so wie ihre Blüthe durch die Habsucht und Herrsucht der Fürsten zerstört, und ihre Frei¬ heit zertreten wird, sinkt das Ganze allmäh¬ lich immer tiefer herab, und geht entge¬ gen dem gegenwärtigen Zustande; wie aber Deutschland herabsinkt, sieht man das übrige Europa eben also sinken, in Rüksicht dessen, was das Wesen betrifft, und nicht den blo¬ ßen äußern Schein.
Der entscheidende Einfluß dieses in der That herrschenden Standes auf die Entwik¬ lung der deutschen Reichsverfassung, auf die Kirchen-Verbesserung, und auf alles, was je¬ mals die deutsche Nation bezeichnete, und von ihr ausgieng in das Ausland, ist al¬ lenthalben unverkennbar, und es läßt sich nachweisen, daß alles, was noch jezt ehrwür¬ diges ist unter den Deutschen, in seiner Mitte entstanden ist.
Und mit welchem Geiste brachte hervor, und genoß dieser Deutsche Stand diese Blü¬ the? Mit dem Geiste der Frömmigkeit, der Ehrbarkeit, der Bescheidenheit, des Gemein¬
ſo wie ihre Bluͤthe durch die Habſucht und Herrſucht der Fuͤrſten zerſtoͤrt, und ihre Frei¬ heit zertreten wird, ſinkt das Ganze allmaͤh¬ lich immer tiefer herab, und geht entge¬ gen dem gegenwaͤrtigen Zuſtande; wie aber Deutſchland herabſinkt, ſieht man das uͤbrige Europa eben alſo ſinken, in Ruͤkſicht deſſen, was das Weſen betrifft, und nicht den blo¬ ßen aͤußern Schein.
Der entſcheidende Einfluß dieſes in der That herrſchenden Standes auf die Entwik¬ lung der deutſchen Reichsverfaſſung, auf die Kirchen-Verbeſſerung, und auf alles, was je¬ mals die deutſche Nation bezeichnete, und von ihr ausgieng in das Ausland, iſt al¬ lenthalben unverkennbar, und es laͤßt ſich nachweiſen, daß alles, was noch jezt ehrwuͤr¬ diges iſt unter den Deutſchen, in ſeiner Mitte entſtanden iſt.
Und mit welchem Geiſte brachte hervor, und genoß dieſer Deutſche Stand dieſe Bluͤ¬ the? Mit dem Geiſte der Froͤmmigkeit, der Ehrbarkeit, der Beſcheidenheit, des Gemein¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0209"n="203"/>ſo wie ihre Bluͤthe durch die Habſucht und<lb/>
Herrſucht der Fuͤrſten zerſtoͤrt, und ihre Frei¬<lb/>
heit zertreten wird, ſinkt das Ganze allmaͤh¬<lb/>
lich immer tiefer herab, und geht entge¬<lb/>
gen dem gegenwaͤrtigen Zuſtande; wie aber<lb/>
Deutſchland herabſinkt, ſieht man das uͤbrige<lb/>
Europa eben alſo ſinken, in Ruͤkſicht deſſen,<lb/>
was das Weſen betrifft, und nicht den blo¬<lb/>
ßen aͤußern Schein.</p><lb/><p>Der entſcheidende Einfluß dieſes in der<lb/>
That herrſchenden Standes auf die Entwik¬<lb/>
lung der deutſchen Reichsverfaſſung, auf die<lb/>
Kirchen-Verbeſſerung, und auf alles, was je¬<lb/>
mals die deutſche Nation bezeichnete, und<lb/>
von ihr ausgieng in das Ausland, iſt al¬<lb/>
lenthalben unverkennbar, und es laͤßt ſich<lb/>
nachweiſen, daß alles, was noch jezt ehrwuͤr¬<lb/>
diges iſt unter den Deutſchen, in ſeiner Mitte<lb/>
entſtanden iſt.</p><lb/><p>Und mit welchem Geiſte brachte hervor,<lb/>
und genoß dieſer Deutſche Stand dieſe Bluͤ¬<lb/>
the? Mit dem Geiſte der Froͤmmigkeit, der<lb/>
Ehrbarkeit, der Beſcheidenheit, des Gemein¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[203/0209]
ſo wie ihre Bluͤthe durch die Habſucht und
Herrſucht der Fuͤrſten zerſtoͤrt, und ihre Frei¬
heit zertreten wird, ſinkt das Ganze allmaͤh¬
lich immer tiefer herab, und geht entge¬
gen dem gegenwaͤrtigen Zuſtande; wie aber
Deutſchland herabſinkt, ſieht man das uͤbrige
Europa eben alſo ſinken, in Ruͤkſicht deſſen,
was das Weſen betrifft, und nicht den blo¬
ßen aͤußern Schein.
Der entſcheidende Einfluß dieſes in der
That herrſchenden Standes auf die Entwik¬
lung der deutſchen Reichsverfaſſung, auf die
Kirchen-Verbeſſerung, und auf alles, was je¬
mals die deutſche Nation bezeichnete, und
von ihr ausgieng in das Ausland, iſt al¬
lenthalben unverkennbar, und es laͤßt ſich
nachweiſen, daß alles, was noch jezt ehrwuͤr¬
diges iſt unter den Deutſchen, in ſeiner Mitte
entſtanden iſt.
Und mit welchem Geiſte brachte hervor,
und genoß dieſer Deutſche Stand dieſe Bluͤ¬
the? Mit dem Geiſte der Froͤmmigkeit, der
Ehrbarkeit, der Beſcheidenheit, des Gemein¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/209>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.