Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Gemeinde zu besorgen haben. Dieselbe Kirche nun, wo der Herr Pastor woh- Wiewohl der Magister-Titel hat diesen Pfarrer nicht etwa nur allein (sein es A 3
Gemeinde zu beſorgen haben. Dieſelbe Kirche nun, wo der Herr Paſtor woh- Wiewohl der Magiſter-Titel hat dieſen Pfarrer nicht etwa nur allein (ſein es A 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="5"/> Gemeinde zu beſorgen haben. Dieſelbe Kirche nun, wo der Herr <hi rendition="#aq">Paſtor</hi> woh-<lb/> net, heiſſet <hi rendition="#aq">Mater.</hi> Die andere iſt <hi rendition="#aq">Filia,</hi> wird insgemein nur das <hi rendition="#aq">Filial</hi> genannt-<lb/> und die Herren <hi rendition="#aq">Paſtores</hi> ſind oͤffters <hi rendition="#aq">obligi</hi>rt, ſich dahin zu begeben, um den<lb/> Gottesdienſt, und was ſonſt ihres Amtes iſt, allda abzuwarten. Auf einem<lb/> gewiſſen, in einem Teutſchen Fuͤrſtenthum liegenden, Dorffe nun, ſtarb vor<lb/> ungefaͤhr eilff Jahren der alte Pfarrer, und ſeine Stelle ward mit einer Perſon<lb/> beſetzet, die ſich zehen Jahre auf <hi rendition="#aq">Univerſitæ</hi>ten aufgehalten, auch bereits den<lb/><hi rendition="#aq">Academi</hi>ſchen-Titel eines <hi rendition="#aq">Magiſtri</hi> angenommen hatte. Weil er nun, gleich-<lb/> wie ſein <hi rendition="#aq">Anteceſſor,</hi> ſich nicht <hi rendition="#aq">Diſpenſi</hi>ren koͤnnen, zu behoͤrigen Zeiten, auf<lb/> das <hi rendition="#aq">Filial</hi> zu gehen, und der Schulmeiſter, der zugleich Kuͤſter geweſen ihm,<lb/> wie er es bey dem verſtorbenen Pfarrer gemachet, den Mantel durch ſeinen<lb/> Sohn nachtragen laͤſſet, will der neue Herr Pfarrer keinesweges damit zu-<lb/> frieden ſeyn, ſondern <hi rendition="#aq">prætendi</hi>ret <hi rendition="#aq">abſolument,</hi> daß ihm der Schulmeiſter ſel-<lb/> ber nachtreten und den Prieſterlichen Mantel in eigener Perſon nachtragen ſol-<lb/> le. Deſſen weigert ſich der Schulmeiſter, und ſaget <hi rendition="#fr">es ſeye genug, wann er<lb/> dem Herrn Pfarrer den Mantel durch ſeinen Sohn, oder jemanden an-<lb/> ders, tragen lieſſe.</hi> Ihr Zanck gehet auch ſoweit, daß er vor das Hochfuͤrſtl.<lb/><hi rendition="#aq">Conſiſtorium</hi> kommet, und der Herr Pfarrer wird gefraget, <hi rendition="#fr">warum er ver-<lb/> lange, daß ſein Mantel durch den Schulmeiſter ſelber ſolle getragen<lb/> werden, da doch ſein Vorfahrer ſo lange Jahre zufrieden geweſen,<lb/> daß ihm der Schulmeiſter den Mantel tragen laſſen, es moͤchte geſche-<lb/> hen ſeyn, durch wen es wolle?</hi> Da kommet der neue Herr Pfarrer mit ſeiner<lb/> groſſen <hi rendition="#aq">Raiſon</hi> angeſtochen, und ſpricht: <hi rendition="#fr">Mein Vorfahrer war wohl Pfar-<lb/> rer; aber nicht</hi> <hi rendition="#aq">Magiſter.</hi> <hi rendition="#fr">Ich hingegen bin es, und habe noch darzu dieſen</hi><lb/><hi rendition="#aq">Gradum</hi> <hi rendition="#fr">auf der weltberuͤhmten</hi> <hi rendition="#aq">Univerſitæt</hi> <hi rendition="#fr">Wittenberg erlanget, wo<lb/> unſer ſeliger Vater</hi> <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> <hi rendition="#fr">gelebet, gelehret, geſtorben und begraben,<lb/> welche</hi> <hi rendition="#aq">Magiſtri,</hi> <hi rendition="#fr">ſonder Widerſprechen, Zweyfacher Ehren werth ſeynd.</hi><lb/> Allein das Hochfuͤrſtl. <hi rendition="#aq">Conſiftorium</hi> gab dem ſtoltzen <hi rendition="#aq">Paſtori</hi> einen derben Ver-<lb/> weiß, und legte ihm auf, zu frieden zuſeyn, wann ihm nur ſein Mantel getra-<lb/> gen wuͤrde, der Schulmeiſter moͤchte es in eigener Perſon verrichten, oder ver-<lb/> richten laſſen.</p><lb/> <p>Wiewohl der <hi rendition="#aq">Magiſter</hi>-Titel hat dieſen Pfarrer nicht etwa nur allein (ſein<lb/> Amt aus genommen) zu einem ſtoltzen Narren gemachet ſondern es ſind meh-<lb/> rere in der Welt, die, ehe ſie <hi rendition="#aq">Magiſter</hi> worden, ſehr leidliche und ertraͤgliche Leu-<lb/> te geweſen; von dem Tage an aber, da ſie <hi rendition="#aq">Magiſter</hi> geheiſſen, einen gantz un-<lb/> ertraͤglichen Stoltz und Hochmuth blicken laſſen, dergeſtalt, daß es ſcheinet<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0049]
Gemeinde zu beſorgen haben. Dieſelbe Kirche nun, wo der Herr Paſtor woh-
net, heiſſet Mater. Die andere iſt Filia, wird insgemein nur das Filial genannt-
und die Herren Paſtores ſind oͤffters obligirt, ſich dahin zu begeben, um den
Gottesdienſt, und was ſonſt ihres Amtes iſt, allda abzuwarten. Auf einem
gewiſſen, in einem Teutſchen Fuͤrſtenthum liegenden, Dorffe nun, ſtarb vor
ungefaͤhr eilff Jahren der alte Pfarrer, und ſeine Stelle ward mit einer Perſon
beſetzet, die ſich zehen Jahre auf Univerſitæten aufgehalten, auch bereits den
Academiſchen-Titel eines Magiſtri angenommen hatte. Weil er nun, gleich-
wie ſein Anteceſſor, ſich nicht Diſpenſiren koͤnnen, zu behoͤrigen Zeiten, auf
das Filial zu gehen, und der Schulmeiſter, der zugleich Kuͤſter geweſen ihm,
wie er es bey dem verſtorbenen Pfarrer gemachet, den Mantel durch ſeinen
Sohn nachtragen laͤſſet, will der neue Herr Pfarrer keinesweges damit zu-
frieden ſeyn, ſondern prætendiret abſolument, daß ihm der Schulmeiſter ſel-
ber nachtreten und den Prieſterlichen Mantel in eigener Perſon nachtragen ſol-
le. Deſſen weigert ſich der Schulmeiſter, und ſaget es ſeye genug, wann er
dem Herrn Pfarrer den Mantel durch ſeinen Sohn, oder jemanden an-
ders, tragen lieſſe. Ihr Zanck gehet auch ſoweit, daß er vor das Hochfuͤrſtl.
Conſiſtorium kommet, und der Herr Pfarrer wird gefraget, warum er ver-
lange, daß ſein Mantel durch den Schulmeiſter ſelber ſolle getragen
werden, da doch ſein Vorfahrer ſo lange Jahre zufrieden geweſen,
daß ihm der Schulmeiſter den Mantel tragen laſſen, es moͤchte geſche-
hen ſeyn, durch wen es wolle? Da kommet der neue Herr Pfarrer mit ſeiner
groſſen Raiſon angeſtochen, und ſpricht: Mein Vorfahrer war wohl Pfar-
rer; aber nicht Magiſter. Ich hingegen bin es, und habe noch darzu dieſen
Gradum auf der weltberuͤhmten Univerſitæt Wittenberg erlanget, wo
unſer ſeliger Vater Lutherus gelebet, gelehret, geſtorben und begraben,
welche Magiſtri, ſonder Widerſprechen, Zweyfacher Ehren werth ſeynd.
Allein das Hochfuͤrſtl. Conſiftorium gab dem ſtoltzen Paſtori einen derben Ver-
weiß, und legte ihm auf, zu frieden zuſeyn, wann ihm nur ſein Mantel getra-
gen wuͤrde, der Schulmeiſter moͤchte es in eigener Perſon verrichten, oder ver-
richten laſſen.
Wiewohl der Magiſter-Titel hat dieſen Pfarrer nicht etwa nur allein (ſein
Amt aus genommen) zu einem ſtoltzen Narren gemachet ſondern es ſind meh-
rere in der Welt, die, ehe ſie Magiſter worden, ſehr leidliche und ertraͤgliche Leu-
te geweſen; von dem Tage an aber, da ſie Magiſter geheiſſen, einen gantz un-
ertraͤglichen Stoltz und Hochmuth blicken laſſen, dergeſtalt, daß es ſcheinet
es
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