deutsche Litteratur im wahren Sinne des Wor¬ tes noch haben. Das edelste Vorrecht und das heiligste Amt des Schriftstellers ist dies, seine Nation zu versammlen, und mit ihr über ihre wichtigsten Angelegenheiten zu berathschla¬ gen; ganz besonders aber ist dies von jeher das ausschliessende Amt des Schriftstellers ge¬ wesen in Deutschland, indem dieses in meh¬ rere abgesonderte Staaten zertrennt war, und als gemeinsames Ganzes fast nur durch das Werkzeug des Schriftstellers, durch Sprache und Schrift, zusammen gehalten wurde; am eigentlichsten und dringendsten wird es sein Amt in dieser Zeit, nachdem das lezte äussere Band, das die Deutschen vereinigte, die Reichsverfassung, auch zerrissen ist. Sollte es sich nun etwa zeigen -- wir sprechen hieran nicht etwa aus, was wir wüßten, oder be¬ fürchteten, sondern nur einen möglichen Fall, auf den wir jedoch ebenfalls im voraus Be¬ dacht nehmen müssen -- sollte es sich, sage ich, etwa zeigen, daß schon jetzo Diener besonderer Staaten von Angst, Furcht, und Schreken so eingenommen wären, daß sie solchen, eine Nation eben noch als daseyend voraussetzenden, und an
deutſche Litteratur im wahren Sinne des Wor¬ tes noch haben. Das edelſte Vorrecht und das heiligſte Amt des Schriftſtellers iſt dies, ſeine Nation zu verſammlen, und mit ihr uͤber ihre wichtigſten Angelegenheiten zu berathſchla¬ gen; ganz beſonders aber iſt dies von jeher das ausſchlieſſende Amt des Schriftſtellers ge¬ weſen in Deutſchland, indem dieſes in meh¬ rere abgeſonderte Staaten zertrennt war, und als gemeinſames Ganzes faſt nur durch das Werkzeug des Schriftſtellers, durch Sprache und Schrift, zuſammen gehalten wurde; am eigentlichſten und dringendſten wird es ſein Amt in dieſer Zeit, nachdem das lezte aͤuſſere Band, das die Deutſchen vereinigte, die Reichsverfaſſung, auch zerriſſen iſt. Sollte es ſich nun etwa zeigen — wir ſprechen hieran nicht etwa aus, was wir wuͤßten, oder be¬ fuͤrchteten, ſondern nur einen moͤglichen Fall, auf den wir jedoch ebenfalls im voraus Be¬ dacht nehmen muͤſſen — ſollte es ſich, ſage ich, etwa zeigen, daß ſchon jetzo Diener beſonderer Staaten von Angſt, Furcht, und Schreken ſo eingenommen waͤren, daß ſie ſolchen, eine Nation eben noch als daſeyend vorausſetzenden, und an
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deutſche Litteratur im wahren Sinne des Wor¬
tes noch haben. Das edelſte Vorrecht und
das heiligſte Amt des Schriftſtellers iſt dies,
ſeine Nation zu verſammlen, und mit ihr uͤber
ihre wichtigſten Angelegenheiten zu berathſchla¬
gen; ganz beſonders aber iſt dies von jeher
das ausſchlieſſende Amt des Schriftſtellers ge¬
weſen in Deutſchland, indem dieſes in meh¬
rere abgeſonderte Staaten zertrennt war, und
als gemeinſames Ganzes faſt nur durch das
Werkzeug des Schriftſtellers, durch Sprache
und Schrift, zuſammen gehalten wurde; am
eigentlichſten und dringendſten wird es ſein
Amt in dieſer Zeit, nachdem das lezte aͤuſſere
Band, das die Deutſchen vereinigte, die
Reichsverfaſſung, auch zerriſſen iſt. Sollte es
ſich nun etwa zeigen — wir ſprechen hieran
nicht etwa aus, was wir wuͤßten, oder be¬
fuͤrchteten, ſondern nur einen moͤglichen Fall,
auf den wir jedoch ebenfalls im voraus Be¬
dacht nehmen muͤſſen — ſollte es ſich, ſage ich,
etwa zeigen, daß ſchon jetzo Diener beſonderer
Staaten von Angſt, Furcht, und Schreken ſo
eingenommen waͤren, daß ſie ſolchen, eine Nation
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/403>, abgerufen am 22.11.2024.
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