Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.der Wirkung gleichkommt. Das religiöse Interesse, einmal So mächtig und bedeutungsvoll nun aber auch die der Wirkung gleichkommt. Das religiöſe Intereſſe, einmal So mächtig und bedeutungsvoll nun aber auch die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0179" n="167"/> der Wirkung gleichkommt. Das religiöſe Intereſſe, einmal<lb/> erregt, verbreitet ſich nicht nur über das intellectuelle Leben<lb/> des Menſchen, es greift an die Herzen, dringt in alle<lb/> Kräfte des Gemüths, bewegt alle Leidenſchaften. Es iſt<lb/> bezeichnend, daß ſchon eine ſehr rohe Kunſt, ſobald ſie<lb/> mit der eindringlichen Sprache, die nur dem bildlichen<lb/> Ausdruck zu Gebote ſteht, dem Menſchen jenes Gebiet<lb/> nahebringt, auf dem ſeine wichtigſten Güter, ſeine ſicher¬<lb/> ſten Beſitzthümer, ſeine letzten Hoffnungen liegen, einer<lb/> tiefgehenden Wirkung ſicher iſt. Und dazu tritt in den<lb/> höheren Regionen der Kunſt der ganze Zauber der Schön¬<lb/> heit und Phantaſie, der ſich über die Welt religiöſer Vor¬<lb/> ſtellungen ausbreitet, die ganze Gewalt ſinnenfälliger Ge¬<lb/> ſtaltung, die uns, wo wir nur unbeſtimmt ahnend und<lb/> glaubend uns zu verhalten wagten, eine Welt beſtimmteſter,<lb/> unauslöſchlich ſich uns einprägender Bilder bietet. Es iſt<lb/> nicht zu verwundern, daß Viele der Anſicht ſind, die Kunſt<lb/> vermöge nur in Verbindung mit der Religion ihre höchſte<lb/> Beſtimmung zu erreichen, ſo wie ja auch ihre Anfänge<lb/> von der Nothwendigkeit jener Verbindung Zeugniß ab¬<lb/> legten.</p><lb/> <p>So mächtig und bedeutungsvoll nun aber auch die<lb/> Wirkungen ſein mögen, die von der Kunſt in dieſem Sinne<lb/> ausgehen, und von denen die Wirkungen der religiöſen<lb/> Kunſt das recht eigentlich vorbildliche Beiſpiel ſind, ſo darf<lb/> man doch nicht verkennen, daß dieſe Wirkungen ſehr zu¬<lb/> ſammengeſetzter und unklarer Natur ſind. Ueber der Ge¬<lb/> walt der Erregung verſäumt man leicht die Prüfung,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [167/0179]
der Wirkung gleichkommt. Das religiöſe Intereſſe, einmal
erregt, verbreitet ſich nicht nur über das intellectuelle Leben
des Menſchen, es greift an die Herzen, dringt in alle
Kräfte des Gemüths, bewegt alle Leidenſchaften. Es iſt
bezeichnend, daß ſchon eine ſehr rohe Kunſt, ſobald ſie
mit der eindringlichen Sprache, die nur dem bildlichen
Ausdruck zu Gebote ſteht, dem Menſchen jenes Gebiet
nahebringt, auf dem ſeine wichtigſten Güter, ſeine ſicher¬
ſten Beſitzthümer, ſeine letzten Hoffnungen liegen, einer
tiefgehenden Wirkung ſicher iſt. Und dazu tritt in den
höheren Regionen der Kunſt der ganze Zauber der Schön¬
heit und Phantaſie, der ſich über die Welt religiöſer Vor¬
ſtellungen ausbreitet, die ganze Gewalt ſinnenfälliger Ge¬
ſtaltung, die uns, wo wir nur unbeſtimmt ahnend und
glaubend uns zu verhalten wagten, eine Welt beſtimmteſter,
unauslöſchlich ſich uns einprägender Bilder bietet. Es iſt
nicht zu verwundern, daß Viele der Anſicht ſind, die Kunſt
vermöge nur in Verbindung mit der Religion ihre höchſte
Beſtimmung zu erreichen, ſo wie ja auch ihre Anfänge
von der Nothwendigkeit jener Verbindung Zeugniß ab¬
legten.
So mächtig und bedeutungsvoll nun aber auch die
Wirkungen ſein mögen, die von der Kunſt in dieſem Sinne
ausgehen, und von denen die Wirkungen der religiöſen
Kunſt das recht eigentlich vorbildliche Beiſpiel ſind, ſo darf
man doch nicht verkennen, daß dieſe Wirkungen ſehr zu¬
ſammengeſetzter und unklarer Natur ſind. Ueber der Ge¬
walt der Erregung verſäumt man leicht die Prüfung,
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