zu wollen. Auch liegen ja alle Erfolge, die das Denken erringen kann, auf seinem eigenen Gebiet; die Bemühungen, die es macht, um eine Herrschaft auszuüben, wo ihm keine Machtbefugniß gegeben ist, bleiben im Grunde erfolglos. Vergleicht man, welche Wege die Production geht, und welche Wege ihr von jeher alle diejenigen vorzuschreiben unternommen haben, die über der Production zu stehen meinen, weil sie dieselbe zum Gegenstand ihres Nachdenkens machen, so erscheint der thatsächliche Einfluß der Theorie so außerordentlich geringfügig, die Entwickelung der Pro¬ duction so selbstständig, zumeist den Vorschriften derer, die das Ziel aller künstlerischen Thätigkeit im Voraus zu kennen vorgeben, so zuwiderlaufend, daß es zu verwundern ist, wie ein so vergebliches Bemühen nicht ein für allemal aufgegeben worden ist. Hier also soll keineswegs der An¬ spruch formulirt werden, daß die Welt besser thäte, das bunte Kleid abzustreifen, mit dem eine von so verschieden¬ artigen Tendenzen bewegte Kunstübung, eine von so ver¬ schiedenartigen Bedürfnissen eingegebene Kunstbetrachtung sie schmückt. Wenn versucht worden ist, inmitten des ver¬ wirrenden Reichthums, zu dem das bildnerische Thun sich beständig entfaltet, des eigentlichen Urphänomens künst¬ lerischer Thätigkeit habhaft zu werden, so kann daraus keine andere Consequenz gezogen werden, als daß man zu der zweiten Einsicht fortschreitet, inwieweit alles das, was sich in das äußere Gewand der Kunst kleidet, sich auf jenen reinen Ursprung des künstlerischen Strebens zurück¬ führen läßt, inwieweit es hingegen in außerkünstlerischen
zu wollen. Auch liegen ja alle Erfolge, die das Denken erringen kann, auf ſeinem eigenen Gebiet; die Bemühungen, die es macht, um eine Herrſchaft auszuüben, wo ihm keine Machtbefugniß gegeben iſt, bleiben im Grunde erfolglos. Vergleicht man, welche Wege die Production geht, und welche Wege ihr von jeher alle diejenigen vorzuſchreiben unternommen haben, die über der Production zu ſtehen meinen, weil ſie dieſelbe zum Gegenſtand ihres Nachdenkens machen, ſo erſcheint der thatſächliche Einfluß der Theorie ſo außerordentlich geringfügig, die Entwickelung der Pro¬ duction ſo ſelbſtſtändig, zumeiſt den Vorſchriften derer, die das Ziel aller künſtleriſchen Thätigkeit im Voraus zu kennen vorgeben, ſo zuwiderlaufend, daß es zu verwundern iſt, wie ein ſo vergebliches Bemühen nicht ein für allemal aufgegeben worden iſt. Hier alſo ſoll keineswegs der An¬ ſpruch formulirt werden, daß die Welt beſſer thäte, das bunte Kleid abzuſtreifen, mit dem eine von ſo verſchieden¬ artigen Tendenzen bewegte Kunſtübung, eine von ſo ver¬ ſchiedenartigen Bedürfniſſen eingegebene Kunſtbetrachtung ſie ſchmückt. Wenn verſucht worden iſt, inmitten des ver¬ wirrenden Reichthums, zu dem das bildneriſche Thun ſich beſtändig entfaltet, des eigentlichen Urphänomens künſt¬ leriſcher Thätigkeit habhaft zu werden, ſo kann daraus keine andere Conſequenz gezogen werden, als daß man zu der zweiten Einſicht fortſchreitet, inwieweit alles das, was ſich in das äußere Gewand der Kunſt kleidet, ſich auf jenen reinen Urſprung des künſtleriſchen Strebens zurück¬ führen läßt, inwieweit es hingegen in außerkünſtleriſchen
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zu wollen. Auch liegen ja alle Erfolge, die das Denken
erringen kann, auf ſeinem eigenen Gebiet; die Bemühungen,
die es macht, um eine Herrſchaft auszuüben, wo ihm keine
Machtbefugniß gegeben iſt, bleiben im Grunde erfolglos.
Vergleicht man, welche Wege die Production geht, und
welche Wege ihr von jeher alle diejenigen vorzuſchreiben
unternommen haben, die über der Production zu ſtehen
meinen, weil ſie dieſelbe zum Gegenſtand ihres Nachdenkens
machen, ſo erſcheint der thatſächliche Einfluß der Theorie
ſo außerordentlich geringfügig, die Entwickelung der Pro¬
duction ſo ſelbſtſtändig, zumeiſt den Vorſchriften derer, die
das Ziel aller künſtleriſchen Thätigkeit im Voraus zu
kennen vorgeben, ſo zuwiderlaufend, daß es zu verwundern
iſt, wie ein ſo vergebliches Bemühen nicht ein für allemal
aufgegeben worden iſt. Hier alſo ſoll keineswegs der An¬
ſpruch formulirt werden, daß die Welt beſſer thäte, das
bunte Kleid abzuſtreifen, mit dem eine von ſo verſchieden¬
artigen Tendenzen bewegte Kunſtübung, eine von ſo ver¬
ſchiedenartigen Bedürfniſſen eingegebene Kunſtbetrachtung
ſie ſchmückt. Wenn verſucht worden iſt, inmitten des ver¬
wirrenden Reichthums, zu dem das bildneriſche Thun ſich
beſtändig entfaltet, des eigentlichen Urphänomens künſt¬
leriſcher Thätigkeit habhaft zu werden, ſo kann daraus
keine andere Conſequenz gezogen werden, als daß man zu
der zweiten Einſicht fortſchreitet, inwieweit alles das, was
ſich in das äußere Gewand der Kunſt kleidet, ſich auf
jenen reinen Urſprung des künſtleriſchen Strebens zurück¬
führen läßt, inwieweit es hingegen in außerkünſtleriſchen
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/162>, abgerufen am 16.07.2024.
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