diesen höchstseltenen Ausnahmen, sage ich, ha¬ ben die Zöglinge dieser Erziehung insgesammt nicht jenen sittlichen Vorstellungen und Ermah¬ nungen, sondern sie haben den Antrieben ih¬ rer, ihnen natürlich, und ohne alle Beihülfe der Erziehungskunst, erwachsenden Selbstsucht, gefolgt; zum unwidersprechlichen Beweise, daß diese Erziehungskunst zwar wohl das Gedächt¬ niß mit einigen Worten, und Redensarten, und die kalte und theilnehmungslose Phantasie mit einigen matten und blassen Bildern anzu¬ füllen vermocht, daß es ihr aber niemals ge¬ lungen, ihr Gemälde einer sittlichen Weltord¬ nung bis zu der Lebhaftigkeit zu steigern, daß ihr Zögling von der heißen Liebe und Sehn¬ sucht dafür, und von dem glühenden Affekte, der zur Darstellung im Leben treibt, und vor welchem die Selbstsucht abfällt, wie welkes Laub, ergriffen worden; daß somit diese Er¬ ziehung weit davon entfernt gewesen sey, bis zur Wurzel der wirklichen Lebensregung und Bewegung durchzugreifen, und diese zu bilden, indem diese vielmehr, unbeachtet von der blin¬ den und ohnmächtigen, allenthalben wild
dieſen hoͤchſtſeltenen Ausnahmen, ſage ich, ha¬ ben die Zoͤglinge dieſer Erziehung insgeſammt nicht jenen ſittlichen Vorſtellungen und Ermah¬ nungen, ſondern ſie haben den Antrieben ih¬ rer, ihnen natuͤrlich, und ohne alle Beihuͤlfe der Erziehungskunſt, erwachſenden Selbſtſucht, gefolgt; zum unwiderſprechlichen Beweiſe, daß dieſe Erziehungskunſt zwar wohl das Gedaͤcht¬ niß mit einigen Worten, und Redensarten, und die kalte und theilnehmungsloſe Phantaſie mit einigen matten und blaſſen Bildern anzu¬ fuͤllen vermocht, daß es ihr aber niemals ge¬ lungen, ihr Gemaͤlde einer ſittlichen Weltord¬ nung bis zu der Lebhaftigkeit zu ſteigern, daß ihr Zoͤgling von der heißen Liebe und Sehn¬ ſucht dafuͤr, und von dem gluͤhenden Affekte, der zur Darſtellung im Leben treibt, und vor welchem die Selbſtſucht abfaͤllt, wie welkes Laub, ergriffen worden; daß ſomit dieſe Er¬ ziehung weit davon entfernt geweſen ſey, bis zur Wurzel der wirklichen Lebensregung und Bewegung durchzugreifen, und dieſe zu bilden, indem dieſe vielmehr, unbeachtet von der blin¬ den und ohnmaͤchtigen, allenthalben wild
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dieſen hoͤchſtſeltenen Ausnahmen, ſage ich, ha¬
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nicht jenen ſittlichen Vorſtellungen und Ermah¬
nungen, ſondern ſie haben den Antrieben ih¬
rer, ihnen natuͤrlich, und ohne alle Beihuͤlfe
der Erziehungskunſt, erwachſenden Selbſtſucht,
gefolgt; zum unwiderſprechlichen Beweiſe, daß
dieſe Erziehungskunſt zwar wohl das Gedaͤcht¬
niß mit einigen Worten, und Redensarten,
und die kalte und theilnehmungsloſe Phantaſie
mit einigen matten und blaſſen Bildern anzu¬
fuͤllen vermocht, daß es ihr aber niemals ge¬
lungen, ihr Gemaͤlde einer ſittlichen Weltord¬
nung bis zu der Lebhaftigkeit zu ſteigern, daß
ihr Zoͤgling von der heißen Liebe und Sehn¬
ſucht dafuͤr, und von dem gluͤhenden Affekte,
der zur Darſtellung im Leben treibt, und vor
welchem die Selbſtſucht abfaͤllt, wie welkes
Laub, ergriffen worden; daß ſomit dieſe Er¬
ziehung weit davon entfernt geweſen ſey, bis
zur Wurzel der wirklichen Lebensregung und
Bewegung durchzugreifen, und dieſe zu bilden,
indem dieſe vielmehr, unbeachtet von der blin¬
den und ohnmaͤchtigen, allenthalben wild
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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