alles, was über die engen sinnlichen Schranken der Wort¬ form hinauszugehen, was dem Ausdruck die Tiefe des geistigen Inhalts, die Weite des geistigen Umfanges zu geben scheint, sich doch immer wieder als ein Sinnliches, sei es Wort, Bild, Gefühl erweisen muß. Was auch immer ein Wort vor das Forum unseres Bewußtseins ruft, mögen es Begriffe, Vorstellungen, Empfindungen, Gefühle sein, was es auch sein mag, es kann nicht anders in der so¬ genannten geistigen Sphäre des Begriffes auftreten, als indem es sich als sinnlicher Vorgang an die sinnliche That¬ sache des Wortes anschließt. Jene sogenannte geistige Sphäre des Wortes ist thatsächlich nicht größer als seine sinnliche Sphäre. Es ist durchaus falsch, zu sagen, daß wir uns mit der physischen Leistung, an die unser psychisches Leben gebunden ist, ein geistiges Reich erschlössen, daß alle sinnlichen Vorkommnisse unseres sogenannten geistigen Lebens, wie Wort, Zeichen, Bild, Ton, Geberde nur Sym¬ bole eines Geistigen seien; es sind das Reminiscenzen veralteter Anschauungen. Jedes Vorkommniß bedeutet nur sich selbst, und der Schein, daß es eine Bedeutung besitze, die von ihm verschieden sei und es überrage, beruht darauf, daß sich auf dem Wege der Association andere Vorkomm¬ nisse mit ihm verbinden, die ebensowenig wie es selbst einem vorgeblichen, in Wahrheit ganz undenkbaren geistigen Reiche angehören, und die auch nur wiederum sich selbst bedeuten können.
Haben wir eingesehen, einestheils, daß unser Bewußt¬ sein nicht als ein Ort zu betrachten ist, an welchem das
alles, was über die engen ſinnlichen Schranken der Wort¬ form hinauszugehen, was dem Ausdruck die Tiefe des geiſtigen Inhalts, die Weite des geiſtigen Umfanges zu geben ſcheint, ſich doch immer wieder als ein Sinnliches, ſei es Wort, Bild, Gefühl erweiſen muß. Was auch immer ein Wort vor das Forum unſeres Bewußtſeins ruft, mögen es Begriffe, Vorſtellungen, Empfindungen, Gefühle ſein, was es auch ſein mag, es kann nicht anders in der ſo¬ genannten geiſtigen Sphäre des Begriffes auftreten, als indem es ſich als ſinnlicher Vorgang an die ſinnliche That¬ ſache des Wortes anſchließt. Jene ſogenannte geiſtige Sphäre des Wortes iſt thatſächlich nicht größer als ſeine ſinnliche Sphäre. Es iſt durchaus falſch, zu ſagen, daß wir uns mit der phyſiſchen Leiſtung, an die unſer pſychiſches Leben gebunden iſt, ein geiſtiges Reich erſchlöſſen, daß alle ſinnlichen Vorkommniſſe unſeres ſogenannten geiſtigen Lebens, wie Wort, Zeichen, Bild, Ton, Geberde nur Sym¬ bole eines Geiſtigen ſeien; es ſind das Reminiscenzen veralteter Anſchauungen. Jedes Vorkommniß bedeutet nur ſich ſelbſt, und der Schein, daß es eine Bedeutung beſitze, die von ihm verſchieden ſei und es überrage, beruht darauf, daß ſich auf dem Wege der Aſſociation andere Vorkomm¬ niſſe mit ihm verbinden, die ebenſowenig wie es ſelbſt einem vorgeblichen, in Wahrheit ganz undenkbaren geiſtigen Reiche angehören, und die auch nur wiederum ſich ſelbſt bedeuten können.
Haben wir eingeſehen, einestheils, daß unſer Bewußt¬ ſein nicht als ein Ort zu betrachten iſt, an welchem das
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alles, was über die engen ſinnlichen Schranken der Wort¬
form hinauszugehen, was dem Ausdruck die Tiefe des
geiſtigen Inhalts, die Weite des geiſtigen Umfanges zu
geben ſcheint, ſich doch immer wieder als ein Sinnliches,
ſei es Wort, Bild, Gefühl erweiſen muß. Was auch immer
ein Wort vor das Forum unſeres Bewußtſeins ruft, mögen
es Begriffe, Vorſtellungen, Empfindungen, Gefühle ſein,
was es auch ſein mag, es kann nicht anders in der ſo¬
genannten geiſtigen Sphäre des Begriffes auftreten, als
indem es ſich als ſinnlicher Vorgang an die ſinnliche That¬
ſache des Wortes anſchließt. Jene ſogenannte geiſtige
Sphäre des Wortes iſt thatſächlich nicht größer als ſeine
ſinnliche Sphäre. Es iſt durchaus falſch, zu ſagen, daß
wir uns mit der phyſiſchen Leiſtung, an die unſer pſychiſches
Leben gebunden iſt, ein geiſtiges Reich erſchlöſſen, daß
alle ſinnlichen Vorkommniſſe unſeres ſogenannten geiſtigen
Lebens, wie Wort, Zeichen, Bild, Ton, Geberde nur Sym¬
bole eines Geiſtigen ſeien; es ſind das Reminiscenzen
veralteter Anſchauungen. Jedes Vorkommniß bedeutet nur
ſich ſelbſt, und der Schein, daß es eine Bedeutung beſitze,
die von ihm verſchieden ſei und es überrage, beruht darauf,
daß ſich auf dem Wege der Aſſociation andere Vorkomm¬
niſſe mit ihm verbinden, die ebenſowenig wie es ſelbſt
einem vorgeblichen, in Wahrheit ganz undenkbaren geiſtigen
Reiche angehören, und die auch nur wiederum ſich ſelbſt
bedeuten können.
Haben wir eingeſehen, einestheils, daß unſer Bewußt¬
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/53>, abgerufen am 16.07.2024.
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