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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Erster Theil/
[Spaltenumbruch] wohl Senectuti oder dem abnehmenden
hohen Alter gar füglich verglichen wer-
den. Eben diese Beschaffenheit hat es
auch mit denen Bäumen, welche, wie öf-
ters gemeldet, nachdem sie durch ihren
Saamen in der Erden durch ihre Vege-
tation
gekäumet, alsdann zu wachsen
anfangen und also junge Sträucher
oder Gedickigt genennet werden, weiln
dieselben dergestalt tüchte in einander
verwachsen, daß Niemand wohl durch-
kommen kan, und sich daselbst die wilden
Thiere verbergen. Es kan solches wäh-
renden Wachsthums sowohl von allem
Laub-Holtze, als auch von der andern
Gattung des Tangel- oder Hartz-Holtzes
ebener Gestalt auf gleiche Art verstan-
den werden. Und hat die Göttliche All-
macht solche Wohnungen und Dickigte
nicht allein in jungem Gehöltze im Wald,
sondern auch sowohl auff denen höchsten
Felsen-Gebürgen, als in denen finstern
[Spaltenumbruch] Abgründen und tieffen Löchern, oder
nach der Landes-Art in morastigen, mit
Rohr und Schilff verwachsenen, ver-
borgenen Oertern durch die Natur hier-
zu Lager und Behältnisse derer wilden
Thiere verordnet, und väterlich versor-
get, wie er uns Menschen in Häusern
vor allem Ungewitter bewahret, so sor-
get er auch hierinnen vor die Vermehrung
und Gesundheit derer wilden Thiere,
dieselbe vor unnützem Nachstellen derer
Müßig-Gänger, schädlicher Raub-Thiere
und Hunde zu beschützen. Werden also,
wie bereits gemeldet, alle Bäume in ih-
rer Jugend und Wachsthum Sträucher
und dahero verwachsene Dickigte genen-
net, hernachmahls wenn sie ihren Stamm
höher treiben, so heist es alsdenn junges
Holtz, Stangen und dergleichen, biß sie
zu ihrer vollkommenen Größe zu einem
haubaren Holtze erwachsen und gelan-
get sind.

Von Bebüschen und Stauden.
[Spaltenumbruch]

Nechst denen jungen Bäumen, wel-
che, wie gemeldet, in der Jugend als
Sträucher anzusehen, mit der Zeit aber
ihren Wachsthum, Höhe und Stärcke
vergrössern, erachte nicht vor undienlich
zu seyn, zum Beschluß der Beschreibung
alles Holtzes hierbey die Gebüsche und
Stauden anzufügen. Solche, weiln
sie nicht hoch werden, und nimmer kei-
nen rechten Stamm erlangen, sondern
nur als niedrige Stauden aufschiessen,
wachsen sowohl in denen Heyden und
Wäldern, als Aeckern und Feldern, und
werden ebenfalls nicht unbillig unter die
Vegetabilia gerechnet, von welchen hier
specifice Meldung thun will. Und zwar
erstlich von dem Hasel-Strauch, wel-
cher unter andern höchst nützlich, mas-
sen er nicht allein denen Menschen mit
seiner angenehmen Frucht und Hasel-
Nüssen, sondern auch dem Schwartz-
Wildpräth, denen Sauen, zur Mastung
dienet. Es ist ein absonderliches verbor-
genes Werck und Heimlichkeit der Na-
tur, daß der Hasel-Staude Jahrwachs
oder Zwiesel zur Wüntzschel-Ruthe am
besten dienet, wodurch wunderbahrer
Weise die Ertzte, Metallen und Minera-
li
en, ja alle verborgene Schätze der Er-
den, Klüffte und Gänge entdecket und
durch diß Werckzeug das Reichthumb
der Welt erworben wird. Ferner sol-
len sich auch die Schlangen und ander
[Spaltenumbruch] gifftig Gewürm vor seiner Eigenschafft
fürchten. Es dienet dieses Holtz denen
Pulvermachern zu Kohlen und hat ein
grosses haarichtes Laub, so auf der ei-
nen Seiten lichtgrau ist, schläget am
Stamm aus in viele Sommerlatten
und giebt zuweiln, wie ich in Pohlen
befunden, gantze grosse Wälder davon;
Bey uns hier zu Lande aber wachsen
solche meistens im Gebüsche hin und wie-
der: Sie haben des Frühlings lange
Zöpfflein, so anfänglich grün, letztlich
gelb sind, u. hernach abfallen, deren Früch-
te sind die bekante Hasel-Nüße, welche
vor den Nierenstein trefflich gut. Agri-
cola in Chirurgia
schreibet, daß eine un-
glaubliche Krafft wider die Zauberey in
denen Hasel-Misteln oder Kenster ver-
borgen sey: Es wird in denen Officinis
vieles hiervon gebrauchet. Die Ein-
wohner der Stadt Praenestis, wie Virgi-
lius
meldet, haben sich damit des Hun-
gers lange Zeit erwehret, als sie von
Hannibale belagert gewesen. Nechst
diesen ist die Weyde ein sehr nützlich
Gewächs, welches Niemand besser atte-
stir
en kan, als diejenigen, die sonst kein
Holtz haben, maassen sie solches mit
Köpffen der Aeste jährlich reichlich nutzen
und zu ihrem Gebrauch zu brennen,
pflechten, zäunen, auch statt der Stri-
cke und Bänder brauchen. Es wächset
die Weyde gemeiniglich gerne an wässe-

richten

Erſter Theil/
[Spaltenumbruch] wohl Senectuti oder dem abnehmenden
hohen Alter gar fuͤglich verglichen wer-
den. Eben dieſe Beſchaffenheit hat es
auch mit denen Baͤumen, welche, wie oͤf-
ters gemeldet, nachdem ſie durch ihren
Saamen in der Erden durch ihre Vege-
tation
gekaͤumet, alsdann zu wachſen
anfangen und alſo junge Straͤucher
oder Gedickigt genennet werden, weiln
dieſelben dergeſtalt tuͤchte in einander
verwachſen, daß Niemand wohl durch-
kommen kan, und ſich daſelbſt die wilden
Thiere verbergen. Es kan ſolches waͤh-
renden Wachsthums ſowohl von allem
Laub-Holtze, als auch von der andern
Gattung des Tangel- oder Hartz-Holtzes
ebener Geſtalt auf gleiche Art verſtan-
den werden. Und hat die Goͤttliche All-
macht ſolche Wohnungen und Dickigte
nicht allein in jungem Gehoͤltze im Wald,
ſondern auch ſowohl auff denen hoͤchſten
Felſen-Gebuͤrgen, als in denen finſtern
[Spaltenumbruch] Abgruͤnden und tieffen Loͤchern, oder
nach der Landes-Art in moraſtigen, mit
Rohr und Schilff verwachſenen, ver-
borgenen Oertern durch die Natur hier-
zu Lager und Behaͤltniſſe derer wilden
Thiere verordnet, und vaͤterlich verſor-
get, wie er uns Menſchen in Haͤuſern
vor allem Ungewitter bewahret, ſo ſor-
get er auch hieꝛinnen vor die Vermehrung
und Geſundheit derer wilden Thiere,
dieſelbe vor unnuͤtzem Nachſtellen derer
Muͤßig-Gaͤnger, ſchaͤdlicher Raub-Thiere
und Hunde zu beſchuͤtzen. Werden alſo,
wie bereits gemeldet, alle Baͤume in ih-
rer Jugend und Wachsthum Straͤucher
und dahero verwachſene Dickigte genen-
net, hernachmahls wenn ſie ihren Stam̃
hoͤher treiben, ſo heiſt es alsdenn junges
Holtz, Stangen und dergleichen, biß ſie
zu ihrer vollkommenen Groͤße zu einem
haubaren Holtze erwachſen und gelan-
get ſind.

Von Bebuͤſchen und Stauden.
[Spaltenumbruch]

Nechſt denen jungen Baͤumen, wel-
che, wie gemeldet, in der Jugend als
Straͤucher anzuſehen, mit der Zeit aber
ihren Wachsthum, Hoͤhe und Staͤrcke
vergroͤſſern, erachte nicht vor undienlich
zu ſeyn, zum Beſchluß der Beſchreibung
alles Holtzes hierbey die Gebuͤſche und
Stauden anzufuͤgen. Solche, weiln
ſie nicht hoch werden, und nimmer kei-
nen rechten Stamm erlangen, ſondern
nur als niedrige Stauden aufſchieſſen,
wachſen ſowohl in denen Heyden und
Waͤldern, als Aeckern und Feldern, und
werden ebenfalls nicht unbillig unter die
Vegetabilia gerechnet, von welchen hier
ſpecifice Meldung thun will. Und zwar
erſtlich von dem Haſel-Strauch, wel-
cher unter andern hoͤchſt nuͤtzlich, maſ-
ſen er nicht allein denen Menſchen mit
ſeiner angenehmen Frucht und Haſel-
Nuͤſſen, ſondern auch dem Schwartz-
Wildpraͤth, denen Sauen, zur Maſtung
dienet. Es iſt ein abſonderliches verbor-
genes Werck und Heimlichkeit der Na-
tur, daß der Haſel-Staude Jahrwachs
oder Zwieſel zur Wuͤntzſchel-Ruthe am
beſten dienet, wodurch wunderbahrer
Weiſe die Ertzte, Metallen und Minera-
li
en, ja alle verborgene Schaͤtze der Er-
den, Kluͤffte und Gaͤnge entdecket und
durch diß Werckzeug das Reichthumb
der Welt erworben wird. Ferner ſol-
len ſich auch die Schlangen und ander
[Spaltenumbruch] gifftig Gewuͤrm vor ſeiner Eigenſchafft
fuͤrchten. Es dienet dieſes Holtz denen
Pulvermachern zu Kohlen und hat ein
groſſes haarichtes Laub, ſo auf der ei-
nen Seiten lichtgrau iſt, ſchlaͤget am
Stamm aus in viele Sommerlatten
und giebt zuweiln, wie ich in Pohlen
befunden, gantze groſſe Waͤlder davon;
Bey uns hier zu Lande aber wachſen
ſolche meiſtens im Gebuͤſche hin und wie-
der: Sie haben des Fruͤhlings lange
Zoͤpfflein, ſo anfaͤnglich gruͤn, letztlich
gelb ſind, u. hernach abfallen, deren Fruͤch-
te ſind die bekante Haſel-Nuͤße, welche
vor den Nierenſtein trefflich gut. Agri-
cola in Chirurgia
ſchreibet, daß eine un-
glaubliche Krafft wider die Zauberey in
denen Haſel-Miſteln oder Kenſter ver-
borgen ſey: Es wird in denen Officinis
vieles hiervon gebrauchet. Die Ein-
wohner der Stadt Præneſtis, wie Virgi-
lius
meldet, haben ſich damit des Hun-
gers lange Zeit erwehret, als ſie von
Hannibale belagert geweſen. Nechſt
dieſen iſt die Weyde ein ſehr nuͤtzlich
Gewaͤchs, welches Niemand beſſer atte-
ſtir
en kan, als diejenigen, die ſonſt kein
Holtz haben, maaſſen ſie ſolches mit
Koͤpffen der Aeſte jaͤhrlich reichlich nutzen
und zu ihrem Gebrauch zu brennen,
pflechten, zaͤunen, auch ſtatt der Stri-
cke und Baͤnder brauchen. Es waͤchſet
die Weyde gemeiniglich gerne an waͤſſe-

richten
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/118>, abgerufen am 24.11.2024.