Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.fänge alles Wahrnehmens und Vorstellens von Sichtbarem Indessen, wenn man sich diesen Consequenzen auch fänge alles Wahrnehmens und Vorſtellens von Sichtbarem Indeſſen, wenn man ſich dieſen Conſequenzen auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0102" n="90"/> fänge alles Wahrnehmens und Vorſtellens von Sichtbarem<lb/> aus dem Dunkel eines vor allem Bewußtſein liegenden<lb/> Geiſteslebens auftauchen, ſo das Ende, der Abſchluß dieſer<lb/> vorſtellenden Thätigkeit, ſich in den unabſehbaren Möglich¬<lb/> keiten der darſtellenden Thätigkeit verbirgt.</p><lb/> <p>Indeſſen, wenn man ſich dieſen Conſequenzen auch<lb/> nicht entziehen kann, ſo wird man doch leicht durch die<lb/> Frage beirrt werden, wieſo durch eine mechaniſche Thätig¬<lb/> keit das ſolle geleiſtet werden können, wozu ſich ein rein<lb/> geiſtiges Thun als unzulänglich erwieſen hat. Hier nun<lb/> muß wieder und wieder daran erinnert werden, daß es<lb/> auf einer groben Selbſttäuſchung beruht, wenn der Menſch<lb/> meint, das geiſtige Thun und Daſein, was er in ſich<lb/> wahrnimmt, mehr und mehr von der Gemeinſchaft eines<lb/> leiblichen Geſchehens befreien zu können. Es iſt bereits<lb/> erwähnt worden, daß die Entwickelung einer ſogenannten<lb/> geiſtigen Thätigkeit, ſofern ſie auf einer Abwendung von<lb/> jeder körperlichen Thätigkeit beruhen ſoll, gar nicht ſtatt¬<lb/> finden könne, daß vielmehr die Entwickelung eines geiſtigen<lb/> Thuns immer zugleich die Entwickelung eines körperlichen<lb/> Thuns ſein müſſe. Es iſt ein verhängnißvolles Mißver¬<lb/> ſtändniß, ein geiſtiges Geſchehen von einem körperlichen Ge¬<lb/> ſchehen getrennt zu denken, und das Verhältniß zwiſchen bei¬<lb/> den ſo aufzufaſſen, als ob es in der Macht jenes ſtände, dieſes<lb/> in ſeinen Dienſt zunehmen, oder auch ſich ſeiner zu enthalten.<lb/> Dann freilich wird man nicht begreifen können, wieſo ein Ge¬<lb/> ſchehen, welches ſich, wie jeder bildneriſche Vorgang, zunächſt<lb/> als eine körperliche Manipulation darſtellt, als die Weiterent¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0102]
fänge alles Wahrnehmens und Vorſtellens von Sichtbarem
aus dem Dunkel eines vor allem Bewußtſein liegenden
Geiſteslebens auftauchen, ſo das Ende, der Abſchluß dieſer
vorſtellenden Thätigkeit, ſich in den unabſehbaren Möglich¬
keiten der darſtellenden Thätigkeit verbirgt.
Indeſſen, wenn man ſich dieſen Conſequenzen auch
nicht entziehen kann, ſo wird man doch leicht durch die
Frage beirrt werden, wieſo durch eine mechaniſche Thätig¬
keit das ſolle geleiſtet werden können, wozu ſich ein rein
geiſtiges Thun als unzulänglich erwieſen hat. Hier nun
muß wieder und wieder daran erinnert werden, daß es
auf einer groben Selbſttäuſchung beruht, wenn der Menſch
meint, das geiſtige Thun und Daſein, was er in ſich
wahrnimmt, mehr und mehr von der Gemeinſchaft eines
leiblichen Geſchehens befreien zu können. Es iſt bereits
erwähnt worden, daß die Entwickelung einer ſogenannten
geiſtigen Thätigkeit, ſofern ſie auf einer Abwendung von
jeder körperlichen Thätigkeit beruhen ſoll, gar nicht ſtatt¬
finden könne, daß vielmehr die Entwickelung eines geiſtigen
Thuns immer zugleich die Entwickelung eines körperlichen
Thuns ſein müſſe. Es iſt ein verhängnißvolles Mißver¬
ſtändniß, ein geiſtiges Geſchehen von einem körperlichen Ge¬
ſchehen getrennt zu denken, und das Verhältniß zwiſchen bei¬
den ſo aufzufaſſen, als ob es in der Macht jenes ſtände, dieſes
in ſeinen Dienſt zunehmen, oder auch ſich ſeiner zu enthalten.
Dann freilich wird man nicht begreifen können, wieſo ein Ge¬
ſchehen, welches ſich, wie jeder bildneriſche Vorgang, zunächſt
als eine körperliche Manipulation darſtellt, als die Weiterent¬
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