Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Nahmhaffter, Erbarer und züchtiger Jung-Geselle.

SO tumm und kauderwelsch fängt sich mein Schreiben an,
Verzeihe, wenn mir ja ein Titul ist entsprungen,
Fürwahr ich habe dir nichts zur Bravour gethan,
Ist ja etwas versehn so straffe meinen Jungen,
Der böse Bube hat gar vieles ausgelassen,
Daß dieser Brief in sich mit Rechte könte fassen.
doch a propos, Monsieur, warum schreibt Er kein Wort,
Daß Ihm das grosse M. ist zugeworffen worden?
Mein Halle ist ja nicht ein so entlegner Ort,
Der an dem Eiß-Meer liegt, zu weit hinein nach Norden
Er hätte mir davon wohl etwas können schreiben;
Nun laß ich in der That das Versemachen bleiben.
Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel seyn,
Ja, ja, wer ihn zu erst hat von sich lassen fliegen,
Der riß den Kefich selbst von freyen Stücken ein.
Drauf kam er unverletzt aus selbem raus gestiegen;
Gewiß, ich wolte mich vor allen Leuten schämen,
Kein eintzig Briefgen nicht, und doch den gradum nehmen.
Als ich Magister ward, da gieng es anders her;
Ich habe dazumahl ein Rieß Papier verschrieben,
Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer,
Und dadurch hatt' ich mir manch Carmen auf getrieben,
Das Porto riß mir zwar ein grosses Loch in Beutel,
Allein, was schadets wohl? es ist doch alles eitel.
Ach hätt' Er doch das Ding auch eben so gemacht!
Bey meinem Hosen-Knopff, ich wolte sicher wetten,
Es würd Ihm noch vielmehr von Versibus gebracht,
Die seinen Ehren-Crantz recht schön besungen hätten;
Da sitzt Matz Tasche nun in seinem blauen Hute,
Und thut ihm niemand nichts auffs grosse M zu gute.
Vor dieses mahl will ich Ihm diesen Streich verzeihn,
Wird Er ins künfftige den Doctor-Titel holen,
So soll und muß alsdenn an mich geschrieben seyn,
Sonst mahlet man Ihn an mit einer schwartzen Kohlen;
Durch-
Nahmhaffter, Erbarer und zuͤchtiger Jung-Geſelle.

SO tumm und kauderwelſch faͤngt ſich mein Schreiben an,
Verzeihe, wenn mir ja ein Titul iſt entſprungen,
Fuͤrwahr ich habe dir nichts zur Bravour gethan,
Iſt ja etwas verſehn ſo ſtraffe meinen Jungen,
Der boͤſe Bube hat gar vieles ausgelaſſen,
Daß dieſer Brief in ſich mit Rechte koͤnte faſſen.
doch a propos, Monſieur, warum ſchreibt Er kein Wort,
Daß Ihm das groſſe M. iſt zugeworffen worden?
Mein Halle iſt ja nicht ein ſo entlegner Ort,
Der an dem Eiß-Meer liegt, zu weit hinein nach Norden
Er haͤtte mir davon wohl etwas koͤnnen ſchreiben;
Nun laß ich in der That das Verſemachen bleiben.
Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel ſeyn,
Ja, ja, wer ihn zu erſt hat von ſich laſſen fliegen,
Der riß den Kefich ſelbſt von freyen Stuͤcken ein.
Drauf kam er unverletzt aus ſelbem raus geſtiegen;
Gewiß, ich wolte mich vor allen Leuten ſchaͤmen,
Kein eintzig Briefgen nicht, und doch den gradum nehmen.
Als ich Magiſter ward, da gieng es anders her;
Ich habe dazumahl ein Rieß Papier verſchrieben,
Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer,
Und dadurch hatt’ ich mir manch Carmen auf getrieben,
Das Porto riß mir zwar ein groſſes Loch in Beutel,
Allein, was ſchadets wohl? es iſt doch alles eitel.
Ach haͤtt’ Er doch das Ding auch eben ſo gemacht!
Bey meinem Hoſen-Knopff, ich wolte ſicher wetten,
Es wuͤrd Ihm noch vielmehr von Verſibus gebracht,
Die ſeinen Ehren-Crantz recht ſchoͤn beſungen haͤtten;
Da ſitzt Matz Taſche nun in ſeinem blauen Hute,
Und thut ihm niemand nichts auffs groſſe M zu gute.
Vor dieſes mahl will ich Ihm dieſen Streich verzeihn,
Wird Er ins kuͤnfftige den Doctor-Titel holen,
So ſoll und muß alsdenn an mich geſchrieben ſeyn,
Sonſt mahlet man Ihn an mit einer ſchwartzen Kohlen;
Durch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <pb facs="#f0052" n="8"/>
              <opener>
                <salute>Nahmhaffter, Erbarer und zu&#x0364;chtiger Jung-Ge&#x017F;elle.</salute>
              </opener><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">S</hi>O tumm und kauderwel&#x017F;ch fa&#x0364;ngt &#x017F;ich mein Schreiben an,</l><lb/>
                <l>Verzeihe, wenn mir ja ein Titul i&#x017F;t ent&#x017F;prungen,</l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;rwahr ich habe dir nichts zur <hi rendition="#aq">Bravour</hi> gethan,</l><lb/>
                <l>I&#x017F;t ja etwas ver&#x017F;ehn &#x017F;o &#x017F;traffe meinen Jungen,</l><lb/>
                <l>Der bo&#x0364;&#x017F;e Bube hat gar vieles ausgela&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Daß die&#x017F;er Brief in &#x017F;ich mit Rechte ko&#x0364;nte fa&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
                <l>doch <hi rendition="#aq">a propos, Mon&#x017F;ieur,</hi> warum &#x017F;chreibt Er kein Wort,</l><lb/>
                <l>Daß Ihm das gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">M.</hi> i&#x017F;t zugeworffen worden?</l><lb/>
                <l>Mein Halle i&#x017F;t ja nicht ein &#x017F;o entlegner Ort,</l><lb/>
                <l>Der an dem Eiß-Meer liegt, zu weit hinein nach Norden</l><lb/>
                <l>Er ha&#x0364;tte mir davon wohl etwas ko&#x0364;nnen &#x017F;chreiben;</l><lb/>
                <l>Nun laß ich in der That das Ver&#x017F;emachen bleiben.</l><lb/>
                <l>Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel &#x017F;eyn,</l><lb/>
                <l>Ja, ja, wer ihn zu er&#x017F;t hat von &#x017F;ich la&#x017F;&#x017F;en fliegen,</l><lb/>
                <l>Der riß den Kefich &#x017F;elb&#x017F;t von freyen Stu&#x0364;cken ein.</l><lb/>
                <l>Drauf kam er unverletzt aus &#x017F;elbem raus ge&#x017F;tiegen;</l><lb/>
                <l>Gewiß, ich wolte mich vor allen Leuten &#x017F;cha&#x0364;men,</l><lb/>
                <l>Kein eintzig Briefgen nicht, und doch den <hi rendition="#aq">gradum</hi> nehmen.</l><lb/>
                <l>Als ich <hi rendition="#aq">Magi&#x017F;ter</hi> ward, da gieng es anders her;</l><lb/>
                <l>Ich habe dazumahl ein Rieß Papier ver&#x017F;chrieben,</l><lb/>
                <l>Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer,</l><lb/>
                <l>Und dadurch hatt&#x2019; ich mir manch <hi rendition="#aq">Carmen</hi> auf getrieben,</l><lb/>
                <l>Das <hi rendition="#aq">Porto</hi> riß mir zwar ein gro&#x017F;&#x017F;es Loch in Beutel,</l><lb/>
                <l>Allein, was &#x017F;chadets wohl? es i&#x017F;t doch alles eitel.</l><lb/>
                <l>Ach ha&#x0364;tt&#x2019; Er doch das Ding auch eben &#x017F;o gemacht!</l><lb/>
                <l>Bey meinem Ho&#x017F;en-Knopff, ich wolte &#x017F;icher wetten,</l><lb/>
                <l>Es wu&#x0364;rd Ihm noch vielmehr von <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;ibus</hi> gebracht,</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;einen Ehren-Crantz recht &#x017F;cho&#x0364;n be&#x017F;ungen ha&#x0364;tten;</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;itzt Matz Ta&#x017F;che nun in &#x017F;einem blauen Hute,</l><lb/>
                <l>Und thut ihm niemand nichts auffs gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">M</hi> zu gute.</l><lb/>
                <l>Vor die&#x017F;es mahl will ich Ihm die&#x017F;en Streich verzeihn,</l><lb/>
                <l>Wird Er ins ku&#x0364;nfftige den <hi rendition="#aq">Doctor</hi>-Titel holen,</l><lb/>
                <l>So &#x017F;oll und muß alsdenn an mich ge&#x017F;chrieben &#x017F;eyn,</l><lb/>
                <l>Son&#x017F;t mahlet man Ihn an mit einer &#x017F;chwartzen Kohlen;</l><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Durch-</fw><lb/>
              </lg>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0052] Nahmhaffter, Erbarer und zuͤchtiger Jung-Geſelle. SO tumm und kauderwelſch faͤngt ſich mein Schreiben an, Verzeihe, wenn mir ja ein Titul iſt entſprungen, Fuͤrwahr ich habe dir nichts zur Bravour gethan, Iſt ja etwas verſehn ſo ſtraffe meinen Jungen, Der boͤſe Bube hat gar vieles ausgelaſſen, Daß dieſer Brief in ſich mit Rechte koͤnte faſſen. doch a propos, Monſieur, warum ſchreibt Er kein Wort, Daß Ihm das groſſe M. iſt zugeworffen worden? Mein Halle iſt ja nicht ein ſo entlegner Ort, Der an dem Eiß-Meer liegt, zu weit hinein nach Norden Er haͤtte mir davon wohl etwas koͤnnen ſchreiben; Nun laß ich in der That das Verſemachen bleiben. Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel ſeyn, Ja, ja, wer ihn zu erſt hat von ſich laſſen fliegen, Der riß den Kefich ſelbſt von freyen Stuͤcken ein. Drauf kam er unverletzt aus ſelbem raus geſtiegen; Gewiß, ich wolte mich vor allen Leuten ſchaͤmen, Kein eintzig Briefgen nicht, und doch den gradum nehmen. Als ich Magiſter ward, da gieng es anders her; Ich habe dazumahl ein Rieß Papier verſchrieben, Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer, Und dadurch hatt’ ich mir manch Carmen auf getrieben, Das Porto riß mir zwar ein groſſes Loch in Beutel, Allein, was ſchadets wohl? es iſt doch alles eitel. Ach haͤtt’ Er doch das Ding auch eben ſo gemacht! Bey meinem Hoſen-Knopff, ich wolte ſicher wetten, Es wuͤrd Ihm noch vielmehr von Verſibus gebracht, Die ſeinen Ehren-Crantz recht ſchoͤn beſungen haͤtten; Da ſitzt Matz Taſche nun in ſeinem blauen Hute, Und thut ihm niemand nichts auffs groſſe M zu gute. Vor dieſes mahl will ich Ihm dieſen Streich verzeihn, Wird Er ins kuͤnfftige den Doctor-Titel holen, So ſoll und muß alsdenn an mich geſchrieben ſeyn, Sonſt mahlet man Ihn an mit einer ſchwartzen Kohlen; Durch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/52
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/52>, abgerufen am 22.11.2024.