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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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ten Zeiten seyn mochten, ihnen mit Ersparung
an ihren anderweitigen Zwecken selbst zuzule¬
gen, hielten sie sich nicht für verbunden, thä¬
tig einzugreifen, und das zweckmäßige neue
an die Stelle des veralteten, und unbrauch¬
baren zu setzen, nicht für berechtigt, und auf
alle Vorschläge dieser Art war die stets fertige
Antwort: hierzu habe der Staat kein Geld.
Wurde ja einmal eine Ausnahme von dieser
Regel gemacht, so geschah es zum Vortheile
der höhern Lehranstalten, die einen Glanz
weit umher verbreiten, und ihren Beförderern
Ruhm bereiten; die Bildung derjenigen Klas¬
se aber, die der eigentliche Boden des Men¬
schengeschlechts ist, aus welcher die höhere
Bildung sich immerfort ergänzt, und auf wel¬
che die leztere fortdauernd zurückwirken muß,
die des Volks, blieb unbeachtet, und befindet
sich, seit der Reformation, bis auf diesen Tag,
im Zustande des steigenden Verfalles.

Sollen wir nun für die Zukunft, und von
Stund an, für unsre Angelegenheit vom Staa¬
te eine bessere Hoffnung faßen können, so wäre
nöthig, daß derselbe den Grundbegriff vom
Zwecke der Erziehung, den er bisher gehabt

ten Zeiten ſeyn mochten, ihnen mit Erſparung
an ihren anderweitigen Zwecken ſelbſt zuzule¬
gen, hielten ſie ſich nicht fuͤr verbunden, thaͤ¬
tig einzugreifen, und das zweckmaͤßige neue
an die Stelle des veralteten, und unbrauch¬
baren zu ſetzen, nicht fuͤr berechtigt, und auf
alle Vorſchlaͤge dieſer Art war die ſtets fertige
Antwort: hierzu habe der Staat kein Geld.
Wurde ja einmal eine Ausnahme von dieſer
Regel gemacht, ſo geſchah es zum Vortheile
der hoͤhern Lehranſtalten, die einen Glanz
weit umher verbreiten, und ihren Befoͤrderern
Ruhm bereiten; die Bildung derjenigen Klaſ¬
ſe aber, die der eigentliche Boden des Men¬
ſchengeſchlechts iſt, aus welcher die hoͤhere
Bildung ſich immerfort ergaͤnzt, und auf wel¬
che die leztere fortdauernd zuruͤckwirken muß,
die des Volks, blieb unbeachtet, und befindet
ſich, ſeit der Reformation, bis auf dieſen Tag,
im Zuſtande des ſteigenden Verfalles.

Sollen wir nun fuͤr die Zukunft, und von
Stund an, fuͤr unſre Angelegenheit vom Staa¬
te eine beſſere Hoffnung faßen koͤnnen, ſo waͤre
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[348/0354] ten Zeiten ſeyn mochten, ihnen mit Erſparung an ihren anderweitigen Zwecken ſelbſt zuzule¬ gen, hielten ſie ſich nicht fuͤr verbunden, thaͤ¬ tig einzugreifen, und das zweckmaͤßige neue an die Stelle des veralteten, und unbrauch¬ baren zu ſetzen, nicht fuͤr berechtigt, und auf alle Vorſchlaͤge dieſer Art war die ſtets fertige Antwort: hierzu habe der Staat kein Geld. Wurde ja einmal eine Ausnahme von dieſer Regel gemacht, ſo geſchah es zum Vortheile der hoͤhern Lehranſtalten, die einen Glanz weit umher verbreiten, und ihren Befoͤrderern Ruhm bereiten; die Bildung derjenigen Klaſ¬ ſe aber, die der eigentliche Boden des Men¬ ſchengeſchlechts iſt, aus welcher die hoͤhere Bildung ſich immerfort ergaͤnzt, und auf wel¬ che die leztere fortdauernd zuruͤckwirken muß, die des Volks, blieb unbeachtet, und befindet ſich, ſeit der Reformation, bis auf dieſen Tag, im Zuſtande des ſteigenden Verfalles. Sollen wir nun fuͤr die Zukunft, und von Stund an, fuͤr unſre Angelegenheit vom Staa¬ te eine beſſere Hoffnung faßen koͤnnen, ſo waͤre noͤthig, daß derſelbe den Grundbegriff vom Zwecke der Erziehung, den er bisher gehabt

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/354>, abgerufen am 23.11.2024.