Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

rigen Küssen drückte er dem Rosenmunde
auf, der ganz die Seligkeit ihn fühlen ließ,
deren er sich in den Armen Abenzas der-
einst zu erfreuen träumte.

Jn diesem trunkenen Augenblick vergaß
er die Welt, vergaß er Alles was ihm
theuer war, und indem er ganz in Selig-
keit versunken an Abenzas Busen hing,
stürzt ihm der Turban, welcher seinen Ta-
lisman verborgen hielt, plötzlich vom Haupte.
Er achtete dessen nicht.

Allein kein Augenblick verging, so ver-
lor sich der Zauber. Aus dem Marmor
schwand der Lebenshauch der ihn beseelte,
die Wange verlohr ihr Roth, das Auge
sein Feuer, der Arm erstarrte und der
Busen erkaltete. Kaum fühlt er die wie-
derkehrende Marmorhärte, er blickt auf
und erschrickt beim Anblick des Marmor-
haupts. Er will sich los machen, aber
-- O unerwartetes Schicksal! -- er fand

rigen Kuͤſſen druͤckte er dem Roſenmunde
auf, der ganz die Seligkeit ihn fuͤhlen ließ,
deren er ſich in den Armen Abenzas der-
einſt zu erfreuen traͤumte.

Jn dieſem trunkenen Augenblick vergaß
er die Welt, vergaß er Alles was ihm
theuer war, und indem er ganz in Selig-
keit verſunken an Abenzas Buſen hing,
ſtuͤrzt ihm der Turban, welcher ſeinen Ta-
lisman verborgen hielt, ploͤtzlich vom Haupte.
Er achtete deſſen nicht.

Allein kein Augenblick verging, ſo ver-
lor ſich der Zauber. Aus dem Marmor
ſchwand der Lebenshauch der ihn beſeelte,
die Wange verlohr ihr Roth, das Auge
ſein Feuer, der Arm erſtarrte und der
Buſen erkaltete. Kaum fuͤhlt er die wie-
derkehrende Marmorhaͤrte, er blickt auf
und erſchrickt beim Anblick des Marmor-
haupts. Er will ſich los machen, aber
— O unerwartetes Schickſal! — er fand

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0274" n="270"/>
rigen Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en dru&#x0364;ckte er dem Ro&#x017F;enmunde<lb/>
auf, der ganz die Seligkeit ihn fu&#x0364;hlen ließ,<lb/>
deren er &#x017F;ich in den Armen Abenzas der-<lb/>
ein&#x017F;t zu erfreuen tra&#x0364;umte.</p><lb/>
        <p>Jn die&#x017F;em trunkenen Augenblick vergaß<lb/>
er die Welt, vergaß er Alles was ihm<lb/>
theuer war, und indem er ganz in Selig-<lb/>
keit ver&#x017F;unken an Abenzas Bu&#x017F;en hing,<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rzt ihm der Turban, welcher &#x017F;einen Ta-<lb/>
lisman verborgen hielt, plo&#x0364;tzlich vom Haupte.<lb/>
Er achtete de&#x017F;&#x017F;en nicht.</p><lb/>
        <p>Allein kein Augenblick verging, &#x017F;o ver-<lb/>
lor &#x017F;ich der Zauber. Aus dem Marmor<lb/>
&#x017F;chwand der Lebenshauch der ihn be&#x017F;eelte,<lb/>
die Wange verlohr ihr Roth, das Auge<lb/>
&#x017F;ein Feuer, der Arm er&#x017F;tarrte und der<lb/>
Bu&#x017F;en erkaltete. Kaum fu&#x0364;hlt er die wie-<lb/>
derkehrende Marmorha&#x0364;rte, er blickt auf<lb/>
und er&#x017F;chrickt beim Anblick des Marmor-<lb/>
haupts. Er will &#x017F;ich los machen, aber<lb/>
&#x2014; O unerwartetes Schick&#x017F;al! &#x2014; er fand<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0274] rigen Kuͤſſen druͤckte er dem Roſenmunde auf, der ganz die Seligkeit ihn fuͤhlen ließ, deren er ſich in den Armen Abenzas der- einſt zu erfreuen traͤumte. Jn dieſem trunkenen Augenblick vergaß er die Welt, vergaß er Alles was ihm theuer war, und indem er ganz in Selig- keit verſunken an Abenzas Buſen hing, ſtuͤrzt ihm der Turban, welcher ſeinen Ta- lisman verborgen hielt, ploͤtzlich vom Haupte. Er achtete deſſen nicht. Allein kein Augenblick verging, ſo ver- lor ſich der Zauber. Aus dem Marmor ſchwand der Lebenshauch der ihn beſeelte, die Wange verlohr ihr Roth, das Auge ſein Feuer, der Arm erſtarrte und der Buſen erkaltete. Kaum fuͤhlt er die wie- derkehrende Marmorhaͤrte, er blickt auf und erſchrickt beim Anblick des Marmor- haupts. Er will ſich los machen, aber — O unerwartetes Schickſal! — er fand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/274
Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/274>, abgerufen am 25.11.2024.