Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Zwar dürfte die Weissagung eines neuen
Lebens in solchen Formen, der Zeit sonderbar
dünken, und es dürfte diese kaum den Muth
haben, diese Verheißung sich zuzueignen; wenn
sie lediglich auf den ungeheuren Abstand ih¬
rer herrschenden Meinungen über die so eben
zur Sprache gebrachten Gegenstände von
dem, was als Grundsätze der neuen Zeit
ausgesprochen worden, sehen sollte. Ich will
von der Bildung, welche, jedoch als ein nicht
gemein zu machendes Vorrecht, bisher in der
Regel nur die höhern Stände erhielten, die
von einer übersinnlichen Welt ganz schwieg,
und lediglich einige Geschicklichkeit für die
Geschäfte der sinnlichen zu bewirken strebte,
als von der offenbar schlechteren, nicht reden;
sondern nur auf diejenige sehen, welche
Volks-Bildung war, und, in einem gewissen
sehr beschränkten Sinne auch National-Erzie¬
hung genannt werden könnte, die über eine
übersinnliche Welt nicht durchaus Stillschwei¬
gen beobachtete. Welches waren die Lehren
dieser Erziehung? Wenn wir, als allererste
Voraussetzung der neuen Erziehung aufstel¬

Zwar duͤrfte die Weiſſagung eines neuen
Lebens in ſolchen Formen, der Zeit ſonderbar
duͤnken, und es duͤrfte dieſe kaum den Muth
haben, dieſe Verheißung ſich zuzueignen; wenn
ſie lediglich auf den ungeheuren Abſtand ih¬
rer herrſchenden Meinungen uͤber die ſo eben
zur Sprache gebrachten Gegenſtaͤnde von
dem, was als Grundſaͤtze der neuen Zeit
ausgeſprochen worden, ſehen ſollte. Ich will
von der Bildung, welche, jedoch als ein nicht
gemein zu machendes Vorrecht, bisher in der
Regel nur die hoͤhern Staͤnde erhielten, die
von einer uͤberſinnlichen Welt ganz ſchwieg,
und lediglich einige Geſchicklichkeit fuͤr die
Geſchaͤfte der ſinnlichen zu bewirken ſtrebte,
als von der offenbar ſchlechteren, nicht reden;
ſondern nur auf diejenige ſehen, welche
Volks-Bildung war, und, in einem gewiſſen
ſehr beſchraͤnkten Sinne auch National-Erzie¬
hung genannt werden koͤnnte, die uͤber eine
uͤberſinnliche Welt nicht durchaus Stillſchwei¬
gen beobachtete. Welches waren die Lehren
dieſer Erziehung? Wenn wir, als allererſte
Vorausſetzung der neuen Erziehung aufſtel¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0110" n="104"/>
        <p>Zwar du&#x0364;rfte die Wei&#x017F;&#x017F;agung eines neuen<lb/>
Lebens in &#x017F;olchen Formen, der Zeit &#x017F;onderbar<lb/>
du&#x0364;nken, und es du&#x0364;rfte die&#x017F;e kaum den Muth<lb/>
haben, die&#x017F;e Verheißung &#x017F;ich zuzueignen; wenn<lb/>
&#x017F;ie lediglich auf den ungeheuren Ab&#x017F;tand ih¬<lb/>
rer herr&#x017F;chenden Meinungen u&#x0364;ber die &#x017F;o eben<lb/>
zur Sprache gebrachten Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde von<lb/>
dem, was als Grund&#x017F;a&#x0364;tze der neuen Zeit<lb/>
ausge&#x017F;prochen worden, &#x017F;ehen &#x017F;ollte. Ich will<lb/>
von der Bildung, welche, jedoch als ein nicht<lb/>
gemein zu machendes Vorrecht, bisher in der<lb/>
Regel nur die ho&#x0364;hern Sta&#x0364;nde erhielten, die<lb/>
von einer u&#x0364;ber&#x017F;innlichen Welt ganz &#x017F;chwieg,<lb/>
und lediglich einige Ge&#x017F;chicklichkeit fu&#x0364;r die<lb/>
Ge&#x017F;cha&#x0364;fte der &#x017F;innlichen zu bewirken &#x017F;trebte,<lb/>
als von der offenbar &#x017F;chlechteren, nicht reden;<lb/>
&#x017F;ondern nur auf diejenige &#x017F;ehen, welche<lb/>
Volks-Bildung war, und, in einem gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ehr be&#x017F;chra&#x0364;nkten Sinne auch National-Erzie¬<lb/>
hung genannt werden ko&#x0364;nnte, die u&#x0364;ber eine<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;innliche Welt nicht durchaus Still&#x017F;chwei¬<lb/>
gen beobachtete. Welches waren die Lehren<lb/>
die&#x017F;er Erziehung? Wenn wir, als allerer&#x017F;te<lb/>
Voraus&#x017F;etzung der neuen Erziehung auf&#x017F;tel¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0110] Zwar duͤrfte die Weiſſagung eines neuen Lebens in ſolchen Formen, der Zeit ſonderbar duͤnken, und es duͤrfte dieſe kaum den Muth haben, dieſe Verheißung ſich zuzueignen; wenn ſie lediglich auf den ungeheuren Abſtand ih¬ rer herrſchenden Meinungen uͤber die ſo eben zur Sprache gebrachten Gegenſtaͤnde von dem, was als Grundſaͤtze der neuen Zeit ausgeſprochen worden, ſehen ſollte. Ich will von der Bildung, welche, jedoch als ein nicht gemein zu machendes Vorrecht, bisher in der Regel nur die hoͤhern Staͤnde erhielten, die von einer uͤberſinnlichen Welt ganz ſchwieg, und lediglich einige Geſchicklichkeit fuͤr die Geſchaͤfte der ſinnlichen zu bewirken ſtrebte, als von der offenbar ſchlechteren, nicht reden; ſondern nur auf diejenige ſehen, welche Volks-Bildung war, und, in einem gewiſſen ſehr beſchraͤnkten Sinne auch National-Erzie¬ hung genannt werden koͤnnte, die uͤber eine uͤberſinnliche Welt nicht durchaus Stillſchwei¬ gen beobachtete. Welches waren die Lehren dieſer Erziehung? Wenn wir, als allererſte Vorausſetzung der neuen Erziehung aufſtel¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/110
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/110>, abgerufen am 21.11.2024.