Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Theil/
[Spaltenumbruch] dens hoch empor treiben, sie müsten
dann in der Jugend am Gipffel verstüm-
let, und an fernerm Wachsthumb ver-
hindert werden, oder könte vor magerm
sandigten Boden nicht recht hoch ge-
nung aufkommen. Hierbey müssen nur
die dürren mangel- oder schadehafften,
weil sie nicht alle genung Nahrung ha-
ben können, zum nöthigen Gebrauch
ausgesuchet und zu besserer Dauerhaff-
tigkeit zun Hopff-Stangen geschälet, zu
Zaun- oder Rück-Stangen aber gespal-
ten werden. Schlüßlich sind die Band-
Ruthen, oder das Zaun-Reißig wohl die
allerkleinsten, wiewohl es bey denen
erstern nutzbahrer und wirthlicher ein
feiner gleichspaltiger Schindel-Splitt-
und Schleussen-Baum verrichtet; Dar-
gegen die armen unschuldigen kleinen
zarten und noch wüchßige Stämmgen
billig zu schonen. Das Zaun-Reiß ist
noch eine größere Verschwendung, das
gar abzuschaffen höchstnöthig erachte,
zumahl, wenn solches von jungem Hol-
tze vorgenommen würde, wiewohln ei-
nige dieselben von Zweigen oder Aesten
nehmen. Und diß wäre nun eigentlich
das sämtliche Bau-Holtz. Vornehm-
lich ist überhaupt bey allem Bau-Holtze,
groß und klein, genau und wohl zu mer-
cken, daß solches nach fleißigem Augen-
Maasse fein gerade und lang nach Mög-
lichkeit ausgesuchet; Ferner muß man
durch einen Schlag mit der Axt hören,
ob es einen hellen Klang habe, oder
tumpffigt und hohl sey, ingleichen, ob
der Stamm windigt, wie ein Strick von
Jugend auf gewachsen, oder schwämmicht
oder Fluß-Gallen habe, faul, fleckigt oder
rothseidigt sey und zum Bauen taug-
bar sich befinde, welches offt dem klüg-
sten fehlet, weil man nicht darinnen si-
tzet. So wird folglich des Herbsts oder
im Christ-Monden bey abnehmendem
Licht und trockenem Wetter der Stamm
[Spaltenumbruch] nach dem Vortheil gehauen und gefäl-
let, daß er nicht in das Dickigte oder das
junge Unter-Gehöltze niederschlage;
Doch darff es nicht bey gefrorner Zeit
oder nassem Wetter geschehen, weiln der
gefrorne Stamm beym Fall zersprin-
get und wie Glaß zerbricht, das nasse
Holtz aber leicht zur Fäulung geneigt
und wurmstichigt wird. Es kan nicht
schaden, wann solches nach dem Hieb und
Fällung etliche Wochen über liegen blei-
bet, biß es bey Gelegenheit beschlagen,
und beym harten Frost abgeführet wer-
de; Könte es aber beschlagen an einem
trockenen Ort im Schatten bedecket, et-
was welcken, oder solches die Lufft, wann
es aufgeschräncket, austrocknen, wäre es
umb ein merckliches besser, biß es mit
Gelegenheit auf den Zimmer-Platz ge-
führet wird. Als ein Arcanum führe
ich hierbey an, daß es nützlicher und noch
eins so tauerhafft, wenn man der Na-
tur nach des Baums nordische Seite,
wie er gestanden, genau bemercket, eben
zu seinem Gebrauch wiederumb dahin
wendet, es sey zu Schwellen, Säulen,
Balcken oder Sparren, weiln viel in der
Natur verborgen, so man nicht ausler-
net; Ferner, daß man sowohl zu Säu-
len, als Sparren das Stamm-Ende
unten und die Spitze oben gebrauche,
und nicht, wie man Juden hänget, ver-
kehrt baue; Letzlich und zum Schluß ist
das höchstschädliche Holtz verderbliche
Pohlnische oder Wendische Häuser schro-
then abzuschaffen, als worzu noch zwey-
mahl so viel Holtz aufgehet, und nur bey
grossen Wildnissen und überflüßigem
Holtz, aus Faulheit des Mauren, Sta-
cken und Kleiben erdacht worden. Meh-
rere Experimenta kommen wohl unstrei-
tig auf einen erfahrnen Zimmer-Mei-
ster an, als dessen eigene Wissenschafft
solches ist.

Vom Schindel- und Splitt-Baum.
[Spaltenumbruch]

Wo in Ländern nicht überflüßiger A-
ckerbau und Stroh, sondern dasselbe auf
Fütterung über Winter vors Vieh ge-
braucht wird; Desgleichen wo kein
Rohr oder Schilff bey trockenen Län-
dern, sondern meistens grosse Heyden
und Wälder zu befinden, müssen in Er-
mangelung der Ziegel oder der Schief-
fer-Steine die höltzernen Schindeln das
beste Dach geben, wie man vieler Orten
[Spaltenumbruch] davon in Städten, Flecken und Dörf-
fern häuffig findet. Wann nun hier-
zu benöthigtes Holtz verlanget wird, so
muß der Schindel-Macher nach Be-
schaffenheit einen feinen gleichspaltigen
Stamm aussuchen, weiln sonsten offters
das Holtz, sonderlich wenn es im Wet-
ter u. Wind sich träherig herum windet,
hierzu untauglich ist: Ferner muß der-
selbe nicht etwan wammigt, noch kern-

ästig,

Erſter Theil/
[Spaltenumbruch] dens hoch empor treiben, ſie muͤſten
dann in der Jugend am Gipffel verſtuͤm-
let, und an fernerm Wachsthumb ver-
hindert werden, oder koͤnte vor magerm
ſandigten Boden nicht recht hoch ge-
nung aufkommen. Hierbey muͤſſen nur
die duͤrren mangel- oder ſchadehafften,
weil ſie nicht alle genung Nahrung ha-
ben koͤnnen, zum noͤthigen Gebrauch
ausgeſuchet und zu beſſerer Dauerhaff-
tigkeit zun Hopff-Stangen geſchaͤlet, zu
Zaun- oder Ruͤck-Stangen aber geſpal-
ten werden. Schluͤßlich ſind die Band-
Ruthen, oder das Zaun-Reißig wohl die
allerkleinſten, wiewohl es bey denen
erſtern nutzbahrer und wirthlicher ein
feiner gleichſpaltiger Schindel-Splitt-
und Schleuſſen-Baum verrichtet; Dar-
gegen die armen unſchuldigen kleinen
zarten und noch wuͤchßige Staͤmmgen
billig zu ſchonen. Das Zaun-Reiß iſt
noch eine groͤßere Verſchwendung, das
gar abzuſchaffen hoͤchſtnoͤthig erachte,
zumahl, wenn ſolches von jungem Hol-
tze vorgenommen wuͤrde, wiewohln ei-
nige dieſelben von Zweigen oder Aeſten
nehmen. Und diß waͤre nun eigentlich
das ſaͤmtliche Bau-Holtz. Vornehm-
lich iſt uͤberhaupt bey allem Bau-Holtze,
groß und klein, genau und wohl zu mer-
cken, daß ſolches nach fleißigem Augen-
Maaſſe fein gerade und lang nach Moͤg-
lichkeit ausgeſuchet; Ferner muß man
durch einen Schlag mit der Axt hoͤren,
ob es einen hellen Klang habe, oder
tumpffigt und hohl ſey, ingleichen, ob
der Stamm windigt, wie ein Strick von
Jugend auf gewachſen, oder ſchwaͤm̃icht
oder Fluß-Gallen habe, faul, fleckigt oder
rothſeidigt ſey und zum Bauen taug-
bar ſich befinde, welches offt dem kluͤg-
ſten fehlet, weil man nicht darinnen ſi-
tzet. So wird folglich des Herbſts oder
im Chriſt-Monden bey abnehmendem
Licht und trockenem Wetter der Stamm
[Spaltenumbruch] nach dem Vortheil gehauen und gefaͤl-
let, daß er nicht in das Dickigte oder das
junge Unter-Gehoͤltze niederſchlage;
Doch darff es nicht bey gefrorner Zeit
oder naſſem Wetter geſchehen, weiln der
gefrorne Stamm beym Fall zerſprin-
get und wie Glaß zerbricht, das naſſe
Holtz aber leicht zur Faͤulung geneigt
und wurmſtichigt wird. Es kan nicht
ſchaden, wann ſolches nach dem Hieb und
Faͤllung etliche Wochen uͤber liegen blei-
bet, biß es bey Gelegenheit beſchlagen,
und beym harten Froſt abgefuͤhret wer-
de; Koͤnte es aber beſchlagen an einem
trockenen Ort im Schatten bedecket, et-
was welcken, oder ſolches die Lufft, wann
es aufgeſchraͤncket, austrocknen, waͤre es
umb ein merckliches beſſer, biß es mit
Gelegenheit auf den Zimmer-Platz ge-
fuͤhret wird. Als ein Arcanum fuͤhre
ich hierbey an, daß es nuͤtzlicher und noch
eins ſo tauerhafft, wenn man der Na-
tur nach des Baums nordiſche Seite,
wie er geſtanden, genau bemercket, eben
zu ſeinem Gebrauch wiederumb dahin
wendet, es ſey zu Schwellen, Saͤulen,
Balcken oder Sparren, weiln viel in der
Natur verborgen, ſo man nicht ausler-
net; Ferner, daß man ſowohl zu Saͤu-
len, als Sparren das Stamm-Ende
unten und die Spitze oben gebrauche,
und nicht, wie man Juden haͤnget, ver-
kehrt baue; Letzlich und zum Schluß iſt
das hoͤchſtſchaͤdliche Holtz verderbliche
Pohlniſche oder Wendiſche Haͤuſer ſchro-
then abzuſchaffen, als worzu noch zwey-
mahl ſo viel Holtz aufgehet, und nur bey
groſſen Wildniſſen und uͤberfluͤßigem
Holtz, aus Faulheit des Mauren, Sta-
cken und Kleiben erdacht worden. Meh-
rere Experimenta kommen wohl unſtrei-
tig auf einen erfahrnen Zimmer-Mei-
ſter an, als deſſen eigene Wiſſenſchafft
ſolches iſt.

Vom Schindel- und Splitt-Baum.
[Spaltenumbruch]

Wo in Laͤndern nicht uͤberfluͤßiger A-
ckerbau und Stroh, ſondern daſſelbe auf
Fuͤtterung uͤber Winter vors Vieh ge-
braucht wird; Desgleichen wo kein
Rohr oder Schilff bey trockenen Laͤn-
dern, ſondern meiſtens groſſe Heyden
und Waͤlder zu befinden, muͤſſen in Er-
mangelung der Ziegel oder der Schief-
fer-Steine die hoͤltzernen Schindeln das
beſte Dach geben, wie man vieler Orten
[Spaltenumbruch] davon in Staͤdten, Flecken und Doͤrf-
fern haͤuffig findet. Wann nun hier-
zu benoͤthigtes Holtz verlanget wird, ſo
muß der Schindel-Macher nach Be-
ſchaffenheit einen feinen gleichſpaltigen
Stamm ausſuchen, weiln ſonſten offters
das Holtz, ſonderlich wenn es im Wet-
ter u. Wind ſich traͤherig herum windet,
hierzu untauglich iſt: Ferner muß der-
ſelbe nicht etwan wammigt, noch kern-

aͤſtig,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0156" n="72"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Theil/</hi></fw><lb/><cb/>
dens hoch empor treiben, &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
dann in der Jugend am Gipffel ver&#x017F;tu&#x0364;m-<lb/>
let, und an fernerm Wachsthumb ver-<lb/>
hindert werden, oder ko&#x0364;nte vor magerm<lb/>
&#x017F;andigten Boden nicht recht hoch ge-<lb/>
nung aufkommen. Hierbey mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nur<lb/>
die du&#x0364;rren mangel- oder &#x017F;chadehafften,<lb/>
weil &#x017F;ie nicht alle genung Nahrung ha-<lb/>
ben ko&#x0364;nnen, zum no&#x0364;thigen Gebrauch<lb/>
ausge&#x017F;uchet und zu be&#x017F;&#x017F;erer Dauerhaff-<lb/>
tigkeit zun Hopff-Stangen ge&#x017F;cha&#x0364;let, zu<lb/>
Zaun- oder Ru&#x0364;ck-Stangen aber ge&#x017F;pal-<lb/>
ten werden. Schlu&#x0364;ßlich &#x017F;ind die Band-<lb/>
Ruthen, oder das Zaun-Reißig wohl die<lb/>
allerklein&#x017F;ten, wiewohl es bey denen<lb/>
er&#x017F;tern nutzbahrer und wirthlicher ein<lb/>
feiner gleich&#x017F;paltiger Schindel-Splitt-<lb/>
und Schleu&#x017F;&#x017F;en-Baum verrichtet; Dar-<lb/>
gegen die armen un&#x017F;chuldigen kleinen<lb/>
zarten und noch wu&#x0364;chßige Sta&#x0364;mmgen<lb/>
billig zu &#x017F;chonen. Das Zaun-Reiß i&#x017F;t<lb/>
noch eine gro&#x0364;ßere Ver&#x017F;chwendung, das<lb/>
gar abzu&#x017F;chaffen ho&#x0364;ch&#x017F;tno&#x0364;thig erachte,<lb/>
zumahl, wenn &#x017F;olches von jungem Hol-<lb/>
tze vorgenommen wu&#x0364;rde, wiewohln ei-<lb/>
nige die&#x017F;elben von Zweigen oder Ae&#x017F;ten<lb/>
nehmen. Und diß wa&#x0364;re nun eigentlich<lb/>
das &#x017F;a&#x0364;mtliche Bau-Holtz. Vornehm-<lb/>
lich i&#x017F;t u&#x0364;berhaupt bey allem Bau-Holtze,<lb/>
groß und klein, genau und wohl zu mer-<lb/>
cken, daß &#x017F;olches nach fleißigem Augen-<lb/>
Maa&#x017F;&#x017F;e fein gerade und lang nach Mo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit ausge&#x017F;uchet; Ferner muß man<lb/>
durch einen Schlag mit der Axt ho&#x0364;ren,<lb/>
ob es einen hellen Klang habe, oder<lb/>
tumpffigt und hohl &#x017F;ey, ingleichen, ob<lb/>
der Stamm windigt, wie ein Strick von<lb/>
Jugend auf gewach&#x017F;en, oder &#x017F;chwa&#x0364;m&#x0303;icht<lb/>
oder Fluß-Gallen habe, faul, fleckigt oder<lb/>
roth&#x017F;eidigt &#x017F;ey und zum Bauen taug-<lb/>
bar &#x017F;ich befinde, welches offt dem klu&#x0364;g-<lb/>
&#x017F;ten fehlet, weil man nicht darinnen &#x017F;i-<lb/>
tzet. So wird folglich des Herb&#x017F;ts oder<lb/>
im Chri&#x017F;t-Monden bey abnehmendem<lb/>
Licht und trockenem Wetter der Stamm<lb/><cb/>
nach dem Vortheil gehauen und gefa&#x0364;l-<lb/>
let, daß er nicht in das Dickigte oder das<lb/>
junge Unter-Geho&#x0364;ltze nieder&#x017F;chlage;<lb/>
Doch darff es nicht bey gefrorner Zeit<lb/>
oder na&#x017F;&#x017F;em Wetter ge&#x017F;chehen, weiln der<lb/>
gefrorne Stamm beym Fall zer&#x017F;prin-<lb/>
get und wie Glaß zerbricht, das na&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Holtz aber leicht zur Fa&#x0364;ulung geneigt<lb/>
und wurm&#x017F;tichigt wird. Es kan nicht<lb/>
&#x017F;chaden, wann &#x017F;olches nach dem Hieb und<lb/>
Fa&#x0364;llung etliche Wochen u&#x0364;ber liegen blei-<lb/>
bet, biß es bey Gelegenheit be&#x017F;chlagen,<lb/>
und beym harten Fro&#x017F;t abgefu&#x0364;hret wer-<lb/>
de; Ko&#x0364;nte es aber be&#x017F;chlagen an einem<lb/>
trockenen Ort im Schatten bedecket, et-<lb/>
was welcken, oder &#x017F;olches die Lufft, wann<lb/>
es aufge&#x017F;chra&#x0364;ncket, austrocknen, wa&#x0364;re es<lb/>
umb ein merckliches be&#x017F;&#x017F;er, biß es mit<lb/>
Gelegenheit auf den Zimmer-Platz ge-<lb/>
fu&#x0364;hret wird. Als ein <hi rendition="#aq">Arcanum</hi> fu&#x0364;hre<lb/>
ich hierbey an, daß es nu&#x0364;tzlicher und noch<lb/>
eins &#x017F;o tauerhafft, wenn man der Na-<lb/>
tur nach des Baums nordi&#x017F;che Seite,<lb/>
wie er ge&#x017F;tanden, genau bemercket, eben<lb/>
zu &#x017F;einem Gebrauch wiederumb dahin<lb/>
wendet, es &#x017F;ey zu Schwellen, Sa&#x0364;ulen,<lb/>
Balcken oder Sparren, weiln viel in der<lb/>
Natur verborgen, &#x017F;o man nicht ausler-<lb/>
net; Ferner, daß man &#x017F;owohl zu Sa&#x0364;u-<lb/>
len, als Sparren das Stamm-Ende<lb/>
unten und die Spitze oben gebrauche,<lb/>
und nicht, wie man Juden ha&#x0364;nget, ver-<lb/>
kehrt baue; Letzlich und zum Schluß i&#x017F;t<lb/>
das ho&#x0364;ch&#x017F;t&#x017F;cha&#x0364;dliche Holtz verderbliche<lb/>
Pohlni&#x017F;che oder Wendi&#x017F;che Ha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;chro-<lb/>
then abzu&#x017F;chaffen, als worzu noch zwey-<lb/>
mahl &#x017F;o viel Holtz aufgehet, und nur bey<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Wildni&#x017F;&#x017F;en und u&#x0364;berflu&#x0364;ßigem<lb/>
Holtz, aus Faulheit des Mauren, Sta-<lb/>
cken und Kleiben erdacht worden. Meh-<lb/>
rere <hi rendition="#aq">Experimenta</hi> kommen wohl un&#x017F;trei-<lb/>
tig auf einen erfahrnen Zimmer-Mei-<lb/>
&#x017F;ter an, als de&#x017F;&#x017F;en eigene Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft<lb/>
&#x017F;olches i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vom <hi rendition="#in">S</hi>chindel- und <hi rendition="#in">S</hi>plitt-<hi rendition="#in">B</hi>aum.</hi> </head><lb/>
          <cb/>
          <p>Wo in La&#x0364;ndern nicht u&#x0364;berflu&#x0364;ßiger A-<lb/>
ckerbau und Stroh, &#x017F;ondern da&#x017F;&#x017F;elbe auf<lb/>
Fu&#x0364;tterung u&#x0364;ber Winter vors Vieh ge-<lb/>
braucht wird; Desgleichen wo kein<lb/>
Rohr oder Schilff bey trockenen La&#x0364;n-<lb/>
dern, &#x017F;ondern mei&#x017F;tens gro&#x017F;&#x017F;e Heyden<lb/>
und Wa&#x0364;lder zu befinden, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en in Er-<lb/>
mangelung der Ziegel oder der Schief-<lb/>
fer-Steine die ho&#x0364;ltzernen Schindeln das<lb/>
be&#x017F;te Dach geben, wie man vieler Orten<lb/><cb/>
davon in Sta&#x0364;dten, Flecken und Do&#x0364;rf-<lb/>
fern ha&#x0364;uffig findet. Wann nun hier-<lb/>
zu beno&#x0364;thigtes Holtz verlanget wird, &#x017F;o<lb/>
muß der Schindel-Macher nach Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit einen feinen gleich&#x017F;paltigen<lb/>
Stamm aus&#x017F;uchen, weiln &#x017F;on&#x017F;ten offters<lb/>
das Holtz, &#x017F;onderlich wenn es im Wet-<lb/>
ter u. Wind &#x017F;ich tra&#x0364;herig herum windet,<lb/>
hierzu untauglich i&#x017F;t: Ferner muß der-<lb/>
&#x017F;elbe nicht etwan wammigt, noch kern-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">a&#x0364;&#x017F;tig,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0156] Erſter Theil/ dens hoch empor treiben, ſie muͤſten dann in der Jugend am Gipffel verſtuͤm- let, und an fernerm Wachsthumb ver- hindert werden, oder koͤnte vor magerm ſandigten Boden nicht recht hoch ge- nung aufkommen. Hierbey muͤſſen nur die duͤrren mangel- oder ſchadehafften, weil ſie nicht alle genung Nahrung ha- ben koͤnnen, zum noͤthigen Gebrauch ausgeſuchet und zu beſſerer Dauerhaff- tigkeit zun Hopff-Stangen geſchaͤlet, zu Zaun- oder Ruͤck-Stangen aber geſpal- ten werden. Schluͤßlich ſind die Band- Ruthen, oder das Zaun-Reißig wohl die allerkleinſten, wiewohl es bey denen erſtern nutzbahrer und wirthlicher ein feiner gleichſpaltiger Schindel-Splitt- und Schleuſſen-Baum verrichtet; Dar- gegen die armen unſchuldigen kleinen zarten und noch wuͤchßige Staͤmmgen billig zu ſchonen. Das Zaun-Reiß iſt noch eine groͤßere Verſchwendung, das gar abzuſchaffen hoͤchſtnoͤthig erachte, zumahl, wenn ſolches von jungem Hol- tze vorgenommen wuͤrde, wiewohln ei- nige dieſelben von Zweigen oder Aeſten nehmen. Und diß waͤre nun eigentlich das ſaͤmtliche Bau-Holtz. Vornehm- lich iſt uͤberhaupt bey allem Bau-Holtze, groß und klein, genau und wohl zu mer- cken, daß ſolches nach fleißigem Augen- Maaſſe fein gerade und lang nach Moͤg- lichkeit ausgeſuchet; Ferner muß man durch einen Schlag mit der Axt hoͤren, ob es einen hellen Klang habe, oder tumpffigt und hohl ſey, ingleichen, ob der Stamm windigt, wie ein Strick von Jugend auf gewachſen, oder ſchwaͤm̃icht oder Fluß-Gallen habe, faul, fleckigt oder rothſeidigt ſey und zum Bauen taug- bar ſich befinde, welches offt dem kluͤg- ſten fehlet, weil man nicht darinnen ſi- tzet. So wird folglich des Herbſts oder im Chriſt-Monden bey abnehmendem Licht und trockenem Wetter der Stamm nach dem Vortheil gehauen und gefaͤl- let, daß er nicht in das Dickigte oder das junge Unter-Gehoͤltze niederſchlage; Doch darff es nicht bey gefrorner Zeit oder naſſem Wetter geſchehen, weiln der gefrorne Stamm beym Fall zerſprin- get und wie Glaß zerbricht, das naſſe Holtz aber leicht zur Faͤulung geneigt und wurmſtichigt wird. Es kan nicht ſchaden, wann ſolches nach dem Hieb und Faͤllung etliche Wochen uͤber liegen blei- bet, biß es bey Gelegenheit beſchlagen, und beym harten Froſt abgefuͤhret wer- de; Koͤnte es aber beſchlagen an einem trockenen Ort im Schatten bedecket, et- was welcken, oder ſolches die Lufft, wann es aufgeſchraͤncket, austrocknen, waͤre es umb ein merckliches beſſer, biß es mit Gelegenheit auf den Zimmer-Platz ge- fuͤhret wird. Als ein Arcanum fuͤhre ich hierbey an, daß es nuͤtzlicher und noch eins ſo tauerhafft, wenn man der Na- tur nach des Baums nordiſche Seite, wie er geſtanden, genau bemercket, eben zu ſeinem Gebrauch wiederumb dahin wendet, es ſey zu Schwellen, Saͤulen, Balcken oder Sparren, weiln viel in der Natur verborgen, ſo man nicht ausler- net; Ferner, daß man ſowohl zu Saͤu- len, als Sparren das Stamm-Ende unten und die Spitze oben gebrauche, und nicht, wie man Juden haͤnget, ver- kehrt baue; Letzlich und zum Schluß iſt das hoͤchſtſchaͤdliche Holtz verderbliche Pohlniſche oder Wendiſche Haͤuſer ſchro- then abzuſchaffen, als worzu noch zwey- mahl ſo viel Holtz aufgehet, und nur bey groſſen Wildniſſen und uͤberfluͤßigem Holtz, aus Faulheit des Mauren, Sta- cken und Kleiben erdacht worden. Meh- rere Experimenta kommen wohl unſtrei- tig auf einen erfahrnen Zimmer-Mei- ſter an, als deſſen eigene Wiſſenſchafft ſolches iſt. Vom Schindel- und Splitt-Baum. Wo in Laͤndern nicht uͤberfluͤßiger A- ckerbau und Stroh, ſondern daſſelbe auf Fuͤtterung uͤber Winter vors Vieh ge- braucht wird; Desgleichen wo kein Rohr oder Schilff bey trockenen Laͤn- dern, ſondern meiſtens groſſe Heyden und Waͤlder zu befinden, muͤſſen in Er- mangelung der Ziegel oder der Schief- fer-Steine die hoͤltzernen Schindeln das beſte Dach geben, wie man vieler Orten davon in Staͤdten, Flecken und Doͤrf- fern haͤuffig findet. Wann nun hier- zu benoͤthigtes Holtz verlanget wird, ſo muß der Schindel-Macher nach Be- ſchaffenheit einen feinen gleichſpaltigen Stamm ausſuchen, weiln ſonſten offters das Holtz, ſonderlich wenn es im Wet- ter u. Wind ſich traͤherig herum windet, hierzu untauglich iſt: Ferner muß der- ſelbe nicht etwan wammigt, noch kern- aͤſtig,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/156
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/156>, abgerufen am 21.11.2024.