Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.Kunst für die Menschen gewinnt, so wird man mit Recht Kunſt für die Menſchen gewinnt, ſo wird man mit Recht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0161" n="149"/> Kunſt für die Menſchen gewinnt, ſo wird man mit Recht<lb/> denjenigen der Ueberhebung zeihen, der einer ſo reichen<lb/> Welt des thatſächlich Vorhandenen von einem einſeitig<lb/> formulirten Standpunkt aus richtend und regulirend gegen¬<lb/> über tritt. Hier ſoll nun ausdrücklich betont werden, daß<lb/> ein ſo anmaßliches Gebahren den vorliegenden theoretiſchen<lb/> Ueberlegungen ganz fern liegt. Der alte erbitterte Kampf,<lb/> den der Thätige gegen Theorie und Kritik führt, erneuert<lb/> ſich ja auch nur deshalb immer wieder, weil die Einſicht<lb/> der Verſuchung nicht widerſtehen kann, ſich in eine Macht<lb/> verwandeln zu wollen, der ſich Leben und Thätigkeit zu<lb/> unterwerfen habe. Die Einſicht macht ſich damit eines<lb/> groben Irrthums ſchuldig. Mag die Thätigkeit, die<lb/> Leiſtung ſein, welche ſie wolle, das Recht zum Daſein,<lb/> und zwar ſo zu ſein wie ſie iſt, wohnt ihr aus Gründen<lb/> inne, die gar nicht vor das Forum theoretiſcher Ueber¬<lb/> legung gehören. Nur im Schaffen wird das Schaffen<lb/> eine ebenbürtige Macht anerkennen, die zu beſiegen oder<lb/> der zu unterliegen ihr beſtimmt iſt. Die Einſicht hat es<lb/> aber immer nur wieder mit Einſicht zu thun und wird<lb/> ſich ſelbſt untreu, wenn ſie ſich zu verwerthen ſtrebt, um<lb/> praktiſche Herrſchaft über etwas zu gewinnen, um deſſen<lb/> Erkenntniß es ihr ausſchließlich zu thun ſein kann. Wem<lb/> es Ernſt iſt mit dem Begreifen der Erſcheinungen des<lb/> menſchlichen Lebens, der wird ſo wenig auf den Gedanken<lb/> kommen, Einfluß auf dieſelben zu gewinnen, als es dem¬<lb/> jenigen, der die Vorgänge der Natur zu erkennen ſtrebt,<lb/> in den Sinn kommen kann, den Lauf der Natur ändern<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [149/0161]
Kunſt für die Menſchen gewinnt, ſo wird man mit Recht
denjenigen der Ueberhebung zeihen, der einer ſo reichen
Welt des thatſächlich Vorhandenen von einem einſeitig
formulirten Standpunkt aus richtend und regulirend gegen¬
über tritt. Hier ſoll nun ausdrücklich betont werden, daß
ein ſo anmaßliches Gebahren den vorliegenden theoretiſchen
Ueberlegungen ganz fern liegt. Der alte erbitterte Kampf,
den der Thätige gegen Theorie und Kritik führt, erneuert
ſich ja auch nur deshalb immer wieder, weil die Einſicht
der Verſuchung nicht widerſtehen kann, ſich in eine Macht
verwandeln zu wollen, der ſich Leben und Thätigkeit zu
unterwerfen habe. Die Einſicht macht ſich damit eines
groben Irrthums ſchuldig. Mag die Thätigkeit, die
Leiſtung ſein, welche ſie wolle, das Recht zum Daſein,
und zwar ſo zu ſein wie ſie iſt, wohnt ihr aus Gründen
inne, die gar nicht vor das Forum theoretiſcher Ueber¬
legung gehören. Nur im Schaffen wird das Schaffen
eine ebenbürtige Macht anerkennen, die zu beſiegen oder
der zu unterliegen ihr beſtimmt iſt. Die Einſicht hat es
aber immer nur wieder mit Einſicht zu thun und wird
ſich ſelbſt untreu, wenn ſie ſich zu verwerthen ſtrebt, um
praktiſche Herrſchaft über etwas zu gewinnen, um deſſen
Erkenntniß es ihr ausſchließlich zu thun ſein kann. Wem
es Ernſt iſt mit dem Begreifen der Erſcheinungen des
menſchlichen Lebens, der wird ſo wenig auf den Gedanken
kommen, Einfluß auf dieſelben zu gewinnen, als es dem¬
jenigen, der die Vorgänge der Natur zu erkennen ſtrebt,
in den Sinn kommen kann, den Lauf der Natur ändern
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