silberne Worte aus eurem Mun-
de gehen lassen, und zu euren Männern sprechen: Mein gulde-
ner Hanns-Michel! Mein silberner Stoffel! Mein guldenes
Närrl! Wie bist dann heut so wunderlich. Ey mein! Sey doch
gscheut! Ich will ja alles gerne thun, was du nur von mir ver-
langest. Ich wette, Weiberl! mit encks, daß wann eine jedwede
meiner Lehre folgte, sie manche Maultaschen, und manche Faun-
tzens auf die Goschen nit bekommen würde.

Ein andermahl ist der Pater Abraham von St. Clara auf die Cantzel getre-
ten, und hat, bald im Anfang seiner Predigt, sich also heraus gelassen:
Heute muß ich euch, ihr meine lieben Zuhörer! ein Rätzel auf-
zurathen geben, darum mercket alle wohl drauf. Das Rätzel
ist: Wer den Teuffel lieb hat! der kommet nit zum Teuf-
fel. Wer ihn aber nit lieb hat, der kommt zum Teuffel.
Nun rathe wer da rathen kan. Allein ich sehe schon, daß es Nie-
mand errathen wird, sondern ich muß euch selber den Slüssel dar-
zu geben. Höret zu! wann man einen armen Mann siehet, wel-
cher hungerig und durstig ist, auch zerlumpt, ja wohl gar na-
ckend und bloß herum gehet, so pfleget man gemeiniglich zu sa-
gen: O der arme Teuffel! Wer nun einen solchen armen Teuffel
lieb hat, ihn speiset, träncket und kleidet der kommt nit zum Teuf-
fel. Wer ihn aber nit lieb hat, und nit barmhertzig gegen ihn
ist, der kommt zum Teuffel, und fähret zu ihm in die Hölle.

Ingleichen hat man den Pater Abraham von St Clara einstmahls auf der
Cantzel sagen hören: Wer nit will in den Himmel, den holt der Teuf-

fel

auf, und nimm einen ſilbernen Groſchen heraus, welcher darin-
nen liegt. Solchen ſilbernen Groſchen bringe her, und bezahle
damit den Mauth vor mich und vor dich; welches alles alſo geſche-
hen und erfolget iſt. Wann ihr demnach lieben Weiberl! ja etwas
reden wollet, ſo muͤſſet ihr, eben wie dieſer Fiſch einen ſilbernen
Groſchen, lauter guldene und ſilberne Worte aus eurem Mun-
de gehen laſſen, und zu euren Maͤnnern ſprechen: Mein gulde-
ner Hanns-Michel! Mein ſilberner Stoffel! Mein guldenes
Naͤrrl! Wie biſt dann heut ſo wunderlich. Ey mein! Sey doch
gſcheut! Ich will ja alles gerne thun, was du nur von mir ver-
langeſt. Ich wette, Weiberl! mit encks, daß wann eine jedwede
meiner Lehre folgte, ſie manche Maultaſchen, und manche Faun-
tzens auf die Goſchen nit bekommen wuͤrde.

Ein andermahl iſt der Pater Abraham von St. Clara auf die Cantzel getre-
ten, und hat, bald im Anfang ſeiner Predigt, ſich alſo heraus gelaſſen:
Heute muß ich euch, ihr meine lieben Zuhoͤrer! ein Raͤtzel auf-
zurathen geben, darum mercket alle wohl drauf. Das Raͤtzel
iſt: Wer den Teuffel lieb hat! der kommet nit zum Teuf-
fel. Wer ihn aber nit lieb hat, der kommt zum Teuffel.
Nun rathe wer da rathen kan. Allein ich ſehe ſchon, daß es Nie-
mand errathen wird, ſondern ich muß euch ſelber den Sluͤſſel dar-
zu geben. Hoͤret zu! wann man einen armen Mann ſiehet, wel-
cher hungerig und durſtig iſt, auch zerlumpt, ja wohl gar na-
ckend und bloß herum gehet, ſo pfleget man gemeiniglich zu ſa-
gen: O der arme Teuffel! Wer nun einen ſolchen armen Teuffel
lieb hat, ihn ſpeiſet, traͤncket und kleidet der kommt nit zum Teuf-
fel. Wer ihn aber nit lieb hat, und nit barmhertzig gegen ihn
iſt, der kommt zum Teuffel, und faͤhret zu ihm in die Hoͤlle.

Ingleichen hat man den Pater Abraham von St Clara einſtmahls auf der
Cantzel ſagen hoͤren: Wer nit will in den Himmel, den holt der Teuf-

fel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0203" n="159"/> <hi rendition="#fr">auf, und nimm einen &#x017F;ilbernen Gro&#x017F;chen heraus, welcher darin-<lb/>
nen liegt. Solchen &#x017F;ilbernen Gro&#x017F;chen bringe her, und bezahle<lb/>
damit den Mauth vor mich und vor dich; welches alles al&#x017F;o ge&#x017F;che-<lb/>
hen und erfolget i&#x017F;t. Wann ihr demnach lieben Weiberl! ja etwas<lb/>
reden wollet, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et ihr, eben wie die&#x017F;er Fi&#x017F;ch einen &#x017F;ilbernen<lb/>
Gro&#x017F;chen, lauter guldene und &#x017F;ilberne Worte aus eurem Mun-<lb/>
de gehen la&#x017F;&#x017F;en, und zu euren Ma&#x0364;nnern &#x017F;prechen: Mein gulde-<lb/>
ner Hanns-Michel! Mein &#x017F;ilberner Stoffel! Mein guldenes<lb/>
Na&#x0364;rrl! Wie bi&#x017F;t dann heut &#x017F;o wunderlich. Ey mein! Sey doch<lb/>
g&#x017F;cheut! Ich will ja alles gerne thun, was du nur von mir ver-<lb/>
lange&#x017F;t. Ich wette, Weiberl! mit encks, daß wann eine jedwede<lb/>
meiner Lehre folgte, &#x017F;ie manche Maulta&#x017F;chen, und manche Faun-<lb/>
tzens auf die Go&#x017F;chen nit bekommen wu&#x0364;rde.</hi> </p><lb/>
        <p>Ein andermahl i&#x017F;t der <hi rendition="#aq">Pater Abraham</hi> von <hi rendition="#aq">St. Clara</hi> auf die Cantzel getre-<lb/>
ten, und hat, bald im Anfang &#x017F;einer Predigt, &#x017F;ich al&#x017F;o heraus gela&#x017F;&#x017F;en:<lb/><hi rendition="#fr">Heute muß ich euch, ihr meine lieben Zuho&#x0364;rer! ein Ra&#x0364;tzel auf-<lb/>
zurathen geben, darum mercket alle wohl drauf. Das Ra&#x0364;tzel<lb/>
i&#x017F;t: Wer den Teuffel lieb hat! der kommet nit zum Teuf-<lb/>
fel. Wer ihn aber nit lieb hat, der kommt zum Teuffel.<lb/>
Nun rathe wer da rathen kan. Allein ich &#x017F;ehe &#x017F;chon, daß es Nie-<lb/>
mand errathen wird, &#x017F;ondern ich muß euch &#x017F;elber den Slu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el dar-<lb/>
zu geben. Ho&#x0364;ret zu! wann man einen armen Mann &#x017F;iehet, wel-<lb/>
cher hungerig und dur&#x017F;tig i&#x017F;t, auch zerlumpt, ja wohl gar na-<lb/>
ckend und bloß herum gehet, &#x017F;o pfleget man gemeiniglich zu &#x017F;a-<lb/>
gen: O der arme Teuffel! Wer nun einen &#x017F;olchen armen Teuffel<lb/>
lieb hat, ihn &#x017F;pei&#x017F;et, tra&#x0364;ncket und kleidet der kommt nit zum Teuf-<lb/>
fel. Wer ihn aber nit lieb hat, und nit barmhertzig gegen ihn<lb/>
i&#x017F;t, der kommt zum Teuffel, und fa&#x0364;hret zu ihm in die Ho&#x0364;lle.</hi></p><lb/>
        <p>Ingleichen hat man den <hi rendition="#aq">Pater Abraham</hi> von <hi rendition="#aq">St Clara</hi> ein&#x017F;tmahls auf der<lb/>
Cantzel &#x017F;agen ho&#x0364;ren: <hi rendition="#fr">Wer nit will in den Himmel, den holt der Teuf-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">fel</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0203] auf, und nimm einen ſilbernen Groſchen heraus, welcher darin- nen liegt. Solchen ſilbernen Groſchen bringe her, und bezahle damit den Mauth vor mich und vor dich; welches alles alſo geſche- hen und erfolget iſt. Wann ihr demnach lieben Weiberl! ja etwas reden wollet, ſo muͤſſet ihr, eben wie dieſer Fiſch einen ſilbernen Groſchen, lauter guldene und ſilberne Worte aus eurem Mun- de gehen laſſen, und zu euren Maͤnnern ſprechen: Mein gulde- ner Hanns-Michel! Mein ſilberner Stoffel! Mein guldenes Naͤrrl! Wie biſt dann heut ſo wunderlich. Ey mein! Sey doch gſcheut! Ich will ja alles gerne thun, was du nur von mir ver- langeſt. Ich wette, Weiberl! mit encks, daß wann eine jedwede meiner Lehre folgte, ſie manche Maultaſchen, und manche Faun- tzens auf die Goſchen nit bekommen wuͤrde. Ein andermahl iſt der Pater Abraham von St. Clara auf die Cantzel getre- ten, und hat, bald im Anfang ſeiner Predigt, ſich alſo heraus gelaſſen: Heute muß ich euch, ihr meine lieben Zuhoͤrer! ein Raͤtzel auf- zurathen geben, darum mercket alle wohl drauf. Das Raͤtzel iſt: Wer den Teuffel lieb hat! der kommet nit zum Teuf- fel. Wer ihn aber nit lieb hat, der kommt zum Teuffel. Nun rathe wer da rathen kan. Allein ich ſehe ſchon, daß es Nie- mand errathen wird, ſondern ich muß euch ſelber den Sluͤſſel dar- zu geben. Hoͤret zu! wann man einen armen Mann ſiehet, wel- cher hungerig und durſtig iſt, auch zerlumpt, ja wohl gar na- ckend und bloß herum gehet, ſo pfleget man gemeiniglich zu ſa- gen: O der arme Teuffel! Wer nun einen ſolchen armen Teuffel lieb hat, ihn ſpeiſet, traͤncket und kleidet der kommt nit zum Teuf- fel. Wer ihn aber nit lieb hat, und nit barmhertzig gegen ihn iſt, der kommt zum Teuffel, und faͤhret zu ihm in die Hoͤlle. Ingleichen hat man den Pater Abraham von St Clara einſtmahls auf der Cantzel ſagen hoͤren: Wer nit will in den Himmel, den holt der Teuf- fel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/203
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/203>, abgerufen am 24.11.2024.