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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

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Melinette! wirst du einmal aufhören ihn
zu quälen? -- Warlich du verlangst, was
die menschliche Natur nicht zu leisten ver-
mag! -- Jst es denn möglich sich ganz zu
vergessen? --

Aber Melinette war unerbittlich. Zwar
fingen Selims Empfindungen an sich zu
vermischen: daß ihr eigentliches Wesen so-
gar dem Feenauge zweifelhaft würde.
Demohngeachtet bestand Melinette darauf:
der Prinz könne nur durch Zoraidens aus-
drückliches Verlangen in ihrer Nähe sicht-
bar werden. Vergebens berief sich dieser
auf ähnliche Wünsche Zoraidens. -- Es
blieb darum alles wie es war.

Hätte das liebliche Mädchen auch nur
eine Ahnung hiervon gehabt; wie bald
würde Selim erlöset worden seyn. Aber
der Wunsch den schönen, herrlichen Mann
liebeathmend in ihre Arme zu schließen,

Melinette! wirſt du einmal aufhoͤren ihn
zu quaͤlen? — Warlich du verlangſt, was
die menſchliche Natur nicht zu leiſten ver-
mag! — Jſt es denn moͤglich ſich ganz zu
vergeſſen? —

Aber Melinette war unerbittlich. Zwar
fingen Selims Empfindungen an ſich zu
vermiſchen: daß ihr eigentliches Weſen ſo-
gar dem Feenauge zweifelhaft wuͤrde.
Demohngeachtet beſtand Melinette darauf:
der Prinz koͤnne nur durch Zoraïdens aus-
druͤckliches Verlangen in ihrer Naͤhe ſicht-
bar werden. Vergebens berief ſich dieſer
auf aͤhnliche Wuͤnſche Zoraïdens. — Es
blieb darum alles wie es war.

Haͤtte das liebliche Maͤdchen auch nur
eine Ahnung hiervon gehabt; wie bald
wuͤrde Selim erloͤſet worden ſeyn. Aber
der Wunſch den ſchoͤnen, herrlichen Mann
liebeathmend in ihre Arme zu ſchließen,

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[25/0029] Melinette! wirſt du einmal aufhoͤren ihn zu quaͤlen? — Warlich du verlangſt, was die menſchliche Natur nicht zu leiſten ver- mag! — Jſt es denn moͤglich ſich ganz zu vergeſſen? — Aber Melinette war unerbittlich. Zwar fingen Selims Empfindungen an ſich zu vermiſchen: daß ihr eigentliches Weſen ſo- gar dem Feenauge zweifelhaft wuͤrde. Demohngeachtet beſtand Melinette darauf: der Prinz koͤnne nur durch Zoraïdens aus- druͤckliches Verlangen in ihrer Naͤhe ſicht- bar werden. Vergebens berief ſich dieſer auf aͤhnliche Wuͤnſche Zoraïdens. — Es blieb darum alles wie es war. Haͤtte das liebliche Maͤdchen auch nur eine Ahnung hiervon gehabt; wie bald wuͤrde Selim erloͤſet worden ſeyn. Aber der Wunſch den ſchoͤnen, herrlichen Mann liebeathmend in ihre Arme zu ſchließen,

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Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/29>, abgerufen am 21.11.2024.