[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802lich und vollständig? -- Kann die Tugend erleich- "Nun so bleibt als Zweck dieses wunderbaren lich und vollſtaͤndig? — Kann die Tugend erleich- „Nun ſo bleibt als Zweck dieſes wunderbaren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038" n="20"/> lich und vollſtaͤndig? — Kann die Tugend erleich-<lb/> tert und wie bei einem Leiden oder Ungluͤck, ihre<lb/> Laſt durch Theilnahme vermindert werden? Oder<lb/> iſt die Tugend nicht vielmehr, das eigenſte, ge-<lb/> heimſte Geſchaͤft des Menſchen, welches er kaum<lb/> mit Einem geliebten Herzen, geſchweige denn mit<lb/> einer Geſellſchaft von Bekannten theilen kann? —<lb/> Er kann in der Geſellſchaft mehr Schicklichkeit,<lb/> A<gap unit="chars" quantity="3"/>ndigkeit und Scheu lernen, ſich zu einem<lb/> geſetzten, und rechtlichen Betragen gewoͤhnen;<lb/> er kann viel ſchoͤne und ſogenannte <hi rendition="#g">nuͤtzliche</hi><lb/> Spruͤche und Reden hoͤren, aber nicht <hi rendition="#g">tugend-<lb/> haft</hi> werden; und wenn er mit Vergnuͤgen zu<lb/> leben und mit einer beſſeren Hoffnung zu ſterben<lb/> „nicht anderswo und vor ſeiner Aufnahme gelernt<lb/> hat“ — im Orden moͤchte er’s ſchwerlich lernen. —<lb/> Gewiß, in eine moraliſch-aſcetiſche Geſellſchaft,<lb/> die es auf die Tugend und das Beſſerwerden,<lb/> als einzigen und letzten Zweck angelegt, moͤchte<lb/> unſer weiſe und gute Mann, wohl eben ſo wenig<lb/> ſich einweihen laſſen, als Socrates in die Eleu-<lb/> ſiniſchen Myſterien.</p><lb/> <p>„Nun ſo bleibt als Zweck dieſes wunderbaren<lb/> Ordens nichts uͤbrig, als — <hi rendition="#g">Nichts</hi>! und er hat<lb/> nur nebenher die Vortheile einer guten und froͤh-<lb/> lichen Geſellſchaft.“ — So wahr, antwortet unſer<lb/> Weiſer und Tugendhafter, ich mit dieſem, uͤbrigens<lb/> ganz <hi rendition="#g">natuͤrlichen</hi>, Orden mich beſchaͤftige, und<lb/> mich ihm hingebe, ſo wahr iſt ſein Zweck und<lb/> Ziel — <hi rendition="#g">Etwas</hi>, und die gute Geſellſchaft iſt und<lb/> bleibt ein — <hi rendition="#g">Nebenher</hi>.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0038]
lich und vollſtaͤndig? — Kann die Tugend erleich-
tert und wie bei einem Leiden oder Ungluͤck, ihre
Laſt durch Theilnahme vermindert werden? Oder
iſt die Tugend nicht vielmehr, das eigenſte, ge-
heimſte Geſchaͤft des Menſchen, welches er kaum
mit Einem geliebten Herzen, geſchweige denn mit
einer Geſellſchaft von Bekannten theilen kann? —
Er kann in der Geſellſchaft mehr Schicklichkeit,
A___ndigkeit und Scheu lernen, ſich zu einem
geſetzten, und rechtlichen Betragen gewoͤhnen;
er kann viel ſchoͤne und ſogenannte nuͤtzliche
Spruͤche und Reden hoͤren, aber nicht tugend-
haft werden; und wenn er mit Vergnuͤgen zu
leben und mit einer beſſeren Hoffnung zu ſterben
„nicht anderswo und vor ſeiner Aufnahme gelernt
hat“ — im Orden moͤchte er’s ſchwerlich lernen. —
Gewiß, in eine moraliſch-aſcetiſche Geſellſchaft,
die es auf die Tugend und das Beſſerwerden,
als einzigen und letzten Zweck angelegt, moͤchte
unſer weiſe und gute Mann, wohl eben ſo wenig
ſich einweihen laſſen, als Socrates in die Eleu-
ſiniſchen Myſterien.
„Nun ſo bleibt als Zweck dieſes wunderbaren
Ordens nichts uͤbrig, als — Nichts! und er hat
nur nebenher die Vortheile einer guten und froͤh-
lichen Geſellſchaft.“ — So wahr, antwortet unſer
Weiſer und Tugendhafter, ich mit dieſem, uͤbrigens
ganz natuͤrlichen, Orden mich beſchaͤftige, und
mich ihm hingebe, ſo wahr iſt ſein Zweck und
Ziel — Etwas, und die gute Geſellſchaft iſt und
bleibt ein — Nebenher.
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