entscheiden würde. Wo die gesammte Natio¬ nal-Angelegenheit der Deutschen bisher ihren Sitz hatte, und dargestellt wurde, am Ruder des Staats, da wäre sie verwiesen. Soll sie nun hiemit nicht ganz ausgetilgt seyn von der Erde, so muß ihr ein anderer Zufluchtsort be¬ reitet werden, und zwar in dem, was allein übrig bleibt, bei den Regierten, in den Bür¬ gern. Wäre sie aber bei diesen, und ihrer Mehr¬ heit schon, so wären wir in den Fall, über wel¬ chen wir uns dermals berathschlagen, gar nicht gekommen; sie ist daher nicht bei ihnen, und muß erst in sie hineingebracht werden: das heißt mit andern Worten, die Mehrheit der Bürger muß zu diesem vaterländischen Sinne erzogen werden, und, damit man der Mehr¬ heit sicher sey, diese Erziehung muß an der All¬ heit versucht werden. Und so ist denn zugleich, unumwunden und klar, der gleichfalls ehemals versprochene Beweiß geführt worden, daß es schlechthin nur die Erziehung, und kein ande¬ res mögliches Mittel sey, das die deutsche Selbstständigkeit zu retten vermöge; und es wäre ohne Zweifel nicht unsre Schuld, wenn
entſcheiden wuͤrde. Wo die geſammte Natio¬ nal-Angelegenheit der Deutſchen bisher ihren Sitz hatte, und dargeſtellt wurde, am Ruder des Staats, da waͤre ſie verwieſen. Soll ſie nun hiemit nicht ganz ausgetilgt ſeyn von der Erde, ſo muß ihr ein anderer Zufluchtsort be¬ reitet werden, und zwar in dem, was allein uͤbrig bleibt, bei den Regierten, in den Buͤr¬ gern. Waͤre ſie aber bei dieſen, und ihrer Mehr¬ heit ſchon, ſo waͤren wir in den Fall, uͤber wel¬ chen wir uns dermals berathſchlagen, gar nicht gekommen; ſie iſt daher nicht bei ihnen, und muß erſt in ſie hineingebracht werden: das heißt mit andern Worten, die Mehrheit der Buͤrger muß zu dieſem vaterlaͤndiſchen Sinne erzogen werden, und, damit man der Mehr¬ heit ſicher ſey, dieſe Erziehung muß an der All¬ heit verſucht werden. Und ſo iſt denn zugleich, unumwunden und klar, der gleichfalls ehemals verſprochene Beweiß gefuͤhrt worden, daß es ſchlechthin nur die Erziehung, und kein ande¬ res moͤgliches Mittel ſey, das die deutſche Selbſtſtaͤndigkeit zu retten vermoͤge; und es waͤre ohne Zweifel nicht unſre Schuld, wenn
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entſcheiden wuͤrde. Wo die geſammte Natio¬
nal-Angelegenheit der Deutſchen bisher ihren
Sitz hatte, und dargeſtellt wurde, am Ruder
des Staats, da waͤre ſie verwieſen. Soll ſie
nun hiemit nicht ganz ausgetilgt ſeyn von der
Erde, ſo muß ihr ein anderer Zufluchtsort be¬
reitet werden, und zwar in dem, was allein
uͤbrig bleibt, bei den Regierten, in den Buͤr¬
gern. Waͤre ſie aber bei dieſen, und ihrer Mehr¬
heit ſchon, ſo waͤren wir in den Fall, uͤber wel¬
chen wir uns dermals berathſchlagen, gar
nicht gekommen; ſie iſt daher nicht bei ihnen,
und muß erſt in ſie hineingebracht werden: das
heißt mit andern Worten, die Mehrheit der
Buͤrger muß zu dieſem vaterlaͤndiſchen Sinne
erzogen werden, und, damit man der Mehr¬
heit ſicher ſey, dieſe Erziehung muß an der All¬
heit verſucht werden. Und ſo iſt denn zugleich,
unumwunden und klar, der gleichfalls ehemals
verſprochene Beweiß gefuͤhrt worden, daß es
ſchlechthin nur die Erziehung, und kein ande¬
res moͤgliches Mittel ſey, das die deutſche
Selbſtſtaͤndigkeit zu retten vermoͤge; und es
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/291>, abgerufen am 22.11.2024.
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