Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.wendig zur Hauptsache. Wie daher innerlich dem Glauben Eben deßwegen, weil kein natürlicher innerer Zusammen- *) "Placetta de Fide II. Il ne faut pas chercher dans la nature de
choses memes la veritable cause de l'inseparabilite de'la foi et de la piete. Il faut, si je ne me trompe, la chercher uniquement dans la vo- lonte de Dieu ... Bene facit et nobiscum sentit, cum illam conjunctio- nem (d. h. der Sanctitas oder Virtus mit dem Glauben) a benefica Dei vo- luntate et dispositione repetit; nec id novum est ejus inventum, sed cum antiquioribus Theologis nostris commune" J. A. Ernesti. (Vindiciae arbitrii divini. Opusc. theol. p. 297.) Si quis dixerit ... qui fidem sine charitate habet, Christianum non esse, anathema sit. Concil. Trid. wendig zur Hauptſache. Wie daher innerlich dem Glauben Eben deßwegen, weil kein natürlicher innerer Zuſammen- *) „Placetta de Fide II. Il ne faut pas chercher dans la nature de
choses mêmes la veritable cause de l’inseparabilité de’la foi et de la pieté. Il faut, si je ne me trompe, la chercher uniquement dans la vo- lonté de Dieu … Bene facit et nobiscum sentit, cum illam conjunctio- nem (d. h. der Sanctitas oder Virtus mit dem Glauben) a benefica Dei vo- luntate et dispositione repetit; nec id novum est ejus inventum, sed cum antiquioribus Theologis nostris commune“ J. A. Ernesti. (Vindiciae arbitrii divini. Opusc. theol. p. 297.) Si quis dixerit … qui fidem sine charitate habet, Christianum non esse, anathema sit. Concil. Trid. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0374" n="356"/> wendig zur <hi rendition="#g">Hauptſache</hi>. Wie daher innerlich dem Glauben<lb/> die Ethik ſubordinirt wird, ſo kann, ſo muß ſie auch äußerlich,<lb/> praktiſch ihm untergeordnet, ja aufgeopfert werden. Es iſt<lb/> nothwendig, daß es Handlungen gibt, in denen der Glaube<lb/><hi rendition="#g">im Unterſchiede</hi> oder vielmehr <hi rendition="#g">im Widerſpruch mit der<lb/> Moral</hi> zur Erſcheinung kommt — Handlungen die <hi rendition="#g">moraliſch<lb/> ſchlecht</hi>, aber dem <hi rendition="#g">Glauben nach löblich</hi> ſind, weil ſie nur<lb/> das Beſte des Glaubens bezwecken. Alles Heil liegt am Glau-<lb/> ben; Alles daher wieder an dem <hi rendition="#g">Heil des Glaubens</hi>. Iſt<lb/> der Glaube gefährdet, ſo iſt die ewige Seligkeit und die Ehre<lb/> Gottes gefährdet. Alles privilegirt daher der Glaube, wenn<lb/> es nur die Beförderung des Glaubens zum Zwecke hat; denn<lb/> er iſt ja, ſtreng genommen, das einzige ſubjective Gute im<lb/> Menſchen, wie Gott ſelbſt das einzige gute und poſitive Weſen;<lb/> das <hi rendition="#g">erſte</hi>, das <hi rendition="#g">höchſte</hi> Gebot daher: <hi rendition="#g">Glaube</hi>!</p><lb/> <p>Eben deßwegen, weil kein natürlicher innerer Zuſammen-<lb/> hung zwiſchen dem Glauben und der moraliſchen Geſinnung<lb/> ſtatt findet, es vielmehr im <hi rendition="#g">Weſen des Glaubens an ſich</hi><lb/> liegt, daß er <hi rendition="#g">indifferent</hi> iſt gegen die moraliſchen Pflichten<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">„Placetta de Fide II. Il ne faut pas chercher dans <hi rendition="#g">la nature de<lb/> choses mêmes</hi> la veritable cause de l’inseparabilité de’la foi et de la<lb/> pieté. Il faut, si je ne me trompe, la chercher uniquement dans <hi rendition="#g">la vo-<lb/> lonté de Dieu</hi> … Bene facit et nobiscum sentit, cum illam conjunctio-<lb/> nem</hi> (d. h. der <hi rendition="#aq">Sanctitas</hi> oder <hi rendition="#aq">Virtus</hi> mit dem Glauben) <hi rendition="#aq">a benefica Dei vo-<lb/> luntate et dispositione repetit; nec id novum est ejus inventum, sed cum<lb/> antiquioribus Theologis nostris commune“ J. A. <hi rendition="#g">Ernesti</hi>. (Vindiciae<lb/> arbitrii divini. Opusc. theol. p. 297.) Si quis dixerit … qui <hi rendition="#g">fidem sine<lb/> charitate</hi> habet, Christianum non esse, anathema sit. <hi rendition="#g">Concil. Trid</hi>.</hi></note>,<lb/> daß er <hi rendition="#g">die Liebe</hi> des Menſchen der <hi rendition="#g">Ehre</hi> Gottes aufopfert,<lb/><hi rendition="#g">eben deßwegen</hi> wird gefordert, daß der Glaube gute Werke<lb/> im Gefolge haben, daß er durch die Liebe ſich bethätigen ſoll.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [356/0374]
wendig zur Hauptſache. Wie daher innerlich dem Glauben
die Ethik ſubordinirt wird, ſo kann, ſo muß ſie auch äußerlich,
praktiſch ihm untergeordnet, ja aufgeopfert werden. Es iſt
nothwendig, daß es Handlungen gibt, in denen der Glaube
im Unterſchiede oder vielmehr im Widerſpruch mit der
Moral zur Erſcheinung kommt — Handlungen die moraliſch
ſchlecht, aber dem Glauben nach löblich ſind, weil ſie nur
das Beſte des Glaubens bezwecken. Alles Heil liegt am Glau-
ben; Alles daher wieder an dem Heil des Glaubens. Iſt
der Glaube gefährdet, ſo iſt die ewige Seligkeit und die Ehre
Gottes gefährdet. Alles privilegirt daher der Glaube, wenn
es nur die Beförderung des Glaubens zum Zwecke hat; denn
er iſt ja, ſtreng genommen, das einzige ſubjective Gute im
Menſchen, wie Gott ſelbſt das einzige gute und poſitive Weſen;
das erſte, das höchſte Gebot daher: Glaube!
Eben deßwegen, weil kein natürlicher innerer Zuſammen-
hung zwiſchen dem Glauben und der moraliſchen Geſinnung
ſtatt findet, es vielmehr im Weſen des Glaubens an ſich
liegt, daß er indifferent iſt gegen die moraliſchen Pflichten *),
daß er die Liebe des Menſchen der Ehre Gottes aufopfert,
eben deßwegen wird gefordert, daß der Glaube gute Werke
im Gefolge haben, daß er durch die Liebe ſich bethätigen ſoll.
*) „Placetta de Fide II. Il ne faut pas chercher dans la nature de
choses mêmes la veritable cause de l’inseparabilité de’la foi et de la
pieté. Il faut, si je ne me trompe, la chercher uniquement dans la vo-
lonté de Dieu … Bene facit et nobiscum sentit, cum illam conjunctio-
nem (d. h. der Sanctitas oder Virtus mit dem Glauben) a benefica Dei vo-
luntate et dispositione repetit; nec id novum est ejus inventum, sed cum
antiquioribus Theologis nostris commune“ J. A. Ernesti. (Vindiciae
arbitrii divini. Opusc. theol. p. 297.) Si quis dixerit … qui fidem sine
charitate habet, Christianum non esse, anathema sit. Concil. Trid.
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