blutigen Menschenopfer dramatisiren nur diesen Begriff. "Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak." Hebräer 11, 17. Quanto major Abraham, qui unicum filium voluntate jugulavit ... Jepte obtulit virginem filiam et idcirco in enumeratione sanctorum ab Apostolo ponitur. Hie- ronymus (Epist. Juliano). Ueber die Menschenopfer in der jüdischen Religion siehe W. Vatke: die Religion des A. Te- staments I. Th. p. 275--78. u. Daumer: "Tabu, Moloch und Sabbath." Auch in der christlichen Religion ist es nur das Blut, die Negation des Menschensohnes, wodurch der Zorn Gottes gestillt, Gott mit dem Menschen versöhnt wird. Darum mußte ein reiner, schuldloser Mensch als Opfer fallen. Solches Blut nur ist kostbar, solches nur hat versöhnende Kraft. Und dieses am Kreuze zur Besänftigung des göttlichen Zorns vergoßne Blut genießen die Christen im Abendmahl zur Bestärkung und Besiegelung ihres Glaubens. Aber warum denn das Blut in der Gestalt des Weins, das Fleisch unter der Gestalt des Brotes? Damit es nicht den Schein hat, als äßen die Christen wirklich Menschenfleisch, als tränken sie wirklich Menschenblut, damit nicht der natürliche Mensch, d. i. der homo verus beim Anblick von wirklichem Menschenfleisch und Blute vor den Mysterien des christlichen Glaubens zurück- schaudert. Etenim ne humana infirmitas esum carnis et potum sanguinis in sumptione horreret, Christus velari et palliari illa duo voluit speciebus panis et vini. Bernard (edit. cit. p. 189--191). Sub alia autem specie tribus de causis carnem et sanguinem tradit Christus et deinceps sumendum instituit. Ut fides scil. haberet me- ritum, quae est de his quae non videntur, quod fides non habet meritum, ubi humana ratio praebet experi- mentum. Et ideo etiam ne abhorreret animus quod cerneret oculus; quod non habemus in usu carnem crudam comedere et sanguinem bibere ... Et etiam ideo ne ab incredulis religioni christianae insul- taretur. Unde Augustinus: Nihil rationabilius, quam
blutigen Menſchenopfer dramatiſiren nur dieſen Begriff. „Durch den Glauben opferte Abraham den Iſaak.“ Hebräer 11, 17. Quanto major Abraham, qui unicum filium voluntate jugulavit … Jepte obtulit virginem filiam et idcirco in enumeratione sanctorum ab Apostolo ponitur. Hie- ronymus (Epist. Juliano). Ueber die Menſchenopfer in der jüdiſchen Religion ſiehe W. Vatke: die Religion des A. Te- ſtaments I. Th. p. 275—78. u. Daumer: „Tabu, Moloch und Sabbath.“ Auch in der chriſtlichen Religion iſt es nur das Blut, die Negation des Menſchenſohnes, wodurch der Zorn Gottes geſtillt, Gott mit dem Menſchen verſöhnt wird. Darum mußte ein reiner, ſchuldloſer Menſch als Opfer fallen. Solches Blut nur iſt koſtbar, ſolches nur hat verſöhnende Kraft. Und dieſes am Kreuze zur Beſänftigung des göttlichen Zorns vergoßne Blut genießen die Chriſten im Abendmahl zur Beſtärkung und Beſiegelung ihres Glaubens. Aber warum denn das Blut in der Geſtalt des Weins, das Fleiſch unter der Geſtalt des Brotes? Damit es nicht den Schein hat, als äßen die Chriſten wirklich Menſchenfleiſch, als tränken ſie wirklich Menſchenblut, damit nicht der natürliche Menſch, d. i. der homo verus beim Anblick von wirklichem Menſchenfleiſch und Blute vor den Myſterien des chriſtlichen Glaubens zurück- ſchaudert. Etenim ne humana infirmitas esum carnis et potum sanguinis in sumptione horreret, Christus velari et palliari illa duo voluit speciebus panis et vini. Bernard (edit. cit. p. 189—191). Sub alia autem specie tribus de causis carnem et sanguinem tradit Christus et deinceps sumendum instituit. Ut fides scil. haberet me- ritum, quae est de his quae non videntur, quod fides non habet meritum, ubi humana ratio praebet experi- mentum. Et ideo etiam ne abhorreret animus quod cerneret oculus; quod non habemus in usu carnem crudam comedere et sanguinem bibere … Et etiam ideo ne ab incredulis religioni christianae insul- taretur. Unde Augustinus: Nihil rationabilius, quam
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0466"n="448"/>
blutigen Menſchenopfer dramatiſiren nur dieſen Begriff. „Durch<lb/>
den Glauben opferte Abraham den Iſaak.“<hirendition="#g">Hebräer</hi> 11, 17.<lb/><hirendition="#aq">Quanto major Abraham, qui unicum filium <hirendition="#g">voluntate<lb/>
jugulavit</hi>… Jepte obtulit virginem filiam et idcirco<lb/>
in enumeratione sanctorum ab Apostolo ponitur. <hirendition="#g">Hie-<lb/>
ronymus</hi> (Epist. Juliano).</hi> Ueber die Menſchenopfer in der<lb/>
jüdiſchen Religion ſiehe W. <hirendition="#g">Vatke</hi>: die Religion des A. Te-<lb/>ſtaments <hirendition="#aq">I.</hi> Th. <hirendition="#aq">p.</hi> 275—78. u. <hirendition="#g">Daumer</hi>: „Tabu, Moloch<lb/>
und Sabbath.“ Auch in der chriſtlichen Religion iſt es nur<lb/>
das Blut, die Negation des Menſchenſohnes, wodurch der<lb/>
Zorn Gottes geſtillt, Gott mit dem Menſchen verſöhnt wird.<lb/>
Darum mußte ein reiner, ſchuldloſer Menſch als Opfer fallen.<lb/>
Solches Blut nur iſt koſtbar, ſolches nur hat verſöhnende<lb/>
Kraft. Und dieſes am Kreuze zur Beſänftigung des göttlichen<lb/>
Zorns vergoßne Blut genießen die Chriſten im Abendmahl<lb/>
zur Beſtärkung und Beſiegelung ihres Glaubens. Aber warum<lb/>
denn das Blut in der Geſtalt des Weins, das Fleiſch unter<lb/>
der Geſtalt des Brotes? Damit es nicht den <hirendition="#g">Schein</hi> hat,<lb/>
als äßen die Chriſten wirklich Menſchenfleiſch, als tränken ſie<lb/>
wirklich Menſchenblut, damit nicht der natürliche Menſch, d. i.<lb/>
der <hirendition="#aq">homo verus</hi> beim Anblick von wirklichem Menſchenfleiſch<lb/>
und Blute vor den Myſterien des chriſtlichen Glaubens zurück-<lb/>ſchaudert. <hirendition="#aq">Etenim ne humana infirmitas esum carnis et<lb/>
potum sanguinis in sumptione <hirendition="#g">horreret</hi>, Christus <hirendition="#g">velari<lb/>
et palliari illa duo voluit speciebus</hi> panis et vini.<lb/><hirendition="#g">Bernard</hi> (edit. cit. p. 189—191). Sub alia autem specie<lb/>
tribus de causis carnem et sanguinem tradit Christus et<lb/>
deinceps sumendum instituit. Ut fides scil. haberet me-<lb/>
ritum, quae est de his quae non videntur, quod <hirendition="#g">fides<lb/>
non habet meritum</hi>, ubi humana ratio praebet experi-<lb/>
mentum. Et ideo etiam ne <hirendition="#g">abhorreret animus</hi> quod<lb/>
cerneret oculus; quod <hirendition="#g">non habemus in usu carnem<lb/>
crudam comedere et sanguinem bibere</hi>… Et etiam<lb/>
ideo ne ab <hirendition="#g">incredulis religioni christianae insul-<lb/>
taretur</hi>. Unde <hirendition="#g">Augustinus</hi>: Nihil rationabilius, quam<lb/></hi></p></div></div></body></text></TEI>
[448/0466]
blutigen Menſchenopfer dramatiſiren nur dieſen Begriff. „Durch
den Glauben opferte Abraham den Iſaak.“ Hebräer 11, 17.
Quanto major Abraham, qui unicum filium voluntate
jugulavit … Jepte obtulit virginem filiam et idcirco
in enumeratione sanctorum ab Apostolo ponitur. Hie-
ronymus (Epist. Juliano). Ueber die Menſchenopfer in der
jüdiſchen Religion ſiehe W. Vatke: die Religion des A. Te-
ſtaments I. Th. p. 275—78. u. Daumer: „Tabu, Moloch
und Sabbath.“ Auch in der chriſtlichen Religion iſt es nur
das Blut, die Negation des Menſchenſohnes, wodurch der
Zorn Gottes geſtillt, Gott mit dem Menſchen verſöhnt wird.
Darum mußte ein reiner, ſchuldloſer Menſch als Opfer fallen.
Solches Blut nur iſt koſtbar, ſolches nur hat verſöhnende
Kraft. Und dieſes am Kreuze zur Beſänftigung des göttlichen
Zorns vergoßne Blut genießen die Chriſten im Abendmahl
zur Beſtärkung und Beſiegelung ihres Glaubens. Aber warum
denn das Blut in der Geſtalt des Weins, das Fleiſch unter
der Geſtalt des Brotes? Damit es nicht den Schein hat,
als äßen die Chriſten wirklich Menſchenfleiſch, als tränken ſie
wirklich Menſchenblut, damit nicht der natürliche Menſch, d. i.
der homo verus beim Anblick von wirklichem Menſchenfleiſch
und Blute vor den Myſterien des chriſtlichen Glaubens zurück-
ſchaudert. Etenim ne humana infirmitas esum carnis et
potum sanguinis in sumptione horreret, Christus velari
et palliari illa duo voluit speciebus panis et vini.
Bernard (edit. cit. p. 189—191). Sub alia autem specie
tribus de causis carnem et sanguinem tradit Christus et
deinceps sumendum instituit. Ut fides scil. haberet me-
ritum, quae est de his quae non videntur, quod fides
non habet meritum, ubi humana ratio praebet experi-
mentum. Et ideo etiam ne abhorreret animus quod
cerneret oculus; quod non habemus in usu carnem
crudam comedere et sanguinem bibere … Et etiam
ideo ne ab incredulis religioni christianae insul-
taretur. Unde Augustinus: Nihil rationabilius, quam
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/466>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.