der L. Michaelis-Messe ließ sich nehmlich bei mir ein Mann, der ein Uhrenhändler aus Neufchatel war und den ich als Bruder kannte, bei mir melden. Da ich eben nicht zu Hause gewesen war, so besuchte ich ihn des andern Morgens um eilf Uhr in seinem Logis, wobei ich jedoch, da ich mir nichts Gutes versah, meine Pistolen nicht vergessen hatte. Er empfing mich ganz artig, bald aber nach den ersten Komplimenten, fieng er mit imposanter Miene von der "verfluchten In- sinuation in den Zeitungen" (wie er es nannte) zu reden an und erklärte, daß er mich für den Anstifter dieser Infamie hielte. Ich entgegnete ihm: daß ich seine Ausdrücke zwar für etwas stark hielte, glaubte aber mit einem ehrlichen Manne zu sprechen, und hoffte, daß alles, was wir jetzt verhandelten, unter uns bleiben würde, weil ichs satt hätte, mir in der Maurerei weiter Ungelegenheiten zuzuziehen. Ueber jene Insinua- tion aber, fuhr ich fort, sei er in völligem Irr- thum. Ich hätte nicht nur keinen Theil daran, sondern hielte sie auch für verwerflich und ich hätte meine Gedanken schon am gehörigen Orte gesagt. Was übrigens die ganze Schröpfersche Maconnerie beträfe, so ließe ich sie auf ihrem Werth und Unwerthe beruhen. Ich für mein Theil hätte nur, wegen der großen Unmoralität des Schröpfer und seiner Vertrauten, Beden- ken getragen, ihnen beizutreten.
"Herr! -- fieng er auf einmal an -- Sie scheinen mir ein ehrlicher Mann zu seyn. Aber
der L. Michaelis-Meſſe ließ ſich nehmlich bei mir ein Mann, der ein Uhrenhaͤndler aus Neufchatel war und den ich als Bruder kannte, bei mir melden. Da ich eben nicht zu Hauſe geweſen war, ſo beſuchte ich ihn des andern Morgens um eilf Uhr in ſeinem Logis, wobei ich jedoch, da ich mir nichts Gutes verſah, meine Piſtolen nicht vergeſſen hatte. Er empfing mich ganz artig, bald aber nach den erſten Komplimenten, fieng er mit impoſanter Miene von der „verfluchten In- ſinuation in den Zeitungen“ (wie er es nannte) zu reden an und erklaͤrte, daß er mich fuͤr den Anſtifter dieſer Infamie hielte. Ich entgegnete ihm: daß ich ſeine Ausdruͤcke zwar fuͤr etwas ſtark hielte, glaubte aber mit einem ehrlichen Manne zu ſprechen, und hoffte, daß alles, was wir jetzt verhandelten, unter uns bleiben wuͤrde, weil ichs ſatt haͤtte, mir in der Maurerei weiter Ungelegenheiten zuzuziehen. Ueber jene Inſinua- tion aber, fuhr ich fort, ſei er in voͤlligem Irr- thum. Ich haͤtte nicht nur keinen Theil daran, ſondern hielte ſie auch fuͤr verwerflich und ich haͤtte meine Gedanken ſchon am gehoͤrigen Orte geſagt. Was uͤbrigens die ganze Schroͤpferſche Maçonnerie betraͤfe, ſo ließe ich ſie auf ihrem Werth und Unwerthe beruhen. Ich fuͤr mein Theil haͤtte nur, wegen der großen Unmoralitaͤt des Schroͤpfer und ſeiner Vertrauten, Beden- ken getragen, ihnen beizutreten.
„Herr! — fieng er auf einmal an — Sie ſcheinen mir ein ehrlicher Mann zu ſeyn. Aber
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der L. Michaelis-Meſſe ließ ſich nehmlich bei mir
ein Mann, der ein Uhrenhaͤndler aus Neufchatel
war und den ich als Bruder kannte, bei mir
melden. Da ich eben nicht zu Hauſe geweſen
war, ſo beſuchte ich ihn des andern Morgens um
eilf Uhr in ſeinem Logis, wobei ich jedoch, da ich
mir nichts Gutes verſah, meine Piſtolen nicht
vergeſſen hatte. Er empfing mich ganz artig,
bald aber nach den erſten Komplimenten, fieng er
mit impoſanter Miene von der „verfluchten In-
ſinuation in den Zeitungen“ (wie er es nannte)
zu reden an und erklaͤrte, daß er mich fuͤr den
Anſtifter dieſer Infamie hielte. Ich entgegnete
ihm: daß ich ſeine Ausdruͤcke zwar fuͤr etwas
ſtark hielte, glaubte aber mit einem ehrlichen
Manne zu ſprechen, und hoffte, daß alles, was
wir jetzt verhandelten, unter uns bleiben wuͤrde,
weil ichs ſatt haͤtte, mir in der Maurerei weiter
Ungelegenheiten zuzuziehen. Ueber jene Inſinua-
tion aber, fuhr ich fort, ſei er in voͤlligem Irr-
thum. Ich haͤtte nicht nur keinen Theil daran,
ſondern hielte ſie auch fuͤr verwerflich und ich
haͤtte meine Gedanken ſchon am gehoͤrigen Orte
geſagt. Was uͤbrigens die ganze Schroͤpferſche
Maçonnerie betraͤfe, ſo ließe ich ſie auf ihrem
Werth und Unwerthe beruhen. Ich fuͤr mein
Theil haͤtte nur, wegen der großen Unmoralitaͤt
des Schroͤpfer und ſeiner Vertrauten, Beden-
ken getragen, ihnen beizutreten.
„Herr! — fieng er auf einmal an — Sie
ſcheinen mir ein ehrlicher Mann zu ſeyn. Aber
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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/153>, abgerufen am 16.02.2025.
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