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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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unsere Vorfahren thaten, in das Gedächtniß
zn fassen, sondern denselben auch selbstdenkend
und philosophirend zu bearbeiten. In Absicht
des Bestrebens überhaupt hat die Zeit recht;
wenn sie aber, wie dies zu erwarten ist, in der
Ausführung dieses Philosophirens von der tod¬
gläubigen Philosophie des Auslandes ausgeht,
wird sie unrecht haben. Wir wollen hier nur
auf die unserm ganzen Vorhaben am nächsten
liegenden Wissenschaften einen Blick werfen,
und die in ihnen verbreiteten ausländischen
Begriffe und Ansichten aufsuchen.

Daß die Errichtung und Regierung der
Staaten als eine freie Kunst angesehen werde,
die ihre festen Regeln habe, darin hat ohne
Zweifel das Ausland, es selbst nach dem Mu¬
ster des Alterthums, uns zum Vorgänger ge¬
dient. Worein wird nun ein solches Ausland,
das schon an dem Elemente seines Denkens
und Wollens, seiner Sprache, einen festen ge¬
schlossenen, und todten Träger hat, und alle,
die ihm hierin folgen, diese Staatskunst setzen?
Ohne Zweifel in die Kunst, eine, gleichfalls feste
und todte Ordnung der Dinge, zu finden, aus
welchem Tode das lebendige Regen der Gesell¬

unſere Vorfahren thaten, in das Gedaͤchtniß
zn faſſen, ſondern denſelben auch ſelbſtdenkend
und philoſophirend zu bearbeiten. In Abſicht
des Beſtrebens uͤberhaupt hat die Zeit recht;
wenn ſie aber, wie dies zu erwarten iſt, in der
Ausfuͤhrung dieſes Philoſophirens von der tod¬
glaͤubigen Philoſophie des Auslandes ausgeht,
wird ſie unrecht haben. Wir wollen hier nur
auf die unſerm ganzen Vorhaben am naͤchſten
liegenden Wiſſenſchaften einen Blick werfen,
und die in ihnen verbreiteten auslaͤndiſchen
Begriffe und Anſichten aufſuchen.

Daß die Errichtung und Regierung der
Staaten als eine freie Kunſt angeſehen werde,
die ihre feſten Regeln habe, darin hat ohne
Zweifel das Ausland, es ſelbſt nach dem Mu¬
ſter des Alterthums, uns zum Vorgaͤnger ge¬
dient. Worein wird nun ein ſolches Ausland,
das ſchon an dem Elemente ſeines Denkens
und Wollens, ſeiner Sprache, einen feſten ge¬
ſchloſſenen, und todten Traͤger hat, und alle,
die ihm hierin folgen, dieſe Staatskunſt ſetzen?
Ohne Zweifel in die Kunſt, eine, gleichfalls feſte
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[215/0221] unſere Vorfahren thaten, in das Gedaͤchtniß zn faſſen, ſondern denſelben auch ſelbſtdenkend und philoſophirend zu bearbeiten. In Abſicht des Beſtrebens uͤberhaupt hat die Zeit recht; wenn ſie aber, wie dies zu erwarten iſt, in der Ausfuͤhrung dieſes Philoſophirens von der tod¬ glaͤubigen Philoſophie des Auslandes ausgeht, wird ſie unrecht haben. Wir wollen hier nur auf die unſerm ganzen Vorhaben am naͤchſten liegenden Wiſſenſchaften einen Blick werfen, und die in ihnen verbreiteten auslaͤndiſchen Begriffe und Anſichten aufſuchen. Daß die Errichtung und Regierung der Staaten als eine freie Kunſt angeſehen werde, die ihre feſten Regeln habe, darin hat ohne Zweifel das Ausland, es ſelbſt nach dem Mu¬ ſter des Alterthums, uns zum Vorgaͤnger ge¬ dient. Worein wird nun ein ſolches Ausland, das ſchon an dem Elemente ſeines Denkens und Wollens, ſeiner Sprache, einen feſten ge¬ ſchloſſenen, und todten Traͤger hat, und alle, die ihm hierin folgen, dieſe Staatskunſt ſetzen? Ohne Zweifel in die Kunſt, eine, gleichfalls feſte und todte Ordnung der Dinge, zu finden, aus welchem Tode das lebendige Regen der Geſell¬

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/221>, abgerufen am 21.11.2024.