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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] theils Orten das Reh schon zur Mittel-
Jagd rechnen wollen. Zu solcher Jagd
wird ebenfalls, nach vorhero beschriebe-
nem Netz-Jagen auf solche Art in Brü-
chen, Morästen oder kleinen Büschen,
mit leichten Netzen eine Stallung umb-
stellet, und die Reh durch Treiben, oder
Jagd-Hunde in die Netze zum fangen
gejaget; worinnen sie entweder lebendig
gefangen, in Kasten gethan, und nach
einem Thier-Garthen geführet werden;
Oder man giebt ihnen den Nückfang,
und liefert solche nach Hoffe; Weil aber
sowohl die Rücken, als Böcke in die
Netze lauffen, thut ein Weydemann
wirthlicher, wann er bey einer Rücke die
Böcke wegschiesset, weil die Rücke sich al-
lezeit einen andern Bock hohlet, und da
sie solcher Gelegenheit kundig ist, wird sie
nicht leicht sich weg begeben; Sie halten
sich gerne in Brombeer-Sträuchern auf
Die Füchse wollen nicht gerne in die Ne-
tze, und sind so listig, daß sie auf einen
Windbruch oder hohen Stamm, und kur-
tzen knorrigten Strümmel ihre Flucht
[Spaltenumbruch] nehmen, und denen Hunden unter sich
zusehen; Wo sie sonst nicht einen Dachs-
Bau, oder ander Loch finden können hin-
ein zu schlupffen, werden sie dennoch de-
nen Jagd-Hunden viel krumme Sprün-
ge machen; Ja sie pflegen, wann sie Zeit
haben, an die kleine Netze mit dem
Schwantz zu schlagen, daß sie abfallen
und sie darüber kommen können, oder
durchwuschen die Wechsel: Müssen ih-
nen also die Hunde keinen Frieden lassen.
Die Hasen hergegen, ob sie wohl von
kurtzen Wendungen in der Angst sich al-
lenthalben zu retten suchen, fallen doch
eher ins Netz, sie werden aber mit Ne-
tzen-Jagen gar zu sehr vertilget, und
werden dahero lieber durch Klopff-Ja-
gen geschossen, oder auf flachen ebenen
Feldern mit Wind-Hunden gehetzet;
Und weil sie hinten höher, als vornen,
lauffen sie allezeit Berg an, wie solches
hetzen fast Jederman genungsam bekant
ist, worauf theils von Adel viel aufwen-
den, und grosse Unkosten wagen.

Von Wind-Hetzen.
[Spaltenumbruch]

Das Füchs- und Hasen-fangen ge-
schiehet nicht allein durch Jagd-Hunde,
so dieselben aufsuchen, um solche im Lauf-
fen oder en courrant mit Schroth zu
schiessen, oder mit Garnen und Netzen
zu fangen, oder auch mit Falcken und
Habichten zu baitzen, oder gar mit
schimpfflichen Gruben-Fallen oder
Schleifen zu würgen; Sondern es ist
das Windhetzen auch hierzu am löblich-
sten. Wann nun solches Wind-Hetzen
zu rechter Zeit geschiehet, sonderlich im
Herbst nach eingebrachten Feld-Früch-
ten, da man der lieben Saat nicht mehr
Schaden thun kan, mag es wohl vor ei-
ne Adeliche angenehme Motion passiren,
sonderlich wo eine schöne ebene Gelegen-
heit vorhanden ist. Und praevaliren
hierinnen in Thracien die Türcken un-
gemein vor allen andern Nationen, all-
wo sie vortreffliche Wind-Hunde haben,
auf ihren grossen flachen Feldern die Ha-
sen und Füchse zu hetzen, darauf sie sich
mehr, als auf alle andere Jagden, mit
besonderm Estim fleißig appliciren. Nicht
weniger sind auch begierich hierauf die
Frantzosen und Engelländer, Schott-
[Spaltenumbruch] und Jrrländer, Tartarn und alle Nor-
dische Nationen, die uns Teutschen hier-
innen beschämen, weiln sie auch ohne
dieß uns mit ihren flüchtigen Pferden
weit vorkommen. Es geschiehet aber das
Wind-Hetzen folgender maassen: Nem-
lich, man reithet zu Pferde, und hat ein
Paar Wind-Hunde am Hetz-Rie-
men, welcher mit einem Theil umb den
Halß gehänget seyn muß, der andere
Theil wird durch die Ringe der Hunde
Halß-Bänder geschoben, und vom Reu-
ther an der Schleife gehalten, sobalde
man nun hetzen will, und das Ende fah-
ren lässet, entledigen sich die nachdrin-
genden Hunde selbst und machen sich frey,
dem Hasen nachzujagen, denen man auch,
wann der Hase zuweit aufstünde, oder
man sonst nicht hetzen wolte, mit anhal-
tendem Stricke ihren Lauf einstellen
kan. Wann dann ihrer etliche zu Pfer-
de im Felde in gerader Linie neben ein-
ander die Acker-Stücken oder Feld-Be-
the durchreithen, und zusehen, ob sie dar-
zwischen einen Hasen im Lager sitzen
mercken können, und einer aufstösset,
muß man ihm einen kleinen Vorsprung

ver-
Q q 2

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] theils Orten das Reh ſchon zur Mittel-
Jagd rechnen wollen. Zu ſolcher Jagd
wird ebenfalls, nach vorhero beſchriebe-
nem Netz-Jagen auf ſolche Art in Bruͤ-
chen, Moraͤſten oder kleinen Buͤſchen,
mit leichten Netzen eine Stallung umb-
ſtellet, und die Reh durch Treiben, oder
Jagd-Hunde in die Netze zum fangen
gejaget; worinnen ſie entweder lebendig
gefangen, in Kaſten gethan, und nach
einem Thier-Garthen gefuͤhret werden;
Oder man giebt ihnen den Nuͤckfang,
und liefert ſolche nach Hoffe; Weil aber
ſowohl die Ruͤcken, als Boͤcke in die
Netze lauffen, thut ein Weydemann
wirthlicher, wann er bey einer Ruͤcke die
Boͤcke wegſchieſſet, weil die Ruͤcke ſich al-
lezeit einen andern Bock hohlet, und da
ſie ſolcher Gelegenheit kundig iſt, wird ſie
nicht leicht ſich weg begeben; Sie halten
ſich gerne in Brombeer-Straͤuchern auf
Die Fuͤchſe wollen nicht gerne in die Ne-
tze, und ſind ſo liſtig, daß ſie auf einen
Windbꝛuch oder hohen Stamm, und kur-
tzen knorrigten Struͤmmel ihre Flucht
[Spaltenumbruch] nehmen, und denen Hunden unter ſich
zuſehen; Wo ſie ſonſt nicht einen Dachs-
Bau, oder ander Loch finden koͤnnen hin-
ein zu ſchlupffen, werden ſie dennoch de-
nen Jagd-Hunden viel krumme Spruͤn-
ge machen; Ja ſie pflegen, wann ſie Zeit
haben, an die kleine Netze mit dem
Schwantz zu ſchlagen, daß ſie abfallen
und ſie daruͤber kommen koͤnnen, oder
durchwuſchen die Wechſel: Muͤſſen ih-
nen alſo die Hunde keinen Frieden laſſen.
Die Haſen hergegen, ob ſie wohl von
kurtzen Wendungen in der Angſt ſich al-
lenthalben zu retten ſuchen, fallen doch
eher ins Netz, ſie werden aber mit Ne-
tzen-Jagen gar zu ſehr vertilget, und
werden dahero lieber durch Klopff-Ja-
gen geſchoſſen, oder auf flachen ebenen
Feldern mit Wind-Hunden gehetzet;
Und weil ſie hinten hoͤher, als vornen,
lauffen ſie allezeit Berg an, wie ſolches
hetzen faſt Jederman genungſam bekant
iſt, worauf theils von Adel viel aufwen-
den, und groſſe Unkoſten wagen.

Von Wind-Hetzen.
[Spaltenumbruch]

Das Fuͤchs- und Haſen-fangen ge-
ſchiehet nicht allein durch Jagd-Hunde,
ſo dieſelben aufſuchen, um ſolche im Lauf-
fen oder en courrant mit Schroth zu
ſchieſſen, oder mit Garnen und Netzen
zu fangen, oder auch mit Falcken und
Habichten zu baitzen, oder gar mit
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das Windhetzen auch hierzu am loͤblich-
ſten. Wann nun ſolches Wind-Hetzen
zu rechter Zeit geſchiehet, ſonderlich im
Herbſt nach eingebrachten Feld-Fruͤch-
ten, da man der lieben Saat nicht mehr
Schaden thun kan, mag es wohl vor ei-
ne Adeliche angenehme Motion pasſiren,
ſonderlich wo eine ſchoͤne ebene Gelegen-
heit vorhanden iſt. Und prævaliren
hierinnen in Thracien die Tuͤrcken un-
gemein vor allen andern Nationen, all-
wo ſie vortreffliche Wind-Hunde haben,
auf ihren groſſen flachen Feldern die Ha-
ſen und Fuͤchſe zu hetzen, darauf ſie ſich
mehr, als auf alle andere Jagden, mit
beſonderm Eſtim fleißig appliciren. Nicht
weniger ſind auch begierich hierauf die
Frantzoſen und Engellaͤnder, Schott-
[Spaltenumbruch] und Jrrlaͤnder, Tartarn und alle Nor-
diſche Nationen, die uns Teutſchen hier-
innen beſchaͤmen, weiln ſie auch ohne
dieß uns mit ihren fluͤchtigen Pferden
weit vorkommen. Es geſchiehet aber das
Wind-Hetzen folgender maaſſen: Nem-
lich, man reithet zu Pferde, und hat ein
Paar Wind-Hunde am Hetz-Rie-
men, welcher mit einem Theil umb den
Halß gehaͤnget ſeyn muß, der andere
Theil wird durch die Ringe der Hunde
Halß-Baͤnder geſchoben, und vom Reu-
ther an der Schleife gehalten, ſobalde
man nun hetzen will, und das Ende fah-
ren laͤſſet, entledigen ſich die nachdrin-
genden Hunde ſelbſt und machen ſich frey,
dem Haſen nachzujagen, denen man auch,
wann der Haſe zuweit aufſtuͤnde, oder
man ſonſt nicht hetzen wolte, mit anhal-
tendem Stricke ihren Lauf einſtellen
kan. Wann dann ihrer etliche zu Pfer-
de im Felde in gerader Linie neben ein-
ander die Acker-Stuͤcken oder Feld-Be-
the durchreithen, und zuſehen, ob ſie dar-
zwiſchen einen Haſen im Lager ſitzen
mercken koͤnnen, und einer aufſtoͤſſet,
muß man ihm einen kleinen Vorſprung

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/471>, abgerufen am 22.11.2024.