Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Betrachte die Figur, nicht wahr, es fällt Dir ein, Daß sonst die gantze Welt sey länglich rund gewesen, Allein vor dieses mahl muß sie wohl spitzig seyn. Wer zweiffelt, der kan nur Magister-Verse lesen, Wenn Eyter und Scorbut nicht einen Krancken schwächen, Darff ein Chirurgus nicht mit der Lancetten stechen Du bist ein Medicus, und weißt schon, was man soll, Nechst dem, was ich gesagt, mit denen Eyern machen; Drum schließ ich meinen Brief, du aber lebe wohl! Und defendire mich, wenn andere drüber lachen. Es ist mir ohne dem gar vieles mißgerathen, Das, deucht mich, gar nicht taugt zu sieden und zu braten. Was soll gleich in der erst die dumme Uberschrifft, Und daß ich über dieß so viel von mir erzehle, Ich bin es werth, wenn mich nur Schimpff und Schande trifft, Denn meine Feder macht, daß ich mich selber qväle; Läßt Du den Lob-Gesang die andern Pursche lesen, So sehen sie daß ich ein Idiot gewesen. Allein, ich traue Dir dergleichen Ding nicht zu, Du wirst, was ich erzehlt, nicht allen Leuten sagen, Sonst zürne nicht mit mir, daß ich dergleichen thu Wenn man mich wird um Dich, und Deinen Zustand fragen. Ein Freund hält reinen Mund von seinem guten Freunde, Sonst wird der beste Freund zum allerschlimmsten Feinde. Vielleicht dencket schon mancher, der mit Lesung gegenwärtigen Tractats nig
Betrachte die Figur, nicht wahr, es faͤllt Dir ein, Daß ſonſt die gantze Welt ſey laͤnglich rund geweſen, Allein vor dieſes mahl muß ſie wohl ſpitzig ſeyn. Wer zweiffelt, der kan nur Magiſter-Verſe leſen, Wenn Eyter und Scorbut nicht einen Krancken ſchwaͤchen, Darff ein Chirurgus nicht mit der Lancetten ſtechen Du biſt ein Medicus, und weißt ſchon, was man ſoll, Nechſt dem, was ich geſagt, mit denen Eyern machen; Drum ſchließ ich meinen Brief, du aber lebe wohl! Und defendire mich, wenn andere druͤber lachen. Es iſt mir ohne dem gar vieles mißgerathen, Das, deucht mich, gar nicht taugt zu ſieden und zu braten. Was ſoll gleich in der erſt die dumme Uberſchrifft, Und daß ich uͤber dieß ſo viel von mir erzehle, Ich bin es werth, wenn mich nur Schimpff und Schande trifft, Denn meine Feder macht, daß ich mich ſelber qvaͤle; Laͤßt Du den Lob-Geſang die andern Purſche leſen, So ſehen ſie daß ich ein Idiot geweſen. Allein, ich traue Dir dergleichen Ding nicht zu, Du wirſt, was ich erzehlt, nicht allen Leuten ſagen, Sonſt zuͤrne nicht mit mir, daß ich dergleichen thu Wenn man mich wird um Dich, und Deinen Zuſtand fragen. Ein Freund haͤlt reinen Mund von ſeinem guten Freunde, Sonſt wird der beſte Freund zum allerſchlimmſten Feinde. Vielleicht dencket ſchon mancher, der mit Leſung gegenwaͤrtigen Tractats nig
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Betrachte die Figur, nicht wahr, es faͤllt Dir ein,
Daß ſonſt die gantze Welt ſey laͤnglich rund geweſen,
Allein vor dieſes mahl muß ſie wohl ſpitzig ſeyn.
Wer zweiffelt, der kan nur Magiſter-Verſe leſen,
Wenn Eyter und Scorbut nicht einen Krancken ſchwaͤchen,
Darff ein Chirurgus nicht mit der Lancetten ſtechen
Du biſt ein Medicus, und weißt ſchon, was man ſoll,
Nechſt dem, was ich geſagt, mit denen Eyern machen;
Drum ſchließ ich meinen Brief, du aber lebe wohl!
Und defendire mich, wenn andere druͤber lachen.
Es iſt mir ohne dem gar vieles mißgerathen,
Das, deucht mich, gar nicht taugt zu ſieden und zu braten.
Was ſoll gleich in der erſt die dumme Uberſchrifft,
Und daß ich uͤber dieß ſo viel von mir erzehle,
Ich bin es werth, wenn mich nur Schimpff und Schande trifft,
Denn meine Feder macht, daß ich mich ſelber qvaͤle;
Laͤßt Du den Lob-Geſang die andern Purſche leſen,
So ſehen ſie daß ich ein Idiot geweſen.
Allein, ich traue Dir dergleichen Ding nicht zu,
Du wirſt, was ich erzehlt, nicht allen Leuten ſagen,
Sonſt zuͤrne nicht mit mir, daß ich dergleichen thu
Wenn man mich wird um Dich, und Deinen Zuſtand fragen.
Ein Freund haͤlt reinen Mund von ſeinem guten Freunde,
Sonſt wird der beſte Freund zum allerſchlimmſten Feinde.
Vielleicht dencket ſchon mancher, der mit Leſung gegenwaͤrtigen Tractats
biß hieher gekommen, daß ich zu viel ſchreibe, und behutſamer gehen ſolte. Je-
doch ich bin bey mir ſelber uͤberzeuget, daß mich die wahren, und mit Weisheit
geſchmuͤckten Gelehrten, ſie moͤgen Graduirte Perſonen, Doctores, Licentiati
und Magiſtri ſeyn oder nicht, die den Statum der heutigen Welt recht einſehen
und erkennen, entſchuldigen und mir Beyfall geben werden. Nach denen uͤbri-
gen, und abſonderlich denenjenigen Murmelthieren, welche zur gelehrten
Narrn-Matzen- und Lappen-Claſſe, wircklich gehoͤren, frage ich nichts, lache
uͤber ihren Zorn, und will ihnen hiermit die Apologie eines gewiſſen weiſſen Ge-
lehrten, der von der gelehrten Narrheit ebenfalls geſchrieben, und vornemlich
die vermeynten Gelehrten, und daher ſtoltzierenden, in der That aber mit we-
nig
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