als Gegenwart bezeichnete, dasselbe als ver¬ gangen anzuerkennen, nachdem es aufgehört hat, die Gegenwart zu seyn.
Was seine Selbstständigkeit verloren hat, hat zugleich verloren das Vermögen einzugrei¬ fen in den Zeitfluß, und den Inhalt desselben frei zu bestimmen; es wird ihm, wenn es in diesem Zustande verharret, seine Zeit, und es selber mit dieser seiner Zeit, abgewickelt durch die fremde Gewalt, die über sein Schiksal ge¬ bietet; es hat von nun an gar keine eigne Zeit mehr, sondern zählt seine Jahre nach den Be¬ gebenheiten und Abschnitten fremder Völker¬ schaften und Reiche. Es könnte sich erheben aus diesem Zustande, in welchem die ganze bisherige Welt seinem selbstthätigen Eingreifen entrückt ist, und in dieser ihm nur der Ruhm des Gehorchens übrig bleibt, lediglich unter der Bedingung, daß ihm eine neue Welt auf¬ ginge, mit deren Erschaffung es einen neuen und ihm eigenen Abschnitt in der Zeit begönne, und mit ihrer Fortbildung ihn ausfüllte; doch müßte, da es einmal unterworfen ist fremder Gewalt, diese neue Welt also beschaffen seyn,
B
als Gegenwart bezeichnete, daſſelbe als ver¬ gangen anzuerkennen, nachdem es aufgehoͤrt hat, die Gegenwart zu ſeyn.
Was ſeine Selbſtſtaͤndigkeit verloren hat, hat zugleich verloren das Vermoͤgen einzugrei¬ fen in den Zeitfluß, und den Inhalt deſſelben frei zu beſtimmen; es wird ihm, wenn es in dieſem Zuſtande verharret, ſeine Zeit, und es ſelber mit dieſer ſeiner Zeit, abgewickelt durch die fremde Gewalt, die uͤber ſein Schikſal ge¬ bietet; es hat von nun an gar keine eigne Zeit mehr, ſondern zaͤhlt ſeine Jahre nach den Be¬ gebenheiten und Abſchnitten fremder Voͤlker¬ ſchaften und Reiche. Es koͤnnte ſich erheben aus dieſem Zuſtande, in welchem die ganze bisherige Welt ſeinem ſelbſtthaͤtigen Eingreifen entruͤckt iſt, und in dieſer ihm nur der Ruhm des Gehorchens uͤbrig bleibt, lediglich unter der Bedingung, daß ihm eine neue Welt auf¬ ginge, mit deren Erſchaffung es einen neuen und ihm eigenen Abſchnitt in der Zeit begoͤnne, und mit ihrer Fortbildung ihn ausfuͤllte; doch muͤßte, da es einmal unterworfen iſt fremder Gewalt, dieſe neue Welt alſo beſchaffen ſeyn,
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[17/0023]
als Gegenwart bezeichnete, daſſelbe als ver¬
gangen anzuerkennen, nachdem es aufgehoͤrt
hat, die Gegenwart zu ſeyn.
Was ſeine Selbſtſtaͤndigkeit verloren hat,
hat zugleich verloren das Vermoͤgen einzugrei¬
fen in den Zeitfluß, und den Inhalt deſſelben
frei zu beſtimmen; es wird ihm, wenn es in
dieſem Zuſtande verharret, ſeine Zeit, und es
ſelber mit dieſer ſeiner Zeit, abgewickelt durch
die fremde Gewalt, die uͤber ſein Schikſal ge¬
bietet; es hat von nun an gar keine eigne Zeit
mehr, ſondern zaͤhlt ſeine Jahre nach den Be¬
gebenheiten und Abſchnitten fremder Voͤlker¬
ſchaften und Reiche. Es koͤnnte ſich erheben
aus dieſem Zuſtande, in welchem die ganze
bisherige Welt ſeinem ſelbſtthaͤtigen Eingreifen
entruͤckt iſt, und in dieſer ihm nur der Ruhm
des Gehorchens uͤbrig bleibt, lediglich unter
der Bedingung, daß ihm eine neue Welt auf¬
ginge, mit deren Erſchaffung es einen neuen
und ihm eigenen Abſchnitt in der Zeit begoͤnne,
und mit ihrer Fortbildung ihn ausfuͤllte; doch
muͤßte, da es einmal unterworfen iſt fremder
Gewalt, dieſe neue Welt alſo beſchaffen ſeyn,
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/23>, abgerufen am 21.11.2024.
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