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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Pöbel mit heller Stimme zu bereden trachten, daß die Panaceen wider alle
Kranckheit gut thun, und ein undenckliches Alter in stets-währender
Jugend zuwege bringen.
Hieher gehöret der Engeländer, Doct. Jo-
hann Ker.
Dieser hat seine Anmerckungen über die Lateinische Sprache
der Königin Anna in Engeland dedicirt, und unter andern versichert, wie es
ein grosses Theil von der Glückseeligkeit Ihrer Majestät seye, daß dieses
Buch eben unter Ihrer Regierung zum Vorschein gekommen wäre. Johann
Jovianus
Pontanus hat sich selber eine Grabschrifft verfertiget, die nach der
Teutschen Ubersetzung in ungebundener Rede also lautet:

Diese Wohnung habe ich mir bey meinem Leben zubereitet, damit
ich nach meinem Ableben darinnen ruhen möge. Erweiset doch ja
mir, nach meinem Tode, kein Leid, der ich bey meinem Leben Nieman-
den beleidiget habe. Ich bin ja derselbige
Jovianus Pontanus, den die
Musen geliebet, ehrliche Leuthe werth, und Könige und Herren in Eh-
ren gehalten. Nunmehro weist du wer ich bin, oder vielmehr, wer
ich gewesen, Ich aber kan dich, Wandersmann! im Dunckeln nicht er-
kennen, sondern bitte dich, daß du dich selbst erkennen lernest. Le-
be wohl!

Wiewohl diese Grabschrifft führet auch etwas Gutes und Löbliches in sich,
wann sie gleich nicht von der Ruhmräthigkeit befreyet ist. Weit närrischer
aber lautet, was der gelehrte Frantzos Carl Molin von sich saget, nemlich: Ich,
der keinem andern weiche, und sonst von Niemanden weiter et was ler-
nen kan.

Balsac erzehlet aus des Photius Bibliothec von einem Griechen, der
Alexanders des Grossen Leben beschrieben, und sich gerühmet, das er jenes
durch das Schwert erworbenen Ruhm, gleichfalls durch seine Feder
verdienen, und dasjenige auf dem Papier werden wolle, was
Alexander
auf dem Erdboden gewesen seye. Balzac belachet auch eines andern Grie-
chen Thorheit, welcher als er neun Brieffe und drey Reden geschrieben, jene
mit derer Musen, diese mit derer Gratien Namen beleget hat, nicht anders,
als ob er ein Vater so vieler vortrefflichen Göttinen wäre. Unter denen Jüdi-
schen Rabbinen sind dergleichen Prahler ebenfalls sehr häuffig zu finden; Wie
dann der Rabbi Jochanan Ben Saccai an einem Orte seiner Schrifften also von

sich
C c

Poͤbel mit heller Stimme zu bereden trachten, daß die Panacéen wider alle
Kranckheit gut thun, und ein undenckliches Alter in ſtets-waͤhrender
Jugend zuwege bringen.
Hieher gehoͤret der Engelaͤnder, Doct. Jo-
hann Ker.
Dieſer hat ſeine Anmerckungen uͤber die Lateiniſche Sprache
der Koͤnigin Anna in Engeland dedicirt, und unter andern verſichert, wie es
ein groſſes Theil von der Gluͤckſeeligkeit Ihrer Majeſtaͤt ſeye, daß dieſes
Buch eben unter Ihrer Regierung zum Vorſchein gekommen waͤre. Johann
Jovianus
Pontanus hat ſich ſelber eine Grabſchrifft verfertiget, die nach der
Teutſchen Uberſetzung in ungebundener Rede alſo lautet:

Dieſe Wohnung habe ich mir bey meinem Leben zubereitet, damit
ich nach meinem Ableben darinnen ruhen moͤge. Erweiſet doch ja
mir, nach meinem Tode, kein Leid, der ich bey meinem Leben Nieman-
den beleidiget habe. Ich bin ja derſelbige
Jovianus Pontanus, den die
Muſen geliebet, ehrliche Leuthe werth, und Koͤnige und Herren in Eh-
ren gehalten. Nunmehro weiſt du wer ich bin, oder vielmehr, wer
ich geweſen, Ich aber kan dich, Wandersmann! im Dunckeln nicht er-
kennen, ſondern bitte dich, daß du dich ſelbſt erkennen lerneſt. Le-
be wohl!

Wiewohl dieſe Grabſchrifft fuͤhret auch etwas Gutes und Loͤbliches in ſich,
wann ſie gleich nicht von der Ruhmraͤthigkeit befreyet iſt. Weit naͤrriſcher
aber lautet, was der gelehrte Frantzos Carl Molin von ſich ſaget, nemlich: Ich,
der keinem andern weiche, und ſonſt von Niemanden weiter et was ler-
nen kan.

Balſac erzehlet aus des Photius Bibliothec von einem Griechen, der
Alexanders des Groſſen Leben beſchrieben, und ſich geruͤhmet, das er jenes
durch das Schwert erworbenen Ruhm, gleichfalls durch ſeine Feder
verdienen, und dasjenige auf dem Papier werden wolle, was
Alexander
auf dem Erdboden geweſen ſeye. Balzac belachet auch eines andern Grie-
chen Thorheit, welcher als er neun Brieffe und drey Reden geſchrieben, jene
mit derer Muſen, dieſe mit derer Gratien Namen beleget hat, nicht anders,
als ob er ein Vater ſo vieler vortrefflichen Goͤttinen waͤre. Unter denen Juͤdi-
ſchen Rabbinen ſind dergleichen Prahler ebenfalls ſehr haͤuffig zu finden; Wie
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[201/0245] Poͤbel mit heller Stimme zu bereden trachten, daß die Panacéen wider alle Kranckheit gut thun, und ein undenckliches Alter in ſtets-waͤhrender Jugend zuwege bringen. Hieher gehoͤret der Engelaͤnder, Doct. Jo- hann Ker. Dieſer hat ſeine Anmerckungen uͤber die Lateiniſche Sprache der Koͤnigin Anna in Engeland dedicirt, und unter andern verſichert, wie es ein groſſes Theil von der Gluͤckſeeligkeit Ihrer Majeſtaͤt ſeye, daß dieſes Buch eben unter Ihrer Regierung zum Vorſchein gekommen waͤre. Johann Jovianus Pontanus hat ſich ſelber eine Grabſchrifft verfertiget, die nach der Teutſchen Uberſetzung in ungebundener Rede alſo lautet: Dieſe Wohnung habe ich mir bey meinem Leben zubereitet, damit ich nach meinem Ableben darinnen ruhen moͤge. Erweiſet doch ja mir, nach meinem Tode, kein Leid, der ich bey meinem Leben Nieman- den beleidiget habe. Ich bin ja derſelbige Jovianus Pontanus, den die Muſen geliebet, ehrliche Leuthe werth, und Koͤnige und Herren in Eh- ren gehalten. Nunmehro weiſt du wer ich bin, oder vielmehr, wer ich geweſen, Ich aber kan dich, Wandersmann! im Dunckeln nicht er- kennen, ſondern bitte dich, daß du dich ſelbſt erkennen lerneſt. Le- be wohl! Wiewohl dieſe Grabſchrifft fuͤhret auch etwas Gutes und Loͤbliches in ſich, wann ſie gleich nicht von der Ruhmraͤthigkeit befreyet iſt. Weit naͤrriſcher aber lautet, was der gelehrte Frantzos Carl Molin von ſich ſaget, nemlich: Ich, der keinem andern weiche, und ſonſt von Niemanden weiter et was ler- nen kan. Balſac erzehlet aus des Photius Bibliothec von einem Griechen, der Alexanders des Groſſen Leben beſchrieben, und ſich geruͤhmet, das er jenes durch das Schwert erworbenen Ruhm, gleichfalls durch ſeine Feder verdienen, und dasjenige auf dem Papier werden wolle, was Alexander auf dem Erdboden geweſen ſeye. Balzac belachet auch eines andern Grie- chen Thorheit, welcher als er neun Brieffe und drey Reden geſchrieben, jene mit derer Muſen, dieſe mit derer Gratien Namen beleget hat, nicht anders, als ob er ein Vater ſo vieler vortrefflichen Goͤttinen waͤre. Unter denen Juͤdi- ſchen Rabbinen ſind dergleichen Prahler ebenfalls ſehr haͤuffig zu finden; Wie dann der Rabbi Jochanan Ben Saccai an einem Orte ſeiner Schrifften alſo von ſich C c

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/245>, abgerufen am 24.11.2024.