Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] in denen faulen Stöcken suchet, die er
zerbricht, und die Ameissen daraus ge-
nüsset: Dahero seine Lohsung meisten-
theils von Ameisen als ein zusammen ge-
druckter Ballen aussiehet. Die Bärin
sauget ihre Jungen nicht wie andere
Thiere hinterwärts, sondern vorwärts,
nach dem Brust kern zu, mit zweyen Ge-
säugen, gleich einem Weibsbild. So die
Bären von Jugend auf bey denen Men-
schen zahm auferzogen werden, sind sie
artig und fromm, doch müssen sie kein
Blut oder Fleisch kriegen, so roh ist, wo-
von sie grimmig werden. Jm Alter a-
ber werden sie böß. Sie leben nicht über
zwantzig Jahr. So sie in der Höhle ge-
hungert haben, gebrauchen sie Sauer-
ampff, und andere Kräuter zu ihrer
Nahrung, wegen des Magens und Ge-
därms. Der Bärin ihre Fährd ist länger
und schmähler, als des Bärs, welcher
grosse Branten und Klauen, sonderlich an
der Hinter-Spuhr hat: Der Bärin ihre
Ferse aber sind kleiner, des Bärs schwäch-
stes Glied ist gleichwie bey dem Tachs die
Nase und Stirn, so er daselbst verletzet
wird; Jst auch sonst ein sehr geyles Thier.
So es eine unrichtige Weibes Person
vermercket, würde es mit derselben durch
Gewalt Unzucht treiben. Sie brunff-
ten öffters vorwarts, wie Menschen,
theils auch von hinten, wie Hunde. Jhre
angebohrne Blödigkeit der Augen curi-
r
en sie durch Aderlassen, wenn sie der wil-
den Bienen, Wespen, und Hummeln
Nester besteigen und reissen, wobey ih-
nen die Nase dergestalt bestochen wird,
daß viel dickes Geblüth abgehet, also die
Augen umb ein ziemliches heller werden.
Es soll auch der Bär rückwärts in sei-
ne Höhle gehen, daß man meynen sol-
te, er sey heraus gegangen. Jnsgemein
sind deren Bären vielerley Gattungen,
nachdem das Clima ist; die bekantesten
aber sind zweyerley: Die eine Art ist
groß, deren theils Oerten gantz schwartz,
groß und lang sind, wie in Preussen
und Litthauen, andere hingegen sind
Braun, auch ziemlich grosser Art, wie
in Pohlen; Diese sind schlechter und zer-
reissen alles, was fleischig ist, nicht nur
[Spaltenumbruch] in der Satz-Zeit die Wild-Kälber, son-
dern auch das gefallene Wild, und zahm
Vieh, gestorben Aß und Luder, und ha-
ben dunckelbraune Haare, sind auch
grimmiger nach denen Menschen. Die
andere Art aber ist viel kleiner, kurtz
und dick, heissen Zeiddel-Bäre, weil sie
den Honig zeiddeln; diese können auf die
Bäume besser klettern, als jene, sind
auch etwas lichtbräuner an Farbe. Sie
thun einem Menschen leichte nichts, wenn
sie nicht böse gemachet werden. Ein Bär
hat einen schwerlichen Lauff und nicht
viel schneller, als ein Mensch, so er einem
Menschen nahe kommt, oder sich ange-
griffen vermuthet, hebt er sich empor auf
die hintern Füsse und zeiget seinen Zorn
an durch Brummen, doch ist die Bärin
grimmiger und etwas länger, als der
Bär. Sie trincken nicht wie andere
Thiere, sondern fressen gleichsam Bissen
weise aus dem Wasser. Nach dem Bey-
schlaff absentiren sich die Bärinnen und
streiffen den Haber mit denen Tatzen oder
Maul ab, vorhero aber sehen sie sich wohl
umb. Daß es in denen Nordischen kalten
Ländern, als Grönland, Jßland und No-
va Zembla,
wegen des kalten Climatis
und grimmigen Schnees und Frosts gantz
weisse Bäre geben soll, welche so wohl un-
ter dem Wasser von denen Fischen und
andern Wasser-Gewächsen, als auch auf
dem Lande, wie die Amphibia sich neh-
ren, findet man aus denen Reisebeschrei-
bungen vor gewiß versichert, und sollen
sie sich auf Acht Tage im Wasser erhal-
ten können und daselbsten sich sehr häu-
fig finden lassen; Doch ist dieses eine gantz
andere Art, als die hier zu Lande ge-
wöhnliche Bäre. Letzlich wegen ihrer
Spuhr, woran am meisten gelegen, ist
zu mercken, daß die Vorder-Tatzen brei-
te dicke Ballen innerlich gegen einander
zu zwey Grüblein haben, und fünff Zä-
hen, woran die Nägel oder Klauen im-
mer kleiner zusammen gezogen; Die Hin-
ter-Spuhr aber einen kurtz und breiten
Menschen Fuß mit Fersen, Fußhöhle (so
rauch verwachsen) u. Ballen mit 5. Zähne
haben, nur daß die innern Zähen allzeit
immer kleine, als die äusern gewachsen.

Vom Auer.
[Spaltenumbruch]

Die Auer oder Auer-Ochsen sind von
dunckelschwartzer Farbe, welche vor die-
sem in denen grossen Wüsteneyen Teutsch-
landes oder dem Sylva hercinia, dem
[Spaltenumbruch] Hartz- oder Schwartz-Walde gesehen
worden, bey Ausrottung aber solcher un-
geheuern Wälder, sich jetzo nach denen
septentrionalischen Ländern, als Litthau-

en

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] in denen faulen Stoͤcken ſuchet, die er
zerbricht, und die Ameiſſen daraus ge-
nuͤſſet: Dahero ſeine Lohſung meiſten-
theils von Ameiſen als ein zuſammen ge-
druckter Ballen ausſiehet. Die Baͤrin
ſauget ihre Jungen nicht wie andere
Thiere hinterwaͤrts, ſondern vorwaͤrts,
nach dem Bruſt kern zu, mit zweyen Ge-
ſaͤugen, gleich einem Weibsbild. So die
Baͤren von Jugend auf bey denen Men-
ſchen zahm auferzogen werden, ſind ſie
artig und fromm, doch muͤſſen ſie kein
Blut oder Fleiſch kriegen, ſo roh iſt, wo-
von ſie grimmig werden. Jm Alter a-
ber werden ſie boͤß. Sie leben nicht uͤber
zwantzig Jahr. So ſie in der Hoͤhle ge-
hungert haben, gebrauchen ſie Sauer-
ampff, und andere Kraͤuter zu ihrer
Nahrung, wegen des Magens und Ge-
daͤrms. Der Baͤrin ihre Faͤhrd iſt laͤnger
und ſchmaͤhler, als des Baͤrs, welcher
groſſe Branten und Klauen, ſonderlich an
der Hinter-Spuhr hat: Der Baͤrin ihre
Ferſe aber ſind kleiner, des Baͤrs ſchwaͤch-
ſtes Glied iſt gleichwie bey dem Tachs die
Naſe und Stirn, ſo er daſelbſt verletzet
wird; Jſt auch ſonſt ein ſehr geyles Thier.
So es eine unrichtige Weibes Perſon
vermercket, wuͤrde es mit derſelben durch
Gewalt Unzucht treiben. Sie brunff-
ten oͤffters vorwarts, wie Menſchen,
theils auch von hinten, wie Hunde. Jhre
angebohrne Bloͤdigkeit der Augen curi-
r
en ſie durch Aderlaſſen, weñ ſie der wil-
den Bienen, Weſpen, und Hummeln
Neſter beſteigen und reiſſen, wobey ih-
nen die Naſe dergeſtalt beſtochen wird,
daß viel dickes Gebluͤth abgehet, alſo die
Augen umb ein ziemliches heller werden.
Es ſoll auch der Baͤr ruͤckwaͤrts in ſei-
ne Hoͤhle gehen, daß man meynen ſol-
te, er ſey heraus gegangen. Jnsgemein
ſind deren Baͤren vielerley Gattungen,
nachdem das Clima iſt; die bekanteſten
aber ſind zweyerley: Die eine Art iſt
groß, deren theils Oerten gantz ſchwartz,
groß und lang ſind, wie in Preuſſen
und Litthauen, andere hingegen ſind
Braun, auch ziemlich groſſer Art, wie
in Pohlen; Dieſe ſind ſchlechter und zer-
reiſſen alles, was fleiſchig iſt, nicht nur
[Spaltenumbruch] in der Satz-Zeit die Wild-Kaͤlber, ſon-
dern auch das gefallene Wild, und zahm
Vieh, geſtorben Aß und Luder, und ha-
ben dunckelbraune Haare, ſind auch
grimmiger nach denen Menſchen. Die
andere Art aber iſt viel kleiner, kurtz
und dick, heiſſen Zeiddel-Baͤre, weil ſie
den Honig zeiddeln; dieſe koͤnnen auf die
Baͤume beſſer klettern, als jene, ſind
auch etwas lichtbraͤuner an Farbe. Sie
thun einem Menſchen leichte nichts, wenn
ſie nicht boͤſe gemachet werden. Ein Baͤr
hat einen ſchwerlichen Lauff und nicht
viel ſchneller, als ein Menſch, ſo er einem
Menſchen nahe kommt, oder ſich ange-
griffen vermuthet, hebt er ſich empor auf
die hintern Fuͤſſe und zeiget ſeinen Zorn
an durch Brummen, doch iſt die Baͤrin
grimmiger und etwas laͤnger, als der
Baͤr. Sie trincken nicht wie andere
Thiere, ſondern freſſen gleichſam Biſſen
weiſe aus dem Waſſer. Nach dem Bey-
ſchlaff abſentiren ſich die Baͤrinnen und
ſtreiffen den Haber mit denen Tatzen oder
Maul ab, vorhero aber ſehen ſie ſich wohl
umb. Daß es in denen Nordiſchen kalten
Laͤndern, als Groͤnland, Jßland und No-
va Zembla,
wegen des kalten Climatis
und grim̃igen Schnees und Froſts gantz
weiſſe Baͤre geben ſoll, welche ſo wohl un-
ter dem Waſſer von denen Fiſchen und
andern Waſſer-Gewaͤchſen, als auch auf
dem Lande, wie die Amphibia ſich neh-
ren, findet man aus denen Reiſebeſchrei-
bungen vor gewiß verſichert, und ſollen
ſie ſich auf Acht Tage im Waſſer erhal-
ten koͤnnen und daſelbſten ſich ſehr haͤu-
fig finden laſſen; Doch iſt dieſes eine gantz
andere Art, als die hier zu Lande ge-
woͤhnliche Baͤre. Letzlich wegen ihrer
Spuhr, woran am meiſten gelegen, iſt
zu mercken, daß die Vorder-Tatzen brei-
te dicke Ballen innerlich gegen einander
zu zwey Gruͤblein haben, und fuͤnff Zaͤ-
hen, woran die Naͤgel oder Klauen im-
mer kleiner zuſam̃en gezogen; Die Hin-
ter-Spuhr aber einen kurtz und breiten
Menſchen Fuß mit Ferſen, Fußhoͤhle (ſo
rauch verwachſen) u. Ballen mit 5. Zaͤhne
haben, nur daß die innern Zaͤhen allzeit
immer kleine, als die aͤuſern gewachſen.

Vom Auer.
[Spaltenumbruch]

Die Auer oder Auer-Ochſen ſind von
dunckelſchwartzer Farbe, welche vor die-
ſem in denen gꝛoſſen Wuͤſteneyen Teutſch-
landes oder dem Sylva hercinia, dem
[Spaltenumbruch] Hartz- oder Schwartz-Walde geſehen
worden, bey Ausrottung aber ſolcher un-
geheuern Waͤlder, ſich jetzo nach denen
ſeptentrionaliſchen Laͤndern, als Litthau-

en
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0178" n="88"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderer Theil/</hi></fw><lb/><cb/>
in denen faulen Sto&#x0364;cken &#x017F;uchet, die er<lb/>
zerbricht, und die Amei&#x017F;&#x017F;en daraus ge-<lb/>
nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et: Dahero &#x017F;eine Loh&#x017F;ung mei&#x017F;ten-<lb/>
theils von Amei&#x017F;en als ein zu&#x017F;ammen ge-<lb/>
druckter Ballen aus&#x017F;iehet. Die Ba&#x0364;rin<lb/>
&#x017F;auget ihre Jungen nicht wie andere<lb/>
Thiere hinterwa&#x0364;rts, &#x017F;ondern vorwa&#x0364;rts,<lb/>
nach dem Bru&#x017F;t kern zu, mit zweyen Ge-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ugen, gleich einem Weibsbild. So die<lb/>
Ba&#x0364;ren von Jugend auf bey denen Men-<lb/>
&#x017F;chen zahm auferzogen werden, &#x017F;ind &#x017F;ie<lb/>
artig und fromm, doch mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie kein<lb/>
Blut oder Flei&#x017F;ch kriegen, &#x017F;o roh i&#x017F;t, wo-<lb/>
von &#x017F;ie grimmig werden. Jm Alter a-<lb/>
ber werden &#x017F;ie bo&#x0364;ß. Sie leben nicht u&#x0364;ber<lb/>
zwantzig Jahr. So &#x017F;ie in der Ho&#x0364;hle ge-<lb/>
hungert haben, gebrauchen &#x017F;ie Sauer-<lb/>
ampff, und andere Kra&#x0364;uter zu ihrer<lb/>
Nahrung, wegen des Magens und Ge-<lb/>
da&#x0364;rms. Der Ba&#x0364;rin ihre Fa&#x0364;hrd i&#x017F;t la&#x0364;nger<lb/>
und &#x017F;chma&#x0364;hler, als des Ba&#x0364;rs, welcher<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Branten und Klauen, &#x017F;onderlich an<lb/>
der Hinter-Spuhr hat: Der Ba&#x0364;rin ihre<lb/>
Fer&#x017F;e aber &#x017F;ind kleiner, des Ba&#x0364;rs &#x017F;chwa&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;tes Glied i&#x017F;t gleichwie bey dem Tachs die<lb/>
Na&#x017F;e und Stirn, &#x017F;o er da&#x017F;elb&#x017F;t verletzet<lb/>
wird; J&#x017F;t auch &#x017F;on&#x017F;t ein &#x017F;ehr geyles Thier.<lb/>
So es eine unrichtige Weibes Per&#x017F;on<lb/>
vermercket, wu&#x0364;rde es mit der&#x017F;elben durch<lb/>
Gewalt Unzucht treiben. Sie brunff-<lb/>
ten o&#x0364;ffters vorwarts, wie Men&#x017F;chen,<lb/>
theils auch von hinten, wie Hunde. Jhre<lb/>
angebohrne Blo&#x0364;digkeit der Augen <hi rendition="#aq">curi-<lb/>
r</hi>en &#x017F;ie durch Aderla&#x017F;&#x017F;en, wen&#x0303; &#x017F;ie der wil-<lb/>
den Bienen, We&#x017F;pen, und Hummeln<lb/>
Ne&#x017F;ter be&#x017F;teigen und rei&#x017F;&#x017F;en, wobey ih-<lb/>
nen die Na&#x017F;e derge&#x017F;talt be&#x017F;tochen wird,<lb/>
daß viel dickes Geblu&#x0364;th abgehet, al&#x017F;o die<lb/>
Augen umb ein ziemliches heller werden.<lb/>
Es &#x017F;oll auch der Ba&#x0364;r ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts in &#x017F;ei-<lb/>
ne Ho&#x0364;hle gehen, daß man meynen &#x017F;ol-<lb/>
te, er &#x017F;ey heraus gegangen. Jnsgemein<lb/>
&#x017F;ind deren Ba&#x0364;ren vielerley Gattungen,<lb/>
nachdem das <hi rendition="#aq">Clima</hi> i&#x017F;t; die bekante&#x017F;ten<lb/>
aber &#x017F;ind zweyerley: Die eine Art i&#x017F;t<lb/>
groß, deren theils Oerten gantz &#x017F;chwartz,<lb/>
groß und lang &#x017F;ind, wie in Preu&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und Litthauen, andere hingegen &#x017F;ind<lb/>
Braun, auch ziemlich gro&#x017F;&#x017F;er Art, wie<lb/>
in Pohlen; Die&#x017F;e &#x017F;ind &#x017F;chlechter und zer-<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;en alles, was flei&#x017F;chig i&#x017F;t, nicht nur<lb/><cb/>
in der Satz-Zeit die Wild-Ka&#x0364;lber, &#x017F;on-<lb/>
dern auch das gefallene Wild, und zahm<lb/>
Vieh, ge&#x017F;torben Aß und Luder, und ha-<lb/>
ben dunckelbraune Haare, &#x017F;ind auch<lb/>
grimmiger nach denen Men&#x017F;chen. Die<lb/>
andere Art aber i&#x017F;t viel kleiner, kurtz<lb/>
und dick, hei&#x017F;&#x017F;en Zeiddel-Ba&#x0364;re, weil &#x017F;ie<lb/>
den Honig zeiddeln; die&#x017F;e ko&#x0364;nnen auf die<lb/>
Ba&#x0364;ume be&#x017F;&#x017F;er klettern, als jene, &#x017F;ind<lb/>
auch etwas lichtbra&#x0364;uner an Farbe. Sie<lb/>
thun einem Men&#x017F;chen leichte nichts, wenn<lb/>
&#x017F;ie nicht bo&#x0364;&#x017F;e gemachet werden. Ein Ba&#x0364;r<lb/>
hat einen &#x017F;chwerlichen Lauff und nicht<lb/>
viel &#x017F;chneller, als ein Men&#x017F;ch, &#x017F;o er einem<lb/>
Men&#x017F;chen nahe kommt, oder &#x017F;ich ange-<lb/>
griffen vermuthet, hebt er &#x017F;ich empor auf<lb/>
die hintern Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und zeiget &#x017F;einen Zorn<lb/>
an durch Brummen, doch i&#x017F;t die Ba&#x0364;rin<lb/>
grimmiger und etwas la&#x0364;nger, als der<lb/>
Ba&#x0364;r. Sie trincken nicht wie andere<lb/>
Thiere, &#x017F;ondern fre&#x017F;&#x017F;en gleich&#x017F;am Bi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wei&#x017F;e aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er. Nach dem Bey-<lb/>
&#x017F;chlaff <hi rendition="#aq">ab&#x017F;entir</hi>en &#x017F;ich die Ba&#x0364;rinnen und<lb/>
&#x017F;treiffen den Haber mit denen Tatzen oder<lb/>
Maul ab, vorhero aber &#x017F;ehen &#x017F;ie &#x017F;ich wohl<lb/>
umb. Daß es in denen Nordi&#x017F;chen kalten<lb/>
La&#x0364;ndern, als Gro&#x0364;nland, Jßland und <hi rendition="#aq">No-<lb/>
va Zembla,</hi> wegen des kalten <hi rendition="#aq">Climatis</hi><lb/>
und grim&#x0303;igen Schnees und Fro&#x017F;ts gantz<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;e Ba&#x0364;re geben &#x017F;oll, welche &#x017F;o wohl un-<lb/>
ter dem Wa&#x017F;&#x017F;er von denen Fi&#x017F;chen und<lb/>
andern Wa&#x017F;&#x017F;er-Gewa&#x0364;ch&#x017F;en, als auch auf<lb/>
dem Lande, wie die <hi rendition="#aq">Amphibia</hi> &#x017F;ich neh-<lb/>
ren, findet man aus denen Rei&#x017F;ebe&#x017F;chrei-<lb/>
bungen vor gewiß ver&#x017F;ichert, und &#x017F;ollen<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich auf Acht Tage im Wa&#x017F;&#x017F;er erhal-<lb/>
ten ko&#x0364;nnen und da&#x017F;elb&#x017F;ten &#x017F;ich &#x017F;ehr ha&#x0364;u-<lb/>
fig finden la&#x017F;&#x017F;en; Doch i&#x017F;t die&#x017F;es eine gantz<lb/>
andere Art, als die hier zu Lande ge-<lb/>
wo&#x0364;hnliche Ba&#x0364;re. Letzlich wegen ihrer<lb/>
Spuhr, woran am mei&#x017F;ten gelegen, i&#x017F;t<lb/>
zu mercken, daß die Vorder-Tatzen brei-<lb/>
te dicke Ballen innerlich gegen einander<lb/>
zu zwey Gru&#x0364;blein haben, und fu&#x0364;nff Za&#x0364;-<lb/>
hen, woran die Na&#x0364;gel oder Klauen im-<lb/>
mer kleiner zu&#x017F;am&#x0303;en gezogen; Die Hin-<lb/>
ter-Spuhr aber einen kurtz und breiten<lb/>
Men&#x017F;chen Fuß mit Fer&#x017F;en, Fußho&#x0364;hle (&#x017F;o<lb/>
rauch verwach&#x017F;en) u. Ballen mit 5. Za&#x0364;hne<lb/>
haben, nur daß die innern Za&#x0364;hen allzeit<lb/>
immer kleine, als die a&#x0364;u&#x017F;ern gewach&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vom <hi rendition="#in">A</hi>uer.</hi> </head><lb/>
          <cb/>
          <p>Die Auer oder Auer-Och&#x017F;en &#x017F;ind von<lb/>
dunckel&#x017F;chwartzer Farbe, welche vor die-<lb/>
&#x017F;em in denen g&#xA75B;o&#x017F;&#x017F;en Wu&#x0364;&#x017F;teneyen Teut&#x017F;ch-<lb/>
landes oder dem <hi rendition="#aq">Sylva hercinia,</hi> dem<lb/><cb/>
Hartz- oder Schwartz-Walde ge&#x017F;ehen<lb/>
worden, bey Ausrottung aber &#x017F;olcher un-<lb/>
geheuern Wa&#x0364;lder, &#x017F;ich jetzo nach denen<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;eptentrionali</hi>&#x017F;chen La&#x0364;ndern, als Litthau-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">en</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0178] Anderer Theil/ in denen faulen Stoͤcken ſuchet, die er zerbricht, und die Ameiſſen daraus ge- nuͤſſet: Dahero ſeine Lohſung meiſten- theils von Ameiſen als ein zuſammen ge- druckter Ballen ausſiehet. Die Baͤrin ſauget ihre Jungen nicht wie andere Thiere hinterwaͤrts, ſondern vorwaͤrts, nach dem Bruſt kern zu, mit zweyen Ge- ſaͤugen, gleich einem Weibsbild. So die Baͤren von Jugend auf bey denen Men- ſchen zahm auferzogen werden, ſind ſie artig und fromm, doch muͤſſen ſie kein Blut oder Fleiſch kriegen, ſo roh iſt, wo- von ſie grimmig werden. Jm Alter a- ber werden ſie boͤß. Sie leben nicht uͤber zwantzig Jahr. So ſie in der Hoͤhle ge- hungert haben, gebrauchen ſie Sauer- ampff, und andere Kraͤuter zu ihrer Nahrung, wegen des Magens und Ge- daͤrms. Der Baͤrin ihre Faͤhrd iſt laͤnger und ſchmaͤhler, als des Baͤrs, welcher groſſe Branten und Klauen, ſonderlich an der Hinter-Spuhr hat: Der Baͤrin ihre Ferſe aber ſind kleiner, des Baͤrs ſchwaͤch- ſtes Glied iſt gleichwie bey dem Tachs die Naſe und Stirn, ſo er daſelbſt verletzet wird; Jſt auch ſonſt ein ſehr geyles Thier. So es eine unrichtige Weibes Perſon vermercket, wuͤrde es mit derſelben durch Gewalt Unzucht treiben. Sie brunff- ten oͤffters vorwarts, wie Menſchen, theils auch von hinten, wie Hunde. Jhre angebohrne Bloͤdigkeit der Augen curi- ren ſie durch Aderlaſſen, weñ ſie der wil- den Bienen, Weſpen, und Hummeln Neſter beſteigen und reiſſen, wobey ih- nen die Naſe dergeſtalt beſtochen wird, daß viel dickes Gebluͤth abgehet, alſo die Augen umb ein ziemliches heller werden. Es ſoll auch der Baͤr ruͤckwaͤrts in ſei- ne Hoͤhle gehen, daß man meynen ſol- te, er ſey heraus gegangen. Jnsgemein ſind deren Baͤren vielerley Gattungen, nachdem das Clima iſt; die bekanteſten aber ſind zweyerley: Die eine Art iſt groß, deren theils Oerten gantz ſchwartz, groß und lang ſind, wie in Preuſſen und Litthauen, andere hingegen ſind Braun, auch ziemlich groſſer Art, wie in Pohlen; Dieſe ſind ſchlechter und zer- reiſſen alles, was fleiſchig iſt, nicht nur in der Satz-Zeit die Wild-Kaͤlber, ſon- dern auch das gefallene Wild, und zahm Vieh, geſtorben Aß und Luder, und ha- ben dunckelbraune Haare, ſind auch grimmiger nach denen Menſchen. Die andere Art aber iſt viel kleiner, kurtz und dick, heiſſen Zeiddel-Baͤre, weil ſie den Honig zeiddeln; dieſe koͤnnen auf die Baͤume beſſer klettern, als jene, ſind auch etwas lichtbraͤuner an Farbe. Sie thun einem Menſchen leichte nichts, wenn ſie nicht boͤſe gemachet werden. Ein Baͤr hat einen ſchwerlichen Lauff und nicht viel ſchneller, als ein Menſch, ſo er einem Menſchen nahe kommt, oder ſich ange- griffen vermuthet, hebt er ſich empor auf die hintern Fuͤſſe und zeiget ſeinen Zorn an durch Brummen, doch iſt die Baͤrin grimmiger und etwas laͤnger, als der Baͤr. Sie trincken nicht wie andere Thiere, ſondern freſſen gleichſam Biſſen weiſe aus dem Waſſer. Nach dem Bey- ſchlaff abſentiren ſich die Baͤrinnen und ſtreiffen den Haber mit denen Tatzen oder Maul ab, vorhero aber ſehen ſie ſich wohl umb. Daß es in denen Nordiſchen kalten Laͤndern, als Groͤnland, Jßland und No- va Zembla, wegen des kalten Climatis und grim̃igen Schnees und Froſts gantz weiſſe Baͤre geben ſoll, welche ſo wohl un- ter dem Waſſer von denen Fiſchen und andern Waſſer-Gewaͤchſen, als auch auf dem Lande, wie die Amphibia ſich neh- ren, findet man aus denen Reiſebeſchrei- bungen vor gewiß verſichert, und ſollen ſie ſich auf Acht Tage im Waſſer erhal- ten koͤnnen und daſelbſten ſich ſehr haͤu- fig finden laſſen; Doch iſt dieſes eine gantz andere Art, als die hier zu Lande ge- woͤhnliche Baͤre. Letzlich wegen ihrer Spuhr, woran am meiſten gelegen, iſt zu mercken, daß die Vorder-Tatzen brei- te dicke Ballen innerlich gegen einander zu zwey Gruͤblein haben, und fuͤnff Zaͤ- hen, woran die Naͤgel oder Klauen im- mer kleiner zuſam̃en gezogen; Die Hin- ter-Spuhr aber einen kurtz und breiten Menſchen Fuß mit Ferſen, Fußhoͤhle (ſo rauch verwachſen) u. Ballen mit 5. Zaͤhne haben, nur daß die innern Zaͤhen allzeit immer kleine, als die aͤuſern gewachſen. Vom Auer. Die Auer oder Auer-Ochſen ſind von dunckelſchwartzer Farbe, welche vor die- ſem in denen gꝛoſſen Wuͤſteneyen Teutſch- landes oder dem Sylva hercinia, dem Hartz- oder Schwartz-Walde geſehen worden, bey Ausrottung aber ſolcher un- geheuern Waͤlder, ſich jetzo nach denen ſeptentrionaliſchen Laͤndern, als Litthau- en

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/178
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/178>, abgerufen am 21.11.2024.