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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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Wahn ist, beibehält. Es erhellet hier deutlich
der Nachtheil der Klarheit bei innerer Schlech¬
tigkeit. So lange diese Schlechtigkeit dunkel
bleibt, wird sie durch die fortdauernde Anfor¬
derung an Freiheit immerfort beunruhigt, ge¬
stachelt, und getrieben, und bietet den Versu¬
chen sie zu verbessern, einen Angriffspunkt dar.
Die Klarheit aber vollendet sie, und rundet sie
in sich selbst ab; sie fügt ihr die freudige Erge¬
bung, die Ruhe eines guten Gewissens, das
Wohlgefallen an sich selber hinzu; es geschieht
ihnen, wie sie glauben, sie sind von nun an in
der That unverbesserlich, und höchstens, um bei
den Besseren den unbarmherzigen Abscheu gegen
das Schlechte, oder die Ergebung in den Willen
Gottes rege zu erhalten, und außerdem zu
keinem Dinge in der Welt nütze.

Und so trete denn endlich in seiner vollen¬
deten Klarheit heraus, was wir in unsrer bis¬
herigen Schilderung unter Deutschen verstan¬
den haben. Der eigentliche Unterscheidungs¬
grund liegt darin, ob man an ein absolut erstes
und ursprüngliches im Menschen selber, an
Freiheit, an unendliche Verbesserlichkeit, an
ewiges Fortschreiten unsers Geschlechts glaube,
oder ob man an alles dieses nicht glaube, ja
wohl deutlich einzusehen, und zu begreifen ver¬

Wahn iſt, beibehaͤlt. Es erhellet hier deutlich
der Nachtheil der Klarheit bei innerer Schlech¬
tigkeit. So lange dieſe Schlechtigkeit dunkel
bleibt, wird ſie durch die fortdauernde Anfor¬
derung an Freiheit immerfort beunruhigt, ge¬
ſtachelt, und getrieben, und bietet den Verſu¬
chen ſie zu verbeſſern, einen Angriffspunkt dar.
Die Klarheit aber vollendet ſie, und rundet ſie
in ſich ſelbſt ab; ſie fuͤgt ihr die freudige Erge¬
bung, die Ruhe eines guten Gewiſſens, das
Wohlgefallen an ſich ſelber hinzu; es geſchieht
ihnen, wie ſie glauben, ſie ſind von nun an in
der That unverbeſſerlich, und hoͤchſtens, um bei
den Beſſeren den unbarmherzigen Abſcheu gegen
das Schlechte, oder die Ergebung in den Willen
Gottes rege zu erhalten, und außerdem zu
keinem Dinge in der Welt nuͤtze.

Und ſo trete denn endlich in ſeiner vollen¬
deten Klarheit heraus, was wir in unſrer bis¬
herigen Schilderung unter Deutſchen verſtan¬
den haben. Der eigentliche Unterſcheidungs¬
grund liegt darin, ob man an ein abſolut erſtes
und urſpruͤngliches im Menſchen ſelber, an
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[236/0242] Wahn iſt, beibehaͤlt. Es erhellet hier deutlich der Nachtheil der Klarheit bei innerer Schlech¬ tigkeit. So lange dieſe Schlechtigkeit dunkel bleibt, wird ſie durch die fortdauernde Anfor¬ derung an Freiheit immerfort beunruhigt, ge¬ ſtachelt, und getrieben, und bietet den Verſu¬ chen ſie zu verbeſſern, einen Angriffspunkt dar. Die Klarheit aber vollendet ſie, und rundet ſie in ſich ſelbſt ab; ſie fuͤgt ihr die freudige Erge¬ bung, die Ruhe eines guten Gewiſſens, das Wohlgefallen an ſich ſelber hinzu; es geſchieht ihnen, wie ſie glauben, ſie ſind von nun an in der That unverbeſſerlich, und hoͤchſtens, um bei den Beſſeren den unbarmherzigen Abſcheu gegen das Schlechte, oder die Ergebung in den Willen Gottes rege zu erhalten, und außerdem zu keinem Dinge in der Welt nuͤtze. Und ſo trete denn endlich in ſeiner vollen¬ deten Klarheit heraus, was wir in unſrer bis¬ herigen Schilderung unter Deutſchen verſtan¬ den haben. Der eigentliche Unterſcheidungs¬ grund liegt darin, ob man an ein abſolut erſtes und urſpruͤngliches im Menſchen ſelber, an Freiheit, an unendliche Verbeſſerlichkeit, an ewiges Fortſchreiten unſers Geſchlechts glaube, oder ob man an alles dieſes nicht glaube, ja wohl deutlich einzuſehen, und zu begreifen ver¬

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/242>, abgerufen am 21.11.2024.