Mensch ist, und so auch diese beiden Klassen, darin, daß den mannigfaltigen Aeußerungen ihres Lebens ein Trieb zum Grunde liegt, der in allem Wechsel unverändert beharret, und sich selbst gleich bleibt. -- Im Vorbeigehen; daß Sichverstehn dieses Triebes, und die Ue¬ bersetzung desselben in Begriffe erzeugt die Welt, und es giebt keine andere Welt, als diese auf diese Weise in dem, jedoch keineswe¬ ges freien, sondern nothwendigen Gedanken sich erzeugende Welt. Dieser, immer in ein Bewußtseyn zu übersetzende Trieb, worin so¬ mit abermals die beiden Klassen einander gleich sind, kann nun auf eine doppelle Weise, nach den zwei verschiedenen Grundarten des Be¬ wußtseyns, in dasselbe übersezt werden, und in dieser Weise der Uebersetzung und des sich selbst Verstehens sind die beiden Klassen ver¬ schieden.
Die erste, zu allererst der Zeit nach sich entwickelnde Grundart des Bewußtseyns ist die des dunklen Gefühls. Mit diesem Gefühle wird am gewöhnlichsten und in der Regel der Grundtrieb erfaßt als Liebe des Einzelnen zu sich selbst, und zwar giebt das dunkle Gefühl
Menſch iſt, und ſo auch dieſe beiden Klaſſen, darin, daß den mannigfaltigen Aeußerungen ihres Lebens ein Trieb zum Grunde liegt, der in allem Wechſel unveraͤndert beharret, und ſich ſelbſt gleich bleibt. — Im Vorbeigehen; daß Sichverſtehn dieſes Triebes, und die Ue¬ berſetzung deſſelben in Begriffe erzeugt die Welt, und es giebt keine andere Welt, als dieſe auf dieſe Weiſe in dem, jedoch keineswe¬ ges freien, ſondern nothwendigen Gedanken ſich erzeugende Welt. Dieſer, immer in ein Bewußtſeyn zu uͤberſetzende Trieb, worin ſo¬ mit abermals die beiden Klaſſen einander gleich ſind, kann nun auf eine doppelle Weiſe, nach den zwei verſchiedenen Grundarten des Be¬ wußtſeyns, in daſſelbe uͤberſezt werden, und in dieſer Weiſe der Ueberſetzung und des ſich ſelbſt Verſtehens ſind die beiden Klaſſen ver¬ ſchieden.
Die erſte, zu allererſt der Zeit nach ſich entwickelnde Grundart des Bewußtſeyns iſt die des dunklen Gefuͤhls. Mit dieſem Gefuͤhle wird am gewoͤhnlichſten und in der Regel der Grundtrieb erfaßt als Liebe des Einzelnen zu ſich ſelbſt, und zwar giebt das dunkle Gefuͤhl
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Menſch iſt, und ſo auch dieſe beiden Klaſſen,
darin, daß den mannigfaltigen Aeußerungen
ihres Lebens ein Trieb zum Grunde liegt, der
in allem Wechſel unveraͤndert beharret, und
ſich ſelbſt gleich bleibt. — Im Vorbeigehen;
daß Sichverſtehn dieſes Triebes, und die Ue¬
berſetzung deſſelben in Begriffe erzeugt die
Welt, und es giebt keine andere Welt, als
dieſe auf dieſe Weiſe in dem, jedoch keineswe¬
ges freien, ſondern nothwendigen Gedanken
ſich erzeugende Welt. Dieſer, immer in ein
Bewußtſeyn zu uͤberſetzende Trieb, worin ſo¬
mit abermals die beiden Klaſſen einander gleich
ſind, kann nun auf eine doppelle Weiſe, nach
den zwei verſchiedenen Grundarten des Be¬
wußtſeyns, in daſſelbe uͤberſezt werden, und
in dieſer Weiſe der Ueberſetzung und des ſich
ſelbſt Verſtehens ſind die beiden Klaſſen ver¬
ſchieden.
Die erſte, zu allererſt der Zeit nach ſich
entwickelnde Grundart des Bewußtſeyns iſt die
des dunklen Gefuͤhls. Mit dieſem Gefuͤhle
wird am gewoͤhnlichſten und in der Regel der
Grundtrieb erfaßt als Liebe des Einzelnen zu
ſich ſelbſt, und zwar giebt das dunkle Gefuͤhl
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/99>, abgerufen am 22.11.2024.
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