Glaubens selbst, daß er zu einem ganz äußerlichen Be- kenntniß werden kann, mit dem bloßen Glauben als solchen superstitiöse, magische Wirkungen verknüpft werden *). Die Teufel glauben auch, daß Gott ist, ohne aufzuhören, Teufel zu sein. Man hat daher unterschieden zwischen Gott glauben und an Gott glauben. Aber in diesem an Gott glauben ist schon die Assimilationskraft der Liebe mit eingemischt, die kei- neswegs in dem Begriffe des Glaubens als solchen und in- wiefern er sich auf äußerliche Dinge bezieht, liegt. Die dem Glauben immanenten, aus ihm selbst stammenden Unterschiede oder Urtheile sind allein die Unterschiede von rechtem, äch- ten und unrechten, falschen Glauben, oder überhaupt von Glaube und Unglaube. Der Glaube scheidet: das ist wahr, das falsch. Und sich nur vindicirt er die Wahrheit. Der Glaube hat eine bestimmte, besondere Wahrheit, die daher nothwendig mit Negation verbunden ist, zu seinem Inhalte. Der Glaube ist seiner Natur nach exclusiv. Eines nur ist Wahrheit, Einer nur ist Gott, Einer nur, dem das Mono- pol des Gottessohnes angehört; alles Andere ist Nichts, Irr- thum, Wahn. Jehovah allein ist der wahre Gott; alle andern Götter sind nichtige Götzen.
Der Glaube hat etwas Besonderes für sich im Sinne; er stützt sich auf eine besondere Offenbarung Gottes; er ist zu sei- nem Besitzthum nicht auf gemeinem Weg gekommen, auf dem Wege, der allen Menschen ohne Unterschied offen steht. Was Allen offen steht, ist etwas Gemeines, was eben deßwegen kein besondres Glaubensobject bildet. Daß Gott der Schöpfer ist, konnten alle Menschen schon aus der Natur erkennen, aber was dieser
*) Daher hat der bloße Name Christi schon Wunderkräfte.
Feuerbach. 22
Glaubens ſelbſt, daß er zu einem ganz äußerlichen Be- kenntniß werden kann, mit dem bloßen Glauben als ſolchen ſuperſtitiöſe, magiſche Wirkungen verknüpft werden *). Die Teufel glauben auch, daß Gott iſt, ohne aufzuhören, Teufel zu ſein. Man hat daher unterſchieden zwiſchen Gott glauben und an Gott glauben. Aber in dieſem an Gott glauben iſt ſchon die Aſſimilationskraft der Liebe mit eingemiſcht, die kei- neswegs in dem Begriffe des Glaubens als ſolchen und in- wiefern er ſich auf äußerliche Dinge bezieht, liegt. Die dem Glauben immanenten, aus ihm ſelbſt ſtammenden Unterſchiede oder Urtheile ſind allein die Unterſchiede von rechtem, äch- ten und unrechten, falſchen Glauben, oder überhaupt von Glaube und Unglaube. Der Glaube ſcheidet: das iſt wahr, das falſch. Und ſich nur vindicirt er die Wahrheit. Der Glaube hat eine beſtimmte, beſondere Wahrheit, die daher nothwendig mit Negation verbunden iſt, zu ſeinem Inhalte. Der Glaube iſt ſeiner Natur nach excluſiv. Eines nur iſt Wahrheit, Einer nur iſt Gott, Einer nur, dem das Mono- pol des Gottesſohnes angehört; alles Andere iſt Nichts, Irr- thum, Wahn. Jehovah allein iſt der wahre Gott; alle andern Götter ſind nichtige Götzen.
Der Glaube hat etwas Beſonderes für ſich im Sinne; er ſtützt ſich auf eine beſondere Offenbarung Gottes; er iſt zu ſei- nem Beſitzthum nicht auf gemeinem Weg gekommen, auf dem Wege, der allen Menſchen ohne Unterſchied offen ſteht. Was Allen offen ſteht, iſt etwas Gemeines, was eben deßwegen kein beſondres Glaubensobject bildet. Daß Gott der Schöpfer iſt, konnten alle Menſchen ſchon aus der Natur erkennen, aber was dieſer
*) Daher hat der bloße Name Chriſti ſchon Wunderkräfte.
Feuerbach. 22
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0355"n="337"/>
Glaubens ſelbſt, daß er zu einem ganz <hirendition="#g">äußerlichen Be-<lb/>
kenntniß</hi> werden kann, mit dem bloßen Glauben als ſolchen<lb/>ſuperſtitiöſe, magiſche Wirkungen verknüpft werden <noteplace="foot"n="*)">Daher hat der bloße Name <hirendition="#g">Chriſti</hi>ſchon Wunderkräfte.</note>. Die<lb/>
Teufel <hirendition="#g">glauben</hi> auch, daß Gott iſt, ohne aufzuhören, Teufel<lb/>
zu ſein. Man hat daher unterſchieden zwiſchen Gott glauben<lb/>
und an Gott glauben. Aber in dieſem an Gott glauben iſt<lb/>ſchon die Aſſimilationskraft der Liebe mit eingemiſcht, die kei-<lb/>
neswegs in dem Begriffe des Glaubens als ſolchen und in-<lb/>
wiefern er ſich auf äußerliche Dinge bezieht, liegt. Die dem<lb/>
Glauben immanenten, aus ihm ſelbſt ſtammenden Unterſchiede<lb/>
oder Urtheile ſind allein die Unterſchiede von <hirendition="#g">rechtem, äch-<lb/>
ten</hi> und <hirendition="#g">unrechten, falſchen</hi> Glauben, oder überhaupt von<lb/><hirendition="#g">Glaube</hi> und <hirendition="#g">Unglaube</hi>. Der Glaube ſcheidet: das iſt wahr,<lb/>
das falſch. Und <hirendition="#g">ſich</hi> nur vindicirt er die Wahrheit. Der<lb/>
Glaube hat eine <hirendition="#g">beſtimmte, beſondere</hi> Wahrheit, die daher<lb/>
nothwendig mit <hirendition="#g">Negation</hi> verbunden iſt, zu ſeinem Inhalte.<lb/>
Der Glaube iſt ſeiner Natur nach <hirendition="#g">excluſiv. Eines</hi> nur iſt<lb/>
Wahrheit, <hirendition="#g">Einer</hi> nur iſt Gott, Einer nur, dem das Mono-<lb/>
pol des Gottesſohnes angehört; alles Andere iſt Nichts, Irr-<lb/>
thum, Wahn. Jehovah <hirendition="#g">allein</hi> iſt der wahre Gott; alle<lb/>
andern Götter ſind <hirendition="#g">nichtige Götzen</hi>.</p><lb/><p>Der Glaube hat etwas <hirendition="#g">Beſonderes für ſich</hi> im Sinne;<lb/>
er ſtützt ſich auf eine <hirendition="#g">beſondere</hi> Offenbarung Gottes; er iſt zu ſei-<lb/>
nem Beſitzthum nicht auf <hirendition="#g">gemeinem</hi> Weg gekommen, auf <hirendition="#g">dem</hi><lb/>
Wege, der allen Menſchen ohne Unterſchied offen ſteht. Was Allen<lb/>
offen ſteht, iſt etwas Gemeines, was eben deßwegen kein beſondres<lb/><hirendition="#g">Glaubensobject</hi> bildet. Daß Gott der Schöpfer iſt, konnten<lb/>
alle Menſchen ſchon aus der Natur erkennen, aber was dieſer<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Feuerbach</hi>. 22</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[337/0355]
Glaubens ſelbſt, daß er zu einem ganz äußerlichen Be-
kenntniß werden kann, mit dem bloßen Glauben als ſolchen
ſuperſtitiöſe, magiſche Wirkungen verknüpft werden *). Die
Teufel glauben auch, daß Gott iſt, ohne aufzuhören, Teufel
zu ſein. Man hat daher unterſchieden zwiſchen Gott glauben
und an Gott glauben. Aber in dieſem an Gott glauben iſt
ſchon die Aſſimilationskraft der Liebe mit eingemiſcht, die kei-
neswegs in dem Begriffe des Glaubens als ſolchen und in-
wiefern er ſich auf äußerliche Dinge bezieht, liegt. Die dem
Glauben immanenten, aus ihm ſelbſt ſtammenden Unterſchiede
oder Urtheile ſind allein die Unterſchiede von rechtem, äch-
ten und unrechten, falſchen Glauben, oder überhaupt von
Glaube und Unglaube. Der Glaube ſcheidet: das iſt wahr,
das falſch. Und ſich nur vindicirt er die Wahrheit. Der
Glaube hat eine beſtimmte, beſondere Wahrheit, die daher
nothwendig mit Negation verbunden iſt, zu ſeinem Inhalte.
Der Glaube iſt ſeiner Natur nach excluſiv. Eines nur iſt
Wahrheit, Einer nur iſt Gott, Einer nur, dem das Mono-
pol des Gottesſohnes angehört; alles Andere iſt Nichts, Irr-
thum, Wahn. Jehovah allein iſt der wahre Gott; alle
andern Götter ſind nichtige Götzen.
Der Glaube hat etwas Beſonderes für ſich im Sinne;
er ſtützt ſich auf eine beſondere Offenbarung Gottes; er iſt zu ſei-
nem Beſitzthum nicht auf gemeinem Weg gekommen, auf dem
Wege, der allen Menſchen ohne Unterſchied offen ſteht. Was Allen
offen ſteht, iſt etwas Gemeines, was eben deßwegen kein beſondres
Glaubensobject bildet. Daß Gott der Schöpfer iſt, konnten
alle Menſchen ſchon aus der Natur erkennen, aber was dieſer
*) Daher hat der bloße Name Chriſti ſchon Wunderkräfte.
Feuerbach. 22
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/355>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.