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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Noch schreibet eben dieser Autor anderswo.

Si qua est virtus, quam arrogare tantis per mihi audeo, si qua est
laus, qua me haud indignum esse forsan non absque ratione existima-
verim, est sane modestia, qua me vel mea adeo aliis praeponere ve-
reor, ut potius nauseem.

Item. Es ist meinem Geiste ein solcher Adel eingepräget,
daß ich mein Gemüth bis dahero vom Ehestande abgezogen, und
in die höhere Schrancken der Verleugnung und Heiligung (ich
rede dieses nur in Absicht auf mich) eingetreten bin. Es währe-
te aber kaum 2 Jahre, so hatte der gute Mann ein Weib.

Als eben Demselben von einem Studioso eine Materie gegeben
wurde, über welche dieser gerne eine Disputation wolte machen las-
sen: so ward hernach als die Disputation gedrucket wurde, ein
Brieff an denselben Studiosum mit angedrucket, der sich ohngefehr
also anhebet:

Kaum sind 2 Stunden verflossen, nachdem du mir das Thema
gebracht hast, da schon die Disputation fertig ist. Denn, was ist
es nöthig, daß man sich mit Aufschlagung vieler Bücher aufhält,
wenn man im Stande ist, aus dem Schatz seines Hertzens selbst
etwas gelehrtes, gründliches und verwunderungs-würdiges
herfürzubringen.

Eben dieser, als er ein neues Ehren-Amt überkam, setzte sich
mit einem andern, der von vielen Jahren dieses Amt bekleidet hat-
te, in Vergleichung; und da hieß es:

N. ist schon in seinen jüngern Jahren sehr berühmt worden;
von mir weiß auch alle Welt zu reden. Er ist sehr jung
Doctor wor-
den; ich auch. Er hat viele Bücher geschrieben; ich habe deren
noch mehr verfertiget. Er ist nicht
N. worden! das bin ich &c.

Die

Noch ſchreibet eben dieſer Autor anderswo.

Si qua eſt virtus, quam arrogare tantis per mihi audeo, ſi qua eſt
laus, qua me haud indignum eſſe forſan non absque ratione exiſtima-
verim, eſt ſane modeſtia, qua me vel mea adeo aliis præponere ve-
reor, ut potius nauſeem.

Item. Es iſt meinem Geiſte ein ſolcher Adel eingepraͤget,
daß ich mein Gemuͤth bis dahero vom Eheſtande abgezogen, und
in die hoͤhere Schrancken der Verleugnung und Heiligung (ich
rede dieſes nur in Abſicht auf mich) eingetreten bin. Es waͤhre-
te aber kaum 2 Jahre, ſo hatte der gute Mann ein Weib.

Als eben Demſelben von einem Studioſo eine Materie gegeben
wurde, uͤber welche dieſer gerne eine Diſputation wolte machen laſ-
ſen: ſo ward hernach als die Diſputation gedrucket wurde, ein
Brieff an denſelben Studioſum mit angedrucket, der ſich ohngefehr
alſo anhebet:

Kaum ſind 2 Stunden verfloſſen, nachdem du mir das Thema
gebracht haſt, da ſchon die Diſputation fertig iſt. Denn, was iſt
es noͤthig, daß man ſich mit Aufſchlagung vieler Buͤcher aufhaͤlt,
wenn man im Stande iſt, aus dem Schatz ſeines Hertzens ſelbſt
etwas gelehrtes, gruͤndliches und verwunderungs-wuͤrdiges
herfuͤrzubringen.

Eben dieſer, als er ein neues Ehren-Amt uͤberkam, ſetzte ſich
mit einem andern, der von vielen Jahren dieſes Amt bekleidet hat-
te, in Vergleichung; und da hieß es:

N. iſt ſchon in ſeinen juͤngern Jahren ſehr beruͤhmt worden;
von mir weiß auch alle Welt zu reden. Er iſt ſehr jung
Doctor wor-
den; ich auch. Er hat viele Buͤcher geſchrieben; ich habe deren
noch mehr verfertiget. Er iſt nicht
N. worden! das bin ich &c.

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[50/0094] Noch ſchreibet eben dieſer Autor anderswo. Si qua eſt virtus, quam arrogare tantis per mihi audeo, ſi qua eſt laus, qua me haud indignum eſſe forſan non absque ratione exiſtima- verim, eſt ſane modeſtia, qua me vel mea adeo aliis præponere ve- reor, ut potius nauſeem. Item. Es iſt meinem Geiſte ein ſolcher Adel eingepraͤget, daß ich mein Gemuͤth bis dahero vom Eheſtande abgezogen, und in die hoͤhere Schrancken der Verleugnung und Heiligung (ich rede dieſes nur in Abſicht auf mich) eingetreten bin. Es waͤhre- te aber kaum 2 Jahre, ſo hatte der gute Mann ein Weib. Als eben Demſelben von einem Studioſo eine Materie gegeben wurde, uͤber welche dieſer gerne eine Diſputation wolte machen laſ- ſen: ſo ward hernach als die Diſputation gedrucket wurde, ein Brieff an denſelben Studioſum mit angedrucket, der ſich ohngefehr alſo anhebet: Kaum ſind 2 Stunden verfloſſen, nachdem du mir das Thema gebracht haſt, da ſchon die Diſputation fertig iſt. Denn, was iſt es noͤthig, daß man ſich mit Aufſchlagung vieler Buͤcher aufhaͤlt, wenn man im Stande iſt, aus dem Schatz ſeines Hertzens ſelbſt etwas gelehrtes, gruͤndliches und verwunderungs-wuͤrdiges herfuͤrzubringen. Eben dieſer, als er ein neues Ehren-Amt uͤberkam, ſetzte ſich mit einem andern, der von vielen Jahren dieſes Amt bekleidet hat- te, in Vergleichung; und da hieß es: N. iſt ſchon in ſeinen juͤngern Jahren ſehr beruͤhmt worden; von mir weiß auch alle Welt zu reden. Er iſt ſehr jung Doctor wor- den; ich auch. Er hat viele Buͤcher geſchrieben; ich habe deren noch mehr verfertiget. Er iſt nicht N. worden! das bin ich &c. Die

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/94>, abgerufen am 30.11.2024.