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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802

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rer Brüder, unserer Freunde, Gattinnen und
Kinder verdienen können.

Auch unsern Namen nennt vielleicht inner-
halb Jahresfrist ein ernster Bothe des Todes;
auch wir liegen vielleicht bald, wie jetzt einer der
Unsrigen, der noch vor Kurzem unter uns wan-
delte, auf dem Lager, mit sterbendem Auge, und
wollen entschlummern; und gewiß! uns Alle ver-
eint die Feier des neuen Jahrhunderts nicht in
diesem Tempel, die heut die Feier des Jahres
rief. -- Möge uns, wenn wir unsern Sch. und
unsere K. abgelegt haben, die Hand der Liebe
und der Gerechtigkeit einen frohen Kranz win-
den! -- Sey uns willkommen neues Jahr, wo
wir ihn durch Fleiß im Guten, durch reinen
Willen, durch Werke der Wohlthätigkeit, der Hin-
gebung und ächten Bruderliebe verdienen können.

So sey auch mir willkommen. So schmerz-
haft, als dein Vorgänger wirst du und keiner
deiner Nachfolger mir seyn. Keiner deiner Mon-
den wird in seinem beschränkten Raume die höchste
menschliche Freude und das höchste irrdische Elend
so zusammen drängen, als es der Junius des
bald vergangenen that; keiner wird, wie dieser,
mich die Thränen der Wonne kennen lehren, um
für sie mein Auge auf immer zu vertrocknen.
Sey auch du mir in deinem Grabe gesegnet! das
gröste Opfer meines Lebens ist gebracht; du hast
mich gelehrt, die Zukunft, wenn nicht zu wün-
schen, doch nicht zu fürchten, und sie dem Schick-
sale mit Resignation zu übergeben, sie nach Ge-

rer Bruͤder, unſerer Freunde, Gattinnen und
Kinder verdienen koͤnnen.

Auch unſern Namen nennt vielleicht inner-
halb Jahresfriſt ein ernſter Bothe des Todes;
auch wir liegen vielleicht bald, wie jetzt einer der
Unſrigen, der noch vor Kurzem unter uns wan-
delte, auf dem Lager, mit ſterbendem Auge, und
wollen entſchlummern; und gewiß! uns Alle ver-
eint die Feier des neuen Jahrhunderts nicht in
dieſem Tempel, die heut die Feier des Jahres
rief. — Moͤge uns, wenn wir unſern Sch. und
unſere K. abgelegt haben, die Hand der Liebe
und der Gerechtigkeit einen frohen Kranz win-
den! — Sey uns willkommen neues Jahr, wo
wir ihn durch Fleiß im Guten, durch reinen
Willen, durch Werke der Wohlthaͤtigkeit, der Hin-
gebung und aͤchten Bruderliebe verdienen koͤnnen.

So ſey auch mir willkommen. So ſchmerz-
haft, als dein Vorgaͤnger wirſt du und keiner
deiner Nachfolger mir ſeyn. Keiner deiner Mon-
den wird in ſeinem beſchraͤnkten Raume die hoͤchſte
menſchliche Freude und das hoͤchſte irrdiſche Elend
ſo zuſammen draͤngen, als es der Junius des
bald vergangenen that; keiner wird, wie dieſer,
mich die Thraͤnen der Wonne kennen lehren, um
fuͤr ſie mein Auge auf immer zu vertrocknen.
Sey auch du mir in deinem Grabe geſegnet! das
groͤſte Opfer meines Lebens iſt gebracht; du haſt
mich gelehrt, die Zukunft, wenn nicht zu wuͤn-
ſchen, doch nicht zu fuͤrchten, und ſie dem Schick-
ſale mit Reſignation zu uͤbergeben, ſie nach Ge-

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[233/0251] rer Bruͤder, unſerer Freunde, Gattinnen und Kinder verdienen koͤnnen. Auch unſern Namen nennt vielleicht inner- halb Jahresfriſt ein ernſter Bothe des Todes; auch wir liegen vielleicht bald, wie jetzt einer der Unſrigen, der noch vor Kurzem unter uns wan- delte, auf dem Lager, mit ſterbendem Auge, und wollen entſchlummern; und gewiß! uns Alle ver- eint die Feier des neuen Jahrhunderts nicht in dieſem Tempel, die heut die Feier des Jahres rief. — Moͤge uns, wenn wir unſern Sch. und unſere K. abgelegt haben, die Hand der Liebe und der Gerechtigkeit einen frohen Kranz win- den! — Sey uns willkommen neues Jahr, wo wir ihn durch Fleiß im Guten, durch reinen Willen, durch Werke der Wohlthaͤtigkeit, der Hin- gebung und aͤchten Bruderliebe verdienen koͤnnen. So ſey auch mir willkommen. So ſchmerz- haft, als dein Vorgaͤnger wirſt du und keiner deiner Nachfolger mir ſeyn. Keiner deiner Mon- den wird in ſeinem beſchraͤnkten Raume die hoͤchſte menſchliche Freude und das hoͤchſte irrdiſche Elend ſo zuſammen draͤngen, als es der Junius des bald vergangenen that; keiner wird, wie dieſer, mich die Thraͤnen der Wonne kennen lehren, um fuͤr ſie mein Auge auf immer zu vertrocknen. Sey auch du mir in deinem Grabe geſegnet! das groͤſte Opfer meines Lebens iſt gebracht; du haſt mich gelehrt, die Zukunft, wenn nicht zu wuͤn- ſchen, doch nicht zu fuͤrchten, und ſie dem Schick- ſale mit Reſignation zu uͤbergeben, ſie nach Ge-

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Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/251>, abgerufen am 22.11.2024.