Bestrebungen sein zweideutiges Herkommen hat. Und an¬ dererseits kann es in Betreff der vielseitigen Beziehungen, die sich zwischen den künstlerischen Leistungen und den be¬ trachtenden Menschen herstellen, nicht der Sinn der vor¬ ausgehenden Erörterungen sein, daß es überhaupt nur eine einzige Beziehung zur Kunst geben dürfe; wohl aber wird sich an die Einsicht, auf welche Weise allein dem Kunstwerk sein eigenster Inhalt abgewonnen werden könne, die Ueberlegung anschließen, welche Bedeutung dann der Entstehung und dem Vorhandensein von Kunstwerken für den Menschen beizulegen sei.
Wie auch immer die Aufgabe formulirt werden mag, die der Künstler zu erfüllen habe, so ist es doch eine Ver¬ einigung von Anschaulichem und Nichtanschaulichem in einem gemeinsamen Ausdruck, die von ihm gefordert zu werden pflegt. So groß die Gegensätze sein mögen, durch welche die Ansichten über Kunst von den Höhen philosophischer Ueberlegung bis hinab in die breiten Schichten naiven Ge¬ nusses getrennt sind, immer ist es ein Zweierlei, dessen Vereinigung durch den Künstler im Kunstwerk voraus¬ gesetzt wird. Mag es mehr die denkende oder mehr die fühlende Natur des Menschen sein, in der der Ursprung für den wesentlichen Inhalt künstlerischen Schaffens gesucht wird, immer bleibt dem Künstler der unmittelbare Aus¬ druck versagt, und er sieht sich darauf angewiesen, das, was als der eigentlich bedeutungsvolle Inhalt seines Thuns ausgegeben wird, mittelbar an etwas zum Ausdruck zu bringen, was sich zunächst weder der denkenden, noch der
Beſtrebungen ſein zweideutiges Herkommen hat. Und an¬ dererſeits kann es in Betreff der vielſeitigen Beziehungen, die ſich zwiſchen den künſtleriſchen Leiſtungen und den be¬ trachtenden Menſchen herſtellen, nicht der Sinn der vor¬ ausgehenden Erörterungen ſein, daß es überhaupt nur eine einzige Beziehung zur Kunſt geben dürfe; wohl aber wird ſich an die Einſicht, auf welche Weiſe allein dem Kunſtwerk ſein eigenſter Inhalt abgewonnen werden könne, die Ueberlegung anſchließen, welche Bedeutung dann der Entſtehung und dem Vorhandenſein von Kunſtwerken für den Menſchen beizulegen ſei.
Wie auch immer die Aufgabe formulirt werden mag, die der Künſtler zu erfüllen habe, ſo iſt es doch eine Ver¬ einigung von Anſchaulichem und Nichtanſchaulichem in einem gemeinſamen Ausdruck, die von ihm gefordert zu werden pflegt. So groß die Gegenſätze ſein mögen, durch welche die Anſichten über Kunſt von den Höhen philoſophiſcher Ueberlegung bis hinab in die breiten Schichten naiven Ge¬ nuſſes getrennt ſind, immer iſt es ein Zweierlei, deſſen Vereinigung durch den Künſtler im Kunſtwerk voraus¬ geſetzt wird. Mag es mehr die denkende oder mehr die fühlende Natur des Menſchen ſein, in der der Urſprung für den weſentlichen Inhalt künſtleriſchen Schaffens geſucht wird, immer bleibt dem Künſtler der unmittelbare Aus¬ druck verſagt, und er ſieht ſich darauf angewieſen, das, was als der eigentlich bedeutungsvolle Inhalt ſeines Thuns ausgegeben wird, mittelbar an etwas zum Ausdruck zu bringen, was ſich zunächſt weder der denkenden, noch der
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Beſtrebungen ſein zweideutiges Herkommen hat. Und an¬
dererſeits kann es in Betreff der vielſeitigen Beziehungen,
die ſich zwiſchen den künſtleriſchen Leiſtungen und den be¬
trachtenden Menſchen herſtellen, nicht der Sinn der vor¬
ausgehenden Erörterungen ſein, daß es überhaupt nur
eine einzige Beziehung zur Kunſt geben dürfe; wohl aber
wird ſich an die Einſicht, auf welche Weiſe allein dem
Kunſtwerk ſein eigenſter Inhalt abgewonnen werden könne,
die Ueberlegung anſchließen, welche Bedeutung dann der
Entſtehung und dem Vorhandenſein von Kunſtwerken für
den Menſchen beizulegen ſei.
Wie auch immer die Aufgabe formulirt werden mag,
die der Künſtler zu erfüllen habe, ſo iſt es doch eine Ver¬
einigung von Anſchaulichem und Nichtanſchaulichem in einem
gemeinſamen Ausdruck, die von ihm gefordert zu werden
pflegt. So groß die Gegenſätze ſein mögen, durch welche
die Anſichten über Kunſt von den Höhen philoſophiſcher
Ueberlegung bis hinab in die breiten Schichten naiven Ge¬
nuſſes getrennt ſind, immer iſt es ein Zweierlei, deſſen
Vereinigung durch den Künſtler im Kunſtwerk voraus¬
geſetzt wird. Mag es mehr die denkende oder mehr die
fühlende Natur des Menſchen ſein, in der der Urſprung
für den weſentlichen Inhalt künſtleriſchen Schaffens geſucht
wird, immer bleibt dem Künſtler der unmittelbare Aus¬
druck verſagt, und er ſieht ſich darauf angewieſen, das,
was als der eigentlich bedeutungsvolle Inhalt ſeines Thuns
ausgegeben wird, mittelbar an etwas zum Ausdruck zu
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/163>, abgerufen am 16.07.2024.
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