Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Nahmhaffter, Erbarer und züchtiger Jung-Geselle. SO tumm und kauderwelsch fängt sich mein Schreiben an, Verzeihe, wenn mir ja ein Titul ist entsprungen, Fürwahr ich habe dir nichts zur Bravour gethan, Ist ja etwas versehn so straffe meinen Jungen, Der böse Bube hat gar vieles ausgelassen, Daß dieser Brief in sich mit Rechte könte fassen. doch a propos, Monsieur, warum schreibt Er kein Wort, Daß Ihm das grosse M. ist zugeworffen worden? Mein Halle ist ja nicht ein so entlegner Ort, Der an dem Eiß-Meer liegt, zu weit hinein nach Norden Er hätte mir davon wohl etwas können schreiben; Nun laß ich in der That das Versemachen bleiben. Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel seyn, Ja, ja, wer ihn zu erst hat von sich lassen fliegen, Der riß den Kefich selbst von freyen Stücken ein. Drauf kam er unverletzt aus selbem raus gestiegen; Gewiß, ich wolte mich vor allen Leuten schämen, Kein eintzig Briefgen nicht, und doch den gradum nehmen. Als ich Magister ward, da gieng es anders her; Ich habe dazumahl ein Rieß Papier verschrieben, Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer, Und dadurch hatt' ich mir manch Carmen auf getrieben, Das Porto riß mir zwar ein grosses Loch in Beutel, Allein, was schadets wohl? es ist doch alles eitel. Ach hätt' Er doch das Ding auch eben so gemacht! Bey meinem Hosen-Knopff, ich wolte sicher wetten, Es würd Ihm noch vielmehr von Versibus gebracht, Die seinen Ehren-Crantz recht schön besungen hätten; Da sitzt Matz Tasche nun in seinem blauen Hute, Und thut ihm niemand nichts auffs grosse M zu gute. Vor dieses mahl will ich Ihm diesen Streich verzeihn, Wird Er ins künfftige den Doctor-Titel holen, So soll und muß alsdenn an mich geschrieben seyn, Sonst mahlet man Ihn an mit einer schwartzen Kohlen; Durch-
Nahmhaffter, Erbarer und zuͤchtiger Jung-Geſelle. SO tumm und kauderwelſch faͤngt ſich mein Schreiben an, Verzeihe, wenn mir ja ein Titul iſt entſprungen, Fuͤrwahr ich habe dir nichts zur Bravour gethan, Iſt ja etwas verſehn ſo ſtraffe meinen Jungen, Der boͤſe Bube hat gar vieles ausgelaſſen, Daß dieſer Brief in ſich mit Rechte koͤnte faſſen. doch a propos, Monſieur, warum ſchreibt Er kein Wort, Daß Ihm das groſſe M. iſt zugeworffen worden? Mein Halle iſt ja nicht ein ſo entlegner Ort, Der an dem Eiß-Meer liegt, zu weit hinein nach Norden Er haͤtte mir davon wohl etwas koͤnnen ſchreiben; Nun laß ich in der That das Verſemachen bleiben. Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel ſeyn, Ja, ja, wer ihn zu erſt hat von ſich laſſen fliegen, Der riß den Kefich ſelbſt von freyen Stuͤcken ein. Drauf kam er unverletzt aus ſelbem raus geſtiegen; Gewiß, ich wolte mich vor allen Leuten ſchaͤmen, Kein eintzig Briefgen nicht, und doch den gradum nehmen. Als ich Magiſter ward, da gieng es anders her; Ich habe dazumahl ein Rieß Papier verſchrieben, Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer, Und dadurch hatt’ ich mir manch Carmen auf getrieben, Das Porto riß mir zwar ein groſſes Loch in Beutel, Allein, was ſchadets wohl? es iſt doch alles eitel. Ach haͤtt’ Er doch das Ding auch eben ſo gemacht! Bey meinem Hoſen-Knopff, ich wolte ſicher wetten, Es wuͤrd Ihm noch vielmehr von Verſibus gebracht, Die ſeinen Ehren-Crantz recht ſchoͤn beſungen haͤtten; Da ſitzt Matz Taſche nun in ſeinem blauen Hute, Und thut ihm niemand nichts auffs groſſe M zu gute. Vor dieſes mahl will ich Ihm dieſen Streich verzeihn, Wird Er ins kuͤnfftige den Doctor-Titel holen, So ſoll und muß alsdenn an mich geſchrieben ſeyn, Sonſt mahlet man Ihn an mit einer ſchwartzen Kohlen; Durch-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div type="letter"> <pb facs="#f0052" n="8"/> <opener> <salute>Nahmhaffter, Erbarer und zuͤchtiger Jung-Geſelle.</salute> </opener><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">S</hi>O tumm und kauderwelſch faͤngt ſich mein Schreiben an,</l><lb/> <l>Verzeihe, wenn mir ja ein Titul iſt entſprungen,</l><lb/> <l>Fuͤrwahr ich habe dir nichts zur <hi rendition="#aq">Bravour</hi> gethan,</l><lb/> <l>Iſt ja etwas verſehn ſo ſtraffe meinen Jungen,</l><lb/> <l>Der boͤſe Bube hat gar vieles ausgelaſſen,</l><lb/> <l>Daß dieſer Brief in ſich mit Rechte koͤnte faſſen.</l><lb/> <l>doch <hi rendition="#aq">a propos, Monſieur,</hi> warum ſchreibt Er kein Wort,</l><lb/> <l>Daß Ihm das groſſe <hi rendition="#aq">M.</hi> iſt zugeworffen worden?</l><lb/> <l>Mein Halle iſt ja nicht ein ſo entlegner Ort,</l><lb/> <l>Der an dem Eiß-Meer liegt, zu weit hinein nach Norden</l><lb/> <l>Er haͤtte mir davon wohl etwas koͤnnen ſchreiben;</l><lb/> <l>Nun laß ich in der That das Verſemachen bleiben.</l><lb/> <l>Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel ſeyn,</l><lb/> <l>Ja, ja, wer ihn zu erſt hat von ſich laſſen fliegen,</l><lb/> <l>Der riß den Kefich ſelbſt von freyen Stuͤcken ein.</l><lb/> <l>Drauf kam er unverletzt aus ſelbem raus geſtiegen;</l><lb/> <l>Gewiß, ich wolte mich vor allen Leuten ſchaͤmen,</l><lb/> <l>Kein eintzig Briefgen nicht, und doch den <hi rendition="#aq">gradum</hi> nehmen.</l><lb/> <l>Als ich <hi rendition="#aq">Magiſter</hi> ward, da gieng es anders her;</l><lb/> <l>Ich habe dazumahl ein Rieß Papier verſchrieben,</l><lb/> <l>Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer,</l><lb/> <l>Und dadurch hatt’ ich mir manch <hi rendition="#aq">Carmen</hi> auf getrieben,</l><lb/> <l>Das <hi rendition="#aq">Porto</hi> riß mir zwar ein groſſes Loch in Beutel,</l><lb/> <l>Allein, was ſchadets wohl? es iſt doch alles eitel.</l><lb/> <l>Ach haͤtt’ Er doch das Ding auch eben ſo gemacht!</l><lb/> <l>Bey meinem Hoſen-Knopff, ich wolte ſicher wetten,</l><lb/> <l>Es wuͤrd Ihm noch vielmehr von <hi rendition="#aq">Verſibus</hi> gebracht,</l><lb/> <l>Die ſeinen Ehren-Crantz recht ſchoͤn beſungen haͤtten;</l><lb/> <l>Da ſitzt Matz Taſche nun in ſeinem blauen Hute,</l><lb/> <l>Und thut ihm niemand nichts auffs groſſe <hi rendition="#aq">M</hi> zu gute.</l><lb/> <l>Vor dieſes mahl will ich Ihm dieſen Streich verzeihn,</l><lb/> <l>Wird Er ins kuͤnfftige den <hi rendition="#aq">Doctor</hi>-Titel holen,</l><lb/> <l>So ſoll und muß alsdenn an mich geſchrieben ſeyn,</l><lb/> <l>Sonſt mahlet man Ihn an mit einer ſchwartzen Kohlen;</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Durch-</fw><lb/> </lg> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [8/0052]
Nahmhaffter, Erbarer und zuͤchtiger Jung-Geſelle.
SO tumm und kauderwelſch faͤngt ſich mein Schreiben an,
Verzeihe, wenn mir ja ein Titul iſt entſprungen,
Fuͤrwahr ich habe dir nichts zur Bravour gethan,
Iſt ja etwas verſehn ſo ſtraffe meinen Jungen,
Der boͤſe Bube hat gar vieles ausgelaſſen,
Daß dieſer Brief in ſich mit Rechte koͤnte faſſen.
doch a propos, Monſieur, warum ſchreibt Er kein Wort,
Daß Ihm das groſſe M. iſt zugeworffen worden?
Mein Halle iſt ja nicht ein ſo entlegner Ort,
Der an dem Eiß-Meer liegt, zu weit hinein nach Norden
Er haͤtte mir davon wohl etwas koͤnnen ſchreiben;
Nun laß ich in der That das Verſemachen bleiben.
Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel ſeyn,
Ja, ja, wer ihn zu erſt hat von ſich laſſen fliegen,
Der riß den Kefich ſelbſt von freyen Stuͤcken ein.
Drauf kam er unverletzt aus ſelbem raus geſtiegen;
Gewiß, ich wolte mich vor allen Leuten ſchaͤmen,
Kein eintzig Briefgen nicht, und doch den gradum nehmen.
Als ich Magiſter ward, da gieng es anders her;
Ich habe dazumahl ein Rieß Papier verſchrieben,
Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer,
Und dadurch hatt’ ich mir manch Carmen auf getrieben,
Das Porto riß mir zwar ein groſſes Loch in Beutel,
Allein, was ſchadets wohl? es iſt doch alles eitel.
Ach haͤtt’ Er doch das Ding auch eben ſo gemacht!
Bey meinem Hoſen-Knopff, ich wolte ſicher wetten,
Es wuͤrd Ihm noch vielmehr von Verſibus gebracht,
Die ſeinen Ehren-Crantz recht ſchoͤn beſungen haͤtten;
Da ſitzt Matz Taſche nun in ſeinem blauen Hute,
Und thut ihm niemand nichts auffs groſſe M zu gute.
Vor dieſes mahl will ich Ihm dieſen Streich verzeihn,
Wird Er ins kuͤnfftige den Doctor-Titel holen,
So ſoll und muß alsdenn an mich geſchrieben ſeyn,
Sonſt mahlet man Ihn an mit einer ſchwartzen Kohlen;
Durch-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |