Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Ausländerei genannt. Diese Ausländerei wird
somit, wenn sie einmal unter den Deutschen ist,
sich auch im wirklichen Leben derselben zeigen,
als ruhige Ergebung in die nun einmal unab¬
änderliche Nothwendigkeit ihres Seyns, als
Aufgeben aller Verbesserung unsrer selbst oder
andrer durch Freiheit, als Geneigtheit sich selbst,
und alle, so zu verbrauchen, wie sie sind, und
aus ihrem Seyn den möglichst größten Vortheil
für uns selbst zu ziehen; kurz, als das in allen
Lebensregungen immerfort sich abspiegelnde Be¬
kenntniß des Glaubens an die allgemeine und
gleichmäßige Sündhaftigkeit aller, den ich an
einem andern Orte hinlänglich geschildert habe, *)
welche Schilderung selbst nachzulesen, auch zu
beurtheilen, in wiefern dieselbe auf die Gegen¬
wart passe, ich Ihnen überlasse. Diese Denk-
und Handelsweise entsteht der inwendigen Er¬
storbenheit, wie oft erinnert worden, nur da¬
durch, daß sie über sich selbst klar wird, dage¬
gen sie, so lange sie im Dunkeln bleibt, den
Glauben an Freiheit, der an sich wahr, und
nur in Anwendung auf ihr dermaliges Seyn

*) M. s. die Anweisung zum seeligen Leben;
11te Vorlesung.

Auslaͤnderei genannt. Dieſe Auslaͤnderei wird
ſomit, wenn ſie einmal unter den Deutſchen iſt,
ſich auch im wirklichen Leben derſelben zeigen,
als ruhige Ergebung in die nun einmal unab¬
aͤnderliche Nothwendigkeit ihres Seyns, als
Aufgeben aller Verbeſſerung unſrer ſelbſt oder
andrer durch Freiheit, als Geneigtheit ſich ſelbſt,
und alle, ſo zu verbrauchen, wie ſie ſind, und
aus ihrem Seyn den moͤglichſt groͤßten Vortheil
fuͤr uns ſelbſt zu ziehen; kurz, als das in allen
Lebensregungen immerfort ſich abſpiegelnde Be¬
kenntniß des Glaubens an die allgemeine und
gleichmaͤßige Suͤndhaftigkeit aller, den ich an
einem andern Orte hinlaͤnglich geſchildert habe, *)
welche Schilderung ſelbſt nachzuleſen, auch zu
beurtheilen, in wiefern dieſelbe auf die Gegen¬
wart paſſe, ich Ihnen uͤberlaſſe. Dieſe Denk-
und Handelsweiſe entſteht der inwendigen Er¬
ſtorbenheit, wie oft erinnert worden, nur da¬
durch, daß ſie uͤber ſich ſelbſt klar wird, dage¬
gen ſie, ſo lange ſie im Dunkeln bleibt, den
Glauben an Freiheit, der an ſich wahr, und
nur in Anwendung auf ihr dermaliges Seyn

*) M. ſ. die Anweiſung zum ſeeligen Leben;
11te Vorleſung.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0241" n="235"/>
Ausla&#x0364;nderei genannt. Die&#x017F;e Ausla&#x0364;nderei wird<lb/>
&#x017F;omit, wenn &#x017F;ie einmal unter den Deut&#x017F;chen i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;ich auch im wirklichen Leben der&#x017F;elben zeigen,<lb/>
als ruhige Ergebung in die nun einmal unab¬<lb/>
a&#x0364;nderliche Nothwendigkeit ihres Seyns, als<lb/>
Aufgeben aller Verbe&#x017F;&#x017F;erung un&#x017F;rer &#x017F;elb&#x017F;t oder<lb/>
andrer durch Freiheit, als Geneigtheit &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
und alle, &#x017F;o zu verbrauchen, wie &#x017F;ie &#x017F;ind, und<lb/>
aus ihrem Seyn den mo&#x0364;glich&#x017F;t gro&#x0364;ßten Vortheil<lb/>
fu&#x0364;r uns &#x017F;elb&#x017F;t zu ziehen; kurz, als das in allen<lb/>
Lebensregungen immerfort &#x017F;ich ab&#x017F;piegelnde Be¬<lb/>
kenntniß des Glaubens an die allgemeine und<lb/>
gleichma&#x0364;ßige Su&#x0364;ndhaftigkeit aller, den ich an<lb/>
einem andern Orte hinla&#x0364;nglich ge&#x017F;childert habe, <note place="foot" n="*)">M. &#x017F;. die Anwei&#x017F;ung zum &#x017F;eeligen Leben;<lb/>
11te Vorle&#x017F;ung.<lb/></note><lb/>
welche Schilderung &#x017F;elb&#x017F;t nachzule&#x017F;en, auch zu<lb/>
beurtheilen, in wiefern die&#x017F;elbe auf die Gegen¬<lb/>
wart pa&#x017F;&#x017F;e, ich Ihnen u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e. Die&#x017F;e Denk-<lb/>
und Handelswei&#x017F;e ent&#x017F;teht der inwendigen Er¬<lb/>
&#x017F;torbenheit, wie oft erinnert worden, nur da¬<lb/>
durch, daß &#x017F;ie u&#x0364;ber &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t klar wird, dage¬<lb/>
gen &#x017F;ie, &#x017F;o lange &#x017F;ie im Dunkeln bleibt, den<lb/>
Glauben an Freiheit, der an &#x017F;ich wahr, und<lb/>
nur in Anwendung auf ihr dermaliges Seyn<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0241] Auslaͤnderei genannt. Dieſe Auslaͤnderei wird ſomit, wenn ſie einmal unter den Deutſchen iſt, ſich auch im wirklichen Leben derſelben zeigen, als ruhige Ergebung in die nun einmal unab¬ aͤnderliche Nothwendigkeit ihres Seyns, als Aufgeben aller Verbeſſerung unſrer ſelbſt oder andrer durch Freiheit, als Geneigtheit ſich ſelbſt, und alle, ſo zu verbrauchen, wie ſie ſind, und aus ihrem Seyn den moͤglichſt groͤßten Vortheil fuͤr uns ſelbſt zu ziehen; kurz, als das in allen Lebensregungen immerfort ſich abſpiegelnde Be¬ kenntniß des Glaubens an die allgemeine und gleichmaͤßige Suͤndhaftigkeit aller, den ich an einem andern Orte hinlaͤnglich geſchildert habe, *) welche Schilderung ſelbſt nachzuleſen, auch zu beurtheilen, in wiefern dieſelbe auf die Gegen¬ wart paſſe, ich Ihnen uͤberlaſſe. Dieſe Denk- und Handelsweiſe entſteht der inwendigen Er¬ ſtorbenheit, wie oft erinnert worden, nur da¬ durch, daß ſie uͤber ſich ſelbſt klar wird, dage¬ gen ſie, ſo lange ſie im Dunkeln bleibt, den Glauben an Freiheit, der an ſich wahr, und nur in Anwendung auf ihr dermaliges Seyn *) M. ſ. die Anweiſung zum ſeeligen Leben; 11te Vorleſung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/241
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/241>, abgerufen am 21.11.2024.