Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.Von der Erden. [Spaltenumbruch]
wächst. Damit aber nicht allein derSaame, sondern auch das bereits ver- handene junge Holtz ungehindert desto besser wachsen könne, muß solcher Ort vor allen Dingen mit Viehhüthen und Grasen verschonet werden: Denn sol- cher junger Wuchs, weil er noch zart, wird von dem Vieh sowohl des Winters, wegen junger Rinde, als auch des Früh- lings an seinem Jahr-Wuchs, vornehm- lich am Gipffel abgebissen, daß es nicht höher wachsen, sondern knorricht, kurtz und krum bleiben muß; Durch das Gra- sen aber wird der Schatten denen Wur- tzeln benommen, und die jungen Pfläntz- gen unvorsichtig ausgerissen, oder abge- schnitten, darumb muß der Ort gleich vom ersten Jahre an mit Viehhüthen und Grasen verschonet werden, biß das Vieh den Gipffel nicht mehr erreichen kan. Die Schaafe aber, sonderlich die Ziegen, müssen, weil sie ein schädlich Ge- biß haben, gar vom Holtze wegbleiben; Nicht weniger thun die Zimmer-Leute mit ihren Spähnen und langwierigem Trempeln, wie auch die Fuhr-Leute in weichem und nassem Erdboden dem Wi- derwachs Schaden, daß solcher nicht auf- kommen oder wachsen kan; Jst dahero am besten, wann das Bau-Holtz im Winter bey dem harten Froste unbeschla- gen an einen besondern Ort geführet wird. Die alten Stämme und ver- faulten Stöcke sind zwar vor Alters ein langhergebrachtes Accidens derer Forst-Bedienten gewesen; Weiln aber durch Berechnung der angewiesenen Bäume solche Stämme mit dem Stem- [Spaltenumbruch] pel oder Eysen bezeichnet worden sind, könte der Forst-Herr, oder der Obere nicht wissen, was verkaufft oder gestoh- len worden; Zudem werden heutiges Tages die Kühn-Stämme denen Pech- Brennern an Ofen-Zinß überlassen, weiln darinnen der beste Kiehn, wodurch mancher Baum erspahret wird. Es würde auch nur denen Forst-Bedienten einen Verdacht machen und durch das Ausreissen derer Wurtzeln von alten Stämmen viel jung Holtz zu Schaden gehen. Wo das Holtz durch Unglück oder Verwahrlosung des Feuers Scha- den gethan, da will bey Mannsgeden- cken der junge Saame nicht aufgehen, sondern wird durch die verbrannte Erde oder Asche gantz untüchtig und verbissen, es werde dann die frische Erde aufgea- ckert oder gehacket, so wurtzelt es noch eher auf. Es kömmt öffters, daß, ob- gleich eine Art Holtzes weggehauen, dan- noch an selbigem Orte eine andere Art, so vor langen Zeiten da gestanden, aus verfaulter Holtz-Erde sich aus denen Wurtzeln generiret, und wie die Kräu- ter nach voriger Gestalt renasciret, und wieder hervor wächset, woran die seltsa- me Eigenschafft der Natur zu erkennen, und göttliche Allmacht nicht genugsam wundernswürdig zu preisen. Gleich- falls schadet dem jungen Anflug und Wie- derwachs nicht wenig das überflüßige Mooß und allzu geitzige Streuling re- chen, wormit man die kleinen Pfläntz- gen unvorsichtig ausreisset und also hier- durch grossen Schaden verursachet. Von Besträuche und jungen Dickigten. [Spaltenumbruch]
Gleichwie alle lebendige und leblose, wohl F
Von der Erden. [Spaltenumbruch]
waͤchſt. Damit aber nicht allein derSaame, ſondern auch das bereits ver- handene junge Holtz ungehindert deſto beſſer wachſen koͤnne, muß ſolcher Ort vor allen Dingen mit Viehhuͤthen und Graſen verſchonet werden: Denn ſol- cher junger Wuchs, weil er noch zart, wird von dem Vieh ſowohl des Winters, wegen junger Rinde, als auch des Fruͤh- lings an ſeinem Jahr-Wuchs, vornehm- lich am Gipffel abgebiſſen, daß es nicht hoͤher wachſen, ſondern knorricht, kurtz und krum bleiben muß; Durch das Gra- ſen aber wird der Schatten denen Wur- tzeln benommen, und die jungen Pflaͤntz- gen unvorſichtig ausgeriſſen, oder abge- ſchnitten, darumb muß der Ort gleich vom erſten Jahre an mit Viehhuͤthen und Graſen verſchonet werden, biß das Vieh den Gipffel nicht mehr erreichen kan. Die Schaafe aber, ſonderlich die Ziegen, muͤſſen, weil ſie ein ſchaͤdlich Ge- biß haben, gar vom Holtze wegbleiben; Nicht weniger thun die Zimmer-Leute mit ihren Spaͤhnen und langwierigem Trempeln, wie auch die Fuhr-Leute in weichem und naſſem Erdboden dem Wi- derwachs Schaden, daß ſolcher nicht auf- kommen oder wachſen kan; Jſt dahero am beſten, wann das Bau-Holtz im Winter bey dem harten Froſte unbeſchla- gen an einen beſondern Ort gefuͤhret wird. Die alten Staͤmme und ver- faulten Stoͤcke ſind zwar vor Alters ein langhergebrachtes Accidens derer Forſt-Bedienten geweſen; Weiln aber durch Berechnung der angewieſenen Baͤume ſolche Staͤmme mit dem Stem- [Spaltenumbruch] pel oder Eyſen bezeichnet worden ſind, koͤnte der Forſt-Herr, oder der Obere nicht wiſſen, was verkaufft oder geſtoh- len worden; Zudem werden heutiges Tages die Kuͤhn-Staͤmme denen Pech- Brennern an Ofen-Zinß uͤberlaſſen, weiln darinnen der beſte Kiehn, wodurch mancher Baum erſpahret wird. Es wuͤrde auch nur denen Forſt-Bedienten einen Verdacht machen und durch das Ausreiſſen derer Wurtzeln von alten Staͤmmen viel jung Holtz zu Schaden gehen. Wo das Holtz durch Ungluͤck oder Verwahrloſung des Feuers Scha- den gethan, da will bey Mannsgeden- cken der junge Saame nicht aufgehen, ſondern wird durch die verbrannte Erde oder Aſche gantz untuͤchtig und verbiſſen, es werde dann die friſche Erde aufgea- ckert oder gehacket, ſo wurtzelt es noch eher auf. Es koͤmmt oͤffters, daß, ob- gleich eine Art Holtzes weggehauen, dan- noch an ſelbigem Orte eine andere Art, ſo vor langen Zeiten da geſtanden, aus verfaulter Holtz-Erde ſich aus denen Wurtzeln generiret, und wie die Kraͤu- ter nach voriger Geſtalt renaſciret, und wieder hervor waͤchſet, woran die ſeltſa- me Eigenſchafft der Natur zu erkennen, und goͤttliche Allmacht nicht genugſam wundernswuͤrdig zu preiſen. Gleich- falls ſchadet dem jungen Anflug und Wie- derwachs nicht wenig das uͤberfluͤßige Mooß und allzu geitzige Streuling re- chen, wormit man die kleinen Pflaͤntz- gen unvorſichtig ausreiſſet und alſo hier- durch groſſen Schaden verurſachet. Von Beſtraͤuche und jungen Dickigten. [Spaltenumbruch]
Gleichwie alle lebendige und lebloſe, wohl F
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Von der Erden.
waͤchſt. Damit aber nicht allein der
Saame, ſondern auch das bereits ver-
handene junge Holtz ungehindert deſto
beſſer wachſen koͤnne, muß ſolcher Ort
vor allen Dingen mit Viehhuͤthen und
Graſen verſchonet werden: Denn ſol-
cher junger Wuchs, weil er noch zart,
wird von dem Vieh ſowohl des Winters,
wegen junger Rinde, als auch des Fruͤh-
lings an ſeinem Jahr-Wuchs, vornehm-
lich am Gipffel abgebiſſen, daß es nicht
hoͤher wachſen, ſondern knorricht, kurtz
und krum bleiben muß; Durch das Gra-
ſen aber wird der Schatten denen Wur-
tzeln benommen, und die jungen Pflaͤntz-
gen unvorſichtig ausgeriſſen, oder abge-
ſchnitten, darumb muß der Ort gleich
vom erſten Jahre an mit Viehhuͤthen
und Graſen verſchonet werden, biß das
Vieh den Gipffel nicht mehr erreichen
kan. Die Schaafe aber, ſonderlich die
Ziegen, muͤſſen, weil ſie ein ſchaͤdlich Ge-
biß haben, gar vom Holtze wegbleiben;
Nicht weniger thun die Zimmer-Leute
mit ihren Spaͤhnen und langwierigem
Trempeln, wie auch die Fuhr-Leute in
weichem und naſſem Erdboden dem Wi-
derwachs Schaden, daß ſolcher nicht auf-
kommen oder wachſen kan; Jſt dahero
am beſten, wann das Bau-Holtz im
Winter bey dem harten Froſte unbeſchla-
gen an einen beſondern Ort gefuͤhret
wird. Die alten Staͤmme und ver-
faulten Stoͤcke ſind zwar vor Alters
ein langhergebrachtes Accidens derer
Forſt-Bedienten geweſen; Weiln aber
durch Berechnung der angewieſenen
Baͤume ſolche Staͤmme mit dem Stem-
pel oder Eyſen bezeichnet worden ſind,
koͤnte der Forſt-Herr, oder der Obere
nicht wiſſen, was verkaufft oder geſtoh-
len worden; Zudem werden heutiges
Tages die Kuͤhn-Staͤmme denen Pech-
Brennern an Ofen-Zinß uͤberlaſſen,
weiln darinnen der beſte Kiehn, wodurch
mancher Baum erſpahret wird. Es
wuͤrde auch nur denen Forſt-Bedienten
einen Verdacht machen und durch das
Ausreiſſen derer Wurtzeln von alten
Staͤmmen viel jung Holtz zu Schaden
gehen. Wo das Holtz durch Ungluͤck
oder Verwahrloſung des Feuers Scha-
den gethan, da will bey Mannsgeden-
cken der junge Saame nicht aufgehen,
ſondern wird durch die verbrannte Erde
oder Aſche gantz untuͤchtig und verbiſſen,
es werde dann die friſche Erde aufgea-
ckert oder gehacket, ſo wurtzelt es noch
eher auf. Es koͤmmt oͤffters, daß, ob-
gleich eine Art Holtzes weggehauen, dan-
noch an ſelbigem Orte eine andere Art,
ſo vor langen Zeiten da geſtanden, aus
verfaulter Holtz-Erde ſich aus denen
Wurtzeln generiret, und wie die Kraͤu-
ter nach voriger Geſtalt renaſciret, und
wieder hervor waͤchſet, woran die ſeltſa-
me Eigenſchafft der Natur zu erkennen,
und goͤttliche Allmacht nicht genugſam
wundernswuͤrdig zu preiſen. Gleich-
falls ſchadet dem jungen Anflug und Wie-
derwachs nicht wenig das uͤberfluͤßige
Mooß und allzu geitzige Streuling re-
chen, wormit man die kleinen Pflaͤntz-
gen unvorſichtig ausreiſſet und alſo hier-
durch groſſen Schaden verurſachet.
Von Beſtraͤuche und jungen Dickigten.
Gleichwie alle lebendige und lebloſe,
vernuͤnfftige und unvernuͤnfftige Crea-
turen, nemlich die Menſchen, die wilden
Thiere, die Baͤume und Kraͤuter, ja auch
wohl gar die Steine und unterirdiſche
uns meiſtens noch unbekante Gewaͤchſe,
nachdem ſie aus ihrem Saamen generi-
ret, vermittelſt der Erden Vegetation
und deren Nutriment auf die Welt kom-
men und das Tage-Licht erblicken oder
ihren Lebens-Geiſt oder Animam vege-
tativam erhalten: alſo beginnen dieſel-
ben allmaͤhlich je mehr und mehr durch
ihren erlangten Nahrungs-Safft ferner
zu wachſen, von Tage zu Tage in die Hoͤ-
he und Staͤrcke mercklich zuzunehmen
und hierinnen den Anfang ihres Lebens
oder die Kindheit und Jugend vorzuſtel-
len. Die fernere Zeit geſchiehet mit Ver-
groͤſſerung und Vermehrung ihres
Wachsthums und zunehmenden Kraͤff-
te, wird Adoleſcentiae oder eines Juͤng-
lings Alter billig verglichen. Die Voll-
kommenheit der Natur in ihrem beſten
und kraͤfftigſten erhaltenen Flor iſt, wann
gleich dem Maͤnnlichen Alter auch Trieb
der Natur durch Fruͤchte oder Saamen
jegliches nach ſeiner Art zu fernerer Ver-
mehrung und Propagation nunmehro
tuͤchtig worden iſt; Und dann letztens der
Untergang oder Abnehmen der Natur,
wann die Bluͤth und Frucht, auch der
Safft und Krafft ſich verringern, und
endlich zum Untergange neigen, kan
wohl
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