Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
oder über gute Academische Gewohnheiten zu moquiren,
und mein Gespötte damit zu treiben. Man thue mir hier-
innen ja nicht unrecht. Denn ich versichere auf mein Ge-
wissen, daß mir nie ein dahin zielender Gedancke in den Sinn
gekommen, und ich habe in solcher Intention die Feder gar
nicht angesetzet.

Au contraire, der Werth wahrer und vernünftigen Ge-
lehrten ist mir nicht unbekannt, und ich verehre einen jedwe-
den, nach seiner Ordnung und der Classe, worzu er gehöret,
gebührender massen.

Ich weiß, wie hoch ein Theologus zu halten, der eine
gründliche Theologische Gelehrsamkeit, und eine Apostoli-
sche Gabe zu predigen, zu lehren und zu unterrichten besitzet,
sein Amt wohl besorget, dessen eigenes Leben und Wandel
auch mit seiner Lehre fein richtig harmoniret und überein-
stimmet. Ach ein solcher Mann ist werth, daß man ihn ze-
henfältig ehre und liebe.

Einem Juristen, der das seinige recht gelernet, und recht
verstehet, gebühret ebenfalls alles Lob, wann er keine andern
als solche Sachen zu defendiren auf sich nimmet, so die Ge-
rechtigkeit wircklich zur Seite haben, oder die er doch zum
wenigsten, seiner Meynung nach, vor gerecht hält, solte er
sich auch irren; hernach aber seiner Parthey mit aller Treue
und Aufrichtigkeit dienet.

Und wer wolte einen Medicum nicht aestimiren und hoch
halten, da wir in der Schrifft selber lesen, daß man den Artzt
ehren solle. Es muß aber der Medicus seine Profession ex

fun-

Vorrede.
oder uͤber gute Academiſche Gewohnheiten zu moquiren,
und mein Geſpoͤtte damit zu treiben. Man thue mir hier-
innen ja nicht unrecht. Denn ich verſichere auf mein Ge-
wiſſen, daß mir nie ein dahin zielender Gedancke in den Sinn
gekommen, und ich habe in ſolcher Intention die Feder gar
nicht angeſetzet.

Au contraire, der Werth wahrer und vernuͤnftigen Ge-
lehrten iſt mir nicht unbekannt, und ich verehre einen jedwe-
den, nach ſeiner Ordnung und der Claſſe, worzu er gehoͤret,
gebuͤhrender maſſen.

Ich weiß, wie hoch ein Theologus zu halten, der eine
gruͤndliche Theologiſche Gelehrſamkeit, und eine Apoſtoli-
ſche Gabe zu predigen, zu lehren und zu unterrichten beſitzet,
ſein Amt wohl beſorget, deſſen eigenes Leben und Wandel
auch mit ſeiner Lehre fein richtig harmoniret und uͤberein-
ſtimmet. Ach ein ſolcher Mann iſt werth, daß man ihn ze-
henfaͤltig ehre und liebe.

Einem Juriſten, der das ſeinige recht gelernet, und recht
verſtehet, gebuͤhret ebenfalls alles Lob, wann er keine andern
als ſolche Sachen zu defendiren auf ſich nimmet, ſo die Ge-
rechtigkeit wircklich zur Seite haben, oder die er doch zum
wenigſten, ſeiner Meynung nach, vor gerecht haͤlt, ſolte er
ſich auch irren; hernach aber ſeiner Parthey mit aller Treue
und Aufrichtigkeit dienet.

Und wer wolte einen Medicum nicht æſtimiren und hoch
halten, da wir in der Schrifft ſelber leſen, daß man den Artzt
ehren ſolle. Es muß aber der Medicus ſeine Profeſſion ex

fun-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028"/><fw place="top" type="header">Vorrede.</fw><lb/>
oder u&#x0364;ber gute <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;che Gewohnheiten zu <hi rendition="#aq">moquir</hi>en,<lb/>
und mein Ge&#x017F;po&#x0364;tte damit zu treiben. Man thue mir hier-<lb/>
innen ja nicht unrecht. Denn ich ver&#x017F;ichere auf mein Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, daß mir nie ein dahin zielender Gedancke in den Sinn<lb/>
gekommen, und ich habe in &#x017F;olcher <hi rendition="#aq">Intention</hi> die Feder gar<lb/>
nicht ange&#x017F;etzet.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Au contrair</hi>e, der Werth wahrer und vernu&#x0364;nftigen Ge-<lb/>
lehrten i&#x017F;t mir nicht unbekannt, und ich verehre einen jedwe-<lb/>
den, nach &#x017F;einer Ordnung und der <hi rendition="#aq">Cla&#x017F;&#x017F;e,</hi> worzu er geho&#x0364;ret,<lb/>
gebu&#x0364;hrender ma&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Ich weiß, wie hoch ein <hi rendition="#aq">Theologus</hi> zu halten, der eine<lb/>
gru&#x0364;ndliche <hi rendition="#aq">Theologi</hi>&#x017F;che Gelehr&#x017F;amkeit, und eine Apo&#x017F;toli-<lb/>
&#x017F;che Gabe zu predigen, zu lehren und zu unterrichten be&#x017F;itzet,<lb/>
&#x017F;ein Amt wohl be&#x017F;orget, de&#x017F;&#x017F;en eigenes Leben und Wandel<lb/>
auch mit &#x017F;einer Lehre fein richtig <hi rendition="#aq">harmonir</hi>et und u&#x0364;berein-<lb/>
&#x017F;timmet. Ach ein &#x017F;olcher Mann i&#x017F;t werth, daß man ihn ze-<lb/>
henfa&#x0364;ltig ehre und liebe.</p><lb/>
        <p>Einem <hi rendition="#aq">Juri&#x017F;t</hi>en, der das &#x017F;einige recht gelernet, und recht<lb/>
ver&#x017F;tehet, gebu&#x0364;hret ebenfalls alles Lob, wann er keine andern<lb/>
als &#x017F;olche Sachen zu <hi rendition="#aq">defendir</hi>en auf &#x017F;ich nimmet, &#x017F;o die Ge-<lb/>
rechtigkeit wircklich zur Seite haben, oder die er doch zum<lb/>
wenig&#x017F;ten, &#x017F;einer Meynung nach, vor gerecht ha&#x0364;lt, &#x017F;olte er<lb/>
&#x017F;ich auch irren; hernach aber &#x017F;einer Parthey mit aller Treue<lb/>
und Aufrichtigkeit dienet.</p><lb/>
        <p>Und wer wolte einen <hi rendition="#aq">Medicum</hi> nicht <hi rendition="#aq">æ&#x017F;timir</hi>en und hoch<lb/>
halten, da wir in der Schrifft &#x017F;elber le&#x017F;en, daß man den Artzt<lb/>
ehren &#x017F;olle. Es muß aber der <hi rendition="#aq">Medicus</hi> &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion ex</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">fun-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0028] Vorrede. oder uͤber gute Academiſche Gewohnheiten zu moquiren, und mein Geſpoͤtte damit zu treiben. Man thue mir hier- innen ja nicht unrecht. Denn ich verſichere auf mein Ge- wiſſen, daß mir nie ein dahin zielender Gedancke in den Sinn gekommen, und ich habe in ſolcher Intention die Feder gar nicht angeſetzet. Au contraire, der Werth wahrer und vernuͤnftigen Ge- lehrten iſt mir nicht unbekannt, und ich verehre einen jedwe- den, nach ſeiner Ordnung und der Claſſe, worzu er gehoͤret, gebuͤhrender maſſen. Ich weiß, wie hoch ein Theologus zu halten, der eine gruͤndliche Theologiſche Gelehrſamkeit, und eine Apoſtoli- ſche Gabe zu predigen, zu lehren und zu unterrichten beſitzet, ſein Amt wohl beſorget, deſſen eigenes Leben und Wandel auch mit ſeiner Lehre fein richtig harmoniret und uͤberein- ſtimmet. Ach ein ſolcher Mann iſt werth, daß man ihn ze- henfaͤltig ehre und liebe. Einem Juriſten, der das ſeinige recht gelernet, und recht verſtehet, gebuͤhret ebenfalls alles Lob, wann er keine andern als ſolche Sachen zu defendiren auf ſich nimmet, ſo die Ge- rechtigkeit wircklich zur Seite haben, oder die er doch zum wenigſten, ſeiner Meynung nach, vor gerecht haͤlt, ſolte er ſich auch irren; hernach aber ſeiner Parthey mit aller Treue und Aufrichtigkeit dienet. Und wer wolte einen Medicum nicht æſtimiren und hoch halten, da wir in der Schrifft ſelber leſen, daß man den Artzt ehren ſolle. Es muß aber der Medicus ſeine Profeſſion ex fun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/28
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/28>, abgerufen am 23.11.2024.