zu haben scheint, mit einem ganz andern ver¬ tauschte; daß er einsehe, er habe mit seiner bisherigen Ablehnung der Sorge für die ewige Seeligkeit seiner Mitbürger vollkommen recht, indem es für diese Seeligkeit gar keiner beson¬ dern Bildung bedürfe, und eine solche Pflanz¬ schule für den Himmel, wie die Kirche, deren Gewalt zulezt ihm übertragen worden, gar nicht statt finde, aller tüchtigen Bildung nur im Wege stehe, und des Dienstes entlassen werden müße; daß es dagegen gar sehr bedür¬ fe der Bildung für das Leben auf der Erde, und daß aus der gründlichen Erziehung für dieses, sich die für den Himmel, als eine leichte Zugabe, von selbst ergebe. Der Staat scheint bisher, je aufgeklärter er zu seyn meinte, desto fester geglaubt zu haben, daß er, auch ohne alle Religion und Sittlichkeit seiner Bürger, durch die bloße Zwangsanstalt, seinen eigent¬ lichen Zweck erreichen könne, und daß in Ab¬ sicht jener, diese es halten möchten, wie sie könnten. Möchte er aus den neuen Erfahrun¬ gen wenigstens dies gelernt haben, daß er das nicht vermag, und daß er gerade durch den Mangel der Religion und der Sittlichkeit da¬
zu haben ſcheint, mit einem ganz andern ver¬ tauſchte; daß er einſehe, er habe mit ſeiner bisherigen Ablehnung der Sorge fuͤr die ewige Seeligkeit ſeiner Mitbuͤrger vollkommen recht, indem es fuͤr dieſe Seeligkeit gar keiner beſon¬ dern Bildung beduͤrfe, und eine ſolche Pflanz¬ ſchule fuͤr den Himmel, wie die Kirche, deren Gewalt zulezt ihm uͤbertragen worden, gar nicht ſtatt finde, aller tuͤchtigen Bildung nur im Wege ſtehe, und des Dienſtes entlaſſen werden muͤße; daß es dagegen gar ſehr beduͤr¬ fe der Bildung fuͤr das Leben auf der Erde, und daß aus der gruͤndlichen Erziehung fuͤr dieſes, ſich die fuͤr den Himmel, als eine leichte Zugabe, von ſelbſt ergebe. Der Staat ſcheint bisher, je aufgeklaͤrter er zu ſeyn meinte, deſto feſter geglaubt zu haben, daß er, auch ohne alle Religion und Sittlichkeit ſeiner Buͤrger, durch die bloße Zwangsanſtalt, ſeinen eigent¬ lichen Zweck erreichen koͤnne, und daß in Ab¬ ſicht jener, dieſe es halten moͤchten, wie ſie koͤnnten. Moͤchte er aus den neuen Erfahrun¬ gen wenigſtens dies gelernt haben, daß er das nicht vermag, und daß er gerade durch den Mangel der Religion und der Sittlichkeit da¬
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zu haben ſcheint, mit einem ganz andern ver¬
tauſchte; daß er einſehe, er habe mit ſeiner
bisherigen Ablehnung der Sorge fuͤr die ewige
Seeligkeit ſeiner Mitbuͤrger vollkommen recht,
indem es fuͤr dieſe Seeligkeit gar keiner beſon¬
dern Bildung beduͤrfe, und eine ſolche Pflanz¬
ſchule fuͤr den Himmel, wie die Kirche, deren
Gewalt zulezt ihm uͤbertragen worden, gar
nicht ſtatt finde, aller tuͤchtigen Bildung nur
im Wege ſtehe, und des Dienſtes entlaſſen
werden muͤße; daß es dagegen gar ſehr beduͤr¬
fe der Bildung fuͤr das Leben auf der Erde,
und daß aus der gruͤndlichen Erziehung fuͤr
dieſes, ſich die fuͤr den Himmel, als eine leichte
Zugabe, von ſelbſt ergebe. Der Staat ſcheint
bisher, je aufgeklaͤrter er zu ſeyn meinte, deſto
feſter geglaubt zu haben, daß er, auch ohne
alle Religion und Sittlichkeit ſeiner Buͤrger,
durch die bloße Zwangsanſtalt, ſeinen eigent¬
lichen Zweck erreichen koͤnne, und daß in Ab¬
ſicht jener, dieſe es halten moͤchten, wie ſie
koͤnnten. Moͤchte er aus den neuen Erfahrun¬
gen wenigſtens dies gelernt haben, daß er das
nicht vermag, und daß er gerade durch den
Mangel der Religion und der Sittlichkeit da¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/355>, abgerufen am 23.11.2024.
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