Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Selim entdeckt und seinen Untergang be-
schlossen habe.

Doch wann hätte die Liebe auf War-
nungen gehört! Kaum war Zoraide allein,
als die Sehnsucht nach dem Geliebten von
neuem erwachte. Ach! er schwebte in ihrer
Nähe, schmachtete, wie sie, nach einer Um-
armung, und hörte nicht sobald den Namen
Selim aus ihrem Munde, als auch schon
alle Feen und Genien der Welt vergessen
waren.

Aber Melinette hatte richtig geahnet.
Des plumpen Genius Dummheit bewahrte
ihn nicht vor der Eifersucht. Er hatte den
Nebenbuhler gewittert, und lauschte jetzt
im Hinterhalte, seine Rache zu befriedigen.
Schon hatte er die mörderische Keule geho-
ben; als Selim blitzschnell und mit gezoge-
nem Schwerdte ihm entgegenstürzte.

Aber ohne Melinetten war er dennoch

Selim entdeckt und ſeinen Untergang be-
ſchloſſen habe.

Doch wann haͤtte die Liebe auf War-
nungen gehoͤrt! Kaum war Zoraïde allein,
als die Sehnſucht nach dem Geliebten von
neuem erwachte. Ach! er ſchwebte in ihrer
Naͤhe, ſchmachtete, wie ſie, nach einer Um-
armung, und hoͤrte nicht ſobald den Namen
Selim aus ihrem Munde, als auch ſchon
alle Feen und Genien der Welt vergeſſen
waren.

Aber Melinette hatte richtig geahnet.
Des plumpen Genius Dummheit bewahrte
ihn nicht vor der Eiferſucht. Er hatte den
Nebenbuhler gewittert, und lauſchte jetzt
im Hinterhalte, ſeine Rache zu befriedigen.
Schon hatte er die moͤrderiſche Keule geho-
ben; als Selim blitzſchnell und mit gezoge-
nem Schwerdte ihm entgegenſtuͤrzte.

Aber ohne Melinetten war er dennoch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0049" n="45"/>
Selim entdeckt und &#x017F;einen Untergang be-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en habe.</p><lb/>
        <p>Doch wann ha&#x0364;tte die Liebe auf War-<lb/>
nungen geho&#x0364;rt! Kaum war Zoraïde allein,<lb/>
als die Sehn&#x017F;ucht nach dem Geliebten von<lb/>
neuem erwachte. Ach! er &#x017F;chwebte in ihrer<lb/>
Na&#x0364;he, &#x017F;chmachtete, wie &#x017F;ie, nach einer Um-<lb/>
armung, und ho&#x0364;rte nicht &#x017F;obald den Namen<lb/>
Selim aus ihrem Munde, als auch &#x017F;chon<lb/>
alle Feen und Genien der Welt verge&#x017F;&#x017F;en<lb/>
waren.</p><lb/>
        <p>Aber Melinette hatte richtig geahnet.<lb/>
Des plumpen Genius Dummheit bewahrte<lb/>
ihn nicht vor der Eifer&#x017F;ucht. Er hatte den<lb/>
Nebenbuhler gewittert, und lau&#x017F;chte jetzt<lb/>
im Hinterhalte, &#x017F;eine Rache zu befriedigen.<lb/>
Schon hatte er die mo&#x0364;rderi&#x017F;che Keule geho-<lb/>
ben; als Selim blitz&#x017F;chnell und mit gezoge-<lb/>
nem Schwerdte ihm entgegen&#x017F;tu&#x0364;rzte.</p><lb/>
        <p>Aber ohne Melinetten war er dennoch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0049] Selim entdeckt und ſeinen Untergang be- ſchloſſen habe. Doch wann haͤtte die Liebe auf War- nungen gehoͤrt! Kaum war Zoraïde allein, als die Sehnſucht nach dem Geliebten von neuem erwachte. Ach! er ſchwebte in ihrer Naͤhe, ſchmachtete, wie ſie, nach einer Um- armung, und hoͤrte nicht ſobald den Namen Selim aus ihrem Munde, als auch ſchon alle Feen und Genien der Welt vergeſſen waren. Aber Melinette hatte richtig geahnet. Des plumpen Genius Dummheit bewahrte ihn nicht vor der Eiferſucht. Er hatte den Nebenbuhler gewittert, und lauſchte jetzt im Hinterhalte, ſeine Rache zu befriedigen. Schon hatte er die moͤrderiſche Keule geho- ben; als Selim blitzſchnell und mit gezoge- nem Schwerdte ihm entgegenſtuͤrzte. Aber ohne Melinetten war er dennoch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/49
Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/49>, abgerufen am 18.04.2024.