eine französische Phrase, daß er nemlich die Erziehung mechanisiren wolle, ihm über diesen seinen Zwek aus dem Traume geholfen habe. In Absicht des Inhalts ist es der erste Schritt der von mir beschriebenen neuen Erziehung, daß sie die freie Geistesthätigkeit des Zöglings, sein Denken, in welchem späterhin die Welt seiner Liebe ihm aufgehen soll, anrege, und bilde; mit diesem ersten Schritte beschäftigen sich Pestalozzis Schriften vorzüglich, und auf diesen Gegenstand geht unsre Prüfung seines Grundbegriffs zu allererst. In dieser Rüksicht ist nun desselben Tadel des bisherigen Unter¬ richts, daß derselbe den Schüler nur in Nebel und Schatten eingetaucht, und denselben nie¬ mals zur wirklichen Wahrheit und Realität habe gelangen lassen, gleichbedeutend mit dem unsrigen, daß dieser Unterricht nicht vermocht habe, in das Leben einzugreifen, noch die Wur¬ zel desselben zu bilden; und Pestalozzis dage¬ gen vorgeschlagenes Hülfsmittel, den Zögling in die unmittelbare Anschauung einzuführen, ist gleichbedeutend mit dem unsrigen, die Gei¬ stesthätigkeit desselben zum Entwerfen von Bil¬ dern anzuregen, und nur an diesem freien
eine franzoͤſiſche Phraſe, daß er nemlich die Erziehung mechaniſiren wolle, ihm uͤber dieſen ſeinen Zwek aus dem Traume geholfen habe. In Abſicht des Inhalts iſt es der erſte Schritt der von mir beſchriebenen neuen Erziehung, daß ſie die freie Geiſtesthaͤtigkeit des Zoͤglings, ſein Denken, in welchem ſpaͤterhin die Welt ſeiner Liebe ihm aufgehen ſoll, anrege, und bilde; mit dieſem erſten Schritte beſchaͤftigen ſich Peſtalozzis Schriften vorzuͤglich, und auf dieſen Gegenſtand geht unſre Pruͤfung ſeines Grundbegriffs zu allererſt. In dieſer Ruͤkſicht iſt nun deſſelben Tadel des bisherigen Unter¬ richts, daß derſelbe den Schuͤler nur in Nebel und Schatten eingetaucht, und denſelben nie¬ mals zur wirklichen Wahrheit und Realitaͤt habe gelangen laſſen, gleichbedeutend mit dem unſrigen, daß dieſer Unterricht nicht vermocht habe, in das Leben einzugreifen, noch die Wur¬ zel deſſelben zu bilden; und Peſtalozzis dage¬ gen vorgeſchlagenes Huͤlfsmittel, den Zoͤgling in die unmittelbare Anſchauung einzufuͤhren, iſt gleichbedeutend mit dem unſrigen, die Gei¬ ſtesthaͤtigkeit deſſelben zum Entwerfen von Bil¬ dern anzuregen, und nur an dieſem freien
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eine franzoͤſiſche Phraſe, daß er nemlich die
Erziehung mechaniſiren wolle, ihm uͤber dieſen
ſeinen Zwek aus dem Traume geholfen habe.
In Abſicht des Inhalts iſt es der erſte Schritt
der von mir beſchriebenen neuen Erziehung,
daß ſie die freie Geiſtesthaͤtigkeit des Zoͤglings,
ſein Denken, in welchem ſpaͤterhin die Welt
ſeiner Liebe ihm aufgehen ſoll, anrege, und
bilde; mit dieſem erſten Schritte beſchaͤftigen
ſich Peſtalozzis Schriften vorzuͤglich, und auf
dieſen Gegenſtand geht unſre Pruͤfung ſeines
Grundbegriffs zu allererſt. In dieſer Ruͤkſicht
iſt nun deſſelben Tadel des bisherigen Unter¬
richts, daß derſelbe den Schuͤler nur in Nebel
und Schatten eingetaucht, und denſelben nie¬
mals zur wirklichen Wahrheit und Realitaͤt
habe gelangen laſſen, gleichbedeutend mit dem
unſrigen, daß dieſer Unterricht nicht vermocht
habe, in das Leben einzugreifen, noch die Wur¬
zel deſſelben zu bilden; und Peſtalozzis dage¬
gen vorgeſchlagenes Huͤlfsmittel, den Zoͤgling
in die unmittelbare Anſchauung einzufuͤhren,
iſt gleichbedeutend mit dem unſrigen, die Gei¬
ſtesthaͤtigkeit deſſelben zum Entwerfen von Bil¬
dern anzuregen, und nur an dieſem freien
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/302>, abgerufen am 22.11.2024.
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