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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Fünffter Theil/
[Spaltenumbruch] vergönnen, darnach lässet man von den
nechsten Strick-Winden ein Paar loß,
und reithet oder jaget einer oder zwey zu
Pferde hernach, die übrigen bleiben in
ihrer Such, und also streifet man ein
Feld nach dem andern durch, und wird
ein Strick-Hund nach dem andern loß
gelassen, nachdem es viel oder wenig
Hasen giebet, oder nach dem der Hase
auf rechter, lincker, oder mittler Seite
auffstehet. Theils Hasen sind so argli-
stig, wenn sie auffstehen, daß sie sich stel-
len, als wären sie krumm, die lauffen a-
ber meistens am besten, wann ein Ha-
se, indem er auffstehet, die Ohren auff-
recket und den Schweif auf den Rü-
cken leget, oder damit wedelt, ist es ein
gewisses Zeichen, daß er wohl und starck
lauffen wird; Wo es noch dabey Gebür-
ge und Wein-Gärthen hat, laufft der
Hase natürlicher weise gerne Berg auf,
da er wegen der Länge der hintern,
und Kürtze der vordern Füsse, viel besser
fortkommen kan, als die Hunde, die da-
durch sich bald abmatten, dahero etliche
einen Jäger zu Fuß mit einem Strick-
Hund oben bey dem Gebürge, (wohin
die Hasen gewöhnlich ihre Retirade neh-
men, ob es zwar wohl nicht so gar red-
lich gefochten scheinet,) auffpassen lassen,
ihme diesen Pass abzustricken. Wann
feuchtes Wetter ist, liegt der Hase am
liebsten in den geackerten Feldern, sich
in dem Graß und in der Saat nicht zu
benetzen, auch den Hunden den Lauff in
den weichen Aeckern, da sie tief eintreten,
beschwert zu machen, da er doch mit sei-
nen leichten Füssen überall fortkommen
mag; Doch ist, soviel möglich, zu verhü-
then, daß bey nassem, windigtem üblem
Gewitter nicht zu hetzen geritten wer-
de, aber im Thau ists darumb gut, weil
der Hase nicht so weit, noch so leicht auf-
stehet, indem er nicht gerne naß wird,
daher er die Jäger näher auf sich ankom-
men lässet, und die Hunde werden durch
den frischen kühlen Thau desto mehr er-
quicket. Wann ihnen die Hunde nahe
auf den Leib kommen, brauchen sie
mancherley Arglist, geben sich in die
Wasser, verbergen sich, wann sie Scha-
fe oder anderes Viehe finden, unter die
Heerde, suchen ihre Röhren, legen sich
öffters in stärcksten Lauff nieder, daß die
Hunde über sie springen, schlieffen durch
die Zäune und Gehäge von einer Sei-
ten auf die andere, lauffen den geraden
[Spaltenumbruch] Weg (wann die Hunde und Jäger vor-
bey,) wieder zurück, und sind dieses die
lustigsten Hetzen, wann ein Hase nicht
gerade aus durchgehet, sondern die
Hunde hin und wieder voppt, daß sie ihn
bald vorwärts, bald zurück, bald seit-
wärts raunen, also, daß auch offter-
mahls das Frauenzimmer aus ihren
Carossen der Lust mit geniessen, und die-
ser holdseeligen Jagd mit Freuden zu-
sehen mag. Es wiederfähret auch öffters
dem Hetzer ein kleiner Weydemann,
wann das Frauenzimmer die Schürtzen
umbkehret, oder die Handschuh ver-
wendet anziehet, und dergleichen Super-
stitiosa
mehr machet, ja theils sind so aber-
gläubisch, daß sie lieber umbkehren, wann
ihnen eine Magd oder ein alt Weib
mit Wasser begegnet. Bißweilen springt
der Hase, wann er mitten unter den
Hunden ist, über sie hinüber oder
schliefft ihnen bey den Füssen durch;
Wann sie meynen, sie haben ihn schon,
läufft er anderwärts hinaus, und müs-
sen die Hunde erst durch die reithende an-
gewiesen werden, wohinaus sie lauffen
sollen; Manchsmahl, wann die Hunde
nicht wohl gefängich, oder gar zu hoch
sind, stossen sie zwar den Hasen, aber er-
greiffen ihn nicht, und kriegen an statt
des Hasens nur ein Maul voll Haare,
und der Hase gehet mit berupfftem Peltz,
und gantzer Haut immer fort; Man-
cher brafer Rammler, wann er die ab-
gematteten Hunde eine gute Weite hin-
ter sich gelassen, sitzet stille, macht ein
Männlein (wie es die Weydleut nen-
nen,) und siehet, wo seine Hunde bleiben,
als wolte er sie auslachen, und ihnen
ihre Trägheit fürwerffen; Und kommt
offt im Hetzen, daß der Hase bald forn,
bald auf der Seiten, bald hinten, bald
mitten zwischen denen Hunden ist, und
dannoch nicht gefangen wird. Wann
man will junge Hunde einhetzen, ists am
besten im Herbst, da es junge heuer ge-
fallene Hasen giebt, die weder so schnell,
noch so listig sind, als die alten. Das er-
stemahl muß man einen jungen Hund
mit zwey guten alten Hunden an einem
vortheilhafftigen Orte einhetzen, damit
er zum erstenmahl nicht vergeblich lauf-
fe, denn dadurch wird er verzagt, und
sowohl das Hertz, als die Begierde verlieh-
ren, so anfänglich zu verhüthen ist. Die
Weiblein von den Hasen sind viel listiger
und verschalckter, als die Männlein,

zweiffels

Fuͤnffter Theil/
[Spaltenumbruch] vergoͤnnen, darnach laͤſſet man von den
nechſten Strick-Winden ein Paar loß,
und reithet oder jaget einer oder zwey zu
Pferde hernach, die uͤbrigen bleiben in
ihrer Such, und alſo ſtreifet man ein
Feld nach dem andern durch, und wird
ein Strick-Hund nach dem andern loß
gelaſſen, nachdem es viel oder wenig
Haſen giebet, oder nach dem der Haſe
auf rechter, lincker, oder mittler Seite
auffſtehet. Theils Haſen ſind ſo argli-
ſtig, wenn ſie auffſtehen, daß ſie ſich ſtel-
len, als waͤren ſie krumm, die lauffen a-
ber meiſtens am beſten, wann ein Ha-
ſe, indem er auffſtehet, die Ohren auff-
recket und den Schweif auf den Ruͤ-
cken leget, oder damit wedelt, iſt es ein
gewiſſes Zeichen, daß er wohl und ſtarck
lauffen wird; Wo es noch dabey Gebuͤr-
ge und Wein-Gaͤrthen hat, laufft der
Haſe natuͤrlicher weiſe gerne Berg auf,
da er wegen der Laͤnge der hintern,
und Kuͤrtze der vordern Fuͤſſe, viel beſſer
fortkommen kan, als die Hunde, die da-
durch ſich bald abmatten, dahero etliche
einen Jaͤger zu Fuß mit einem Strick-
Hund oben bey dem Gebuͤrge, (wohin
die Haſen gewoͤhnlich ihre Retirade neh-
men, ob es zwar wohl nicht ſo gar red-
lich gefochten ſcheinet,) auffpaſſen laſſen,
ihme dieſen Paſſ abzuſtricken. Wann
feuchtes Wetter iſt, liegt der Haſe am
liebſten in den geackerten Feldern, ſich
in dem Graß und in der Saat nicht zu
benetzen, auch den Hunden den Lauff in
den weichen Aeckern, da ſie tief eintreten,
beſchwert zu machen, da er doch mit ſei-
nen leichten Fuͤſſen uͤberall fortkommen
mag; Doch iſt, ſoviel moͤglich, zu verhuͤ-
then, daß bey naſſem, windigtem uͤblem
Gewitter nicht zu hetzen geritten wer-
de, aber im Thau iſts darumb gut, weil
der Haſe nicht ſo weit, noch ſo leicht auf-
ſtehet, indem er nicht gerne naß wird,
daher er die Jaͤger naͤher auf ſich ankom-
men laͤſſet, und die Hunde werden durch
den friſchen kuͤhlen Thau deſto mehr er-
quicket. Wann ihnen die Hunde nahe
auf den Leib kommen, brauchen ſie
mancherley Argliſt, geben ſich in die
Waſſer, verbergen ſich, wann ſie Scha-
fe oder anderes Viehe finden, unter die
Heerde, ſuchen ihre Roͤhren, legen ſich
oͤffters in ſtaͤrckſten Lauff nieder, daß die
Hunde uͤber ſie ſpringen, ſchlieffen durch
die Zaͤune und Gehaͤge von einer Sei-
ten auf die andere, lauffen den geraden
[Spaltenumbruch] Weg (wann die Hunde und Jaͤger vor-
bey,) wieder zuruͤck, und ſind dieſes die
luſtigſten Hetzen, wann ein Haſe nicht
gerade aus durchgehet, ſondern die
Hunde hin und wieder voppt, daß ſie ihn
bald vorwaͤrts, bald zuruͤck, bald ſeit-
waͤrts raunen, alſo, daß auch offter-
mahls das Frauenzimmer aus ihren
Caroſſen der Luſt mit genieſſen, und die-
ſer holdſeeligen Jagd mit Freuden zu-
ſehen mag. Es wiederfaͤhret auch oͤffters
dem Hetzer ein kleiner Weydemann,
wann das Frauenzimmer die Schuͤrtzen
umbkehret, oder die Handſchuh ver-
wendet anziehet, und dergleichen Super-
ſtitioſa
mehr machet, ja theils ſind ſo aber-
glaͤubiſch, daß ſie lieber umbkehren, wann
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mit Waſſer begegnet. Bißweilen ſpringt
der Haſe, wann er mitten unter den
Hunden iſt, uͤber ſie hinuͤber oder
ſchliefft ihnen bey den Fuͤſſen durch;
Wann ſie meynen, ſie haben ihn ſchon,
laͤufft er anderwaͤrts hinaus, und muͤſ-
ſen die Hunde erſt durch die reithende an-
gewieſen werden, wohinaus ſie lauffen
ſollen; Manchsmahl, wann die Hunde
nicht wohl gefaͤngich, oder gar zu hoch
ſind, ſtoſſen ſie zwar den Haſen, aber er-
greiffen ihn nicht, und kriegen an ſtatt
des Haſens nur ein Maul voll Haare,
und der Haſe gehet mit berupfftem Peltz,
und gantzer Haut immer fort; Man-
cher brafer Rammler, wann er die ab-
gematteten Hunde eine gute Weite hin-
ter ſich gelaſſen, ſitzet ſtille, macht ein
Maͤnnlein (wie es die Weydleut nen-
nen,) und ſiehet, wo ſeine Hunde bleiben,
als wolte er ſie auslachen, und ihnen
ihre Traͤgheit fuͤrwerffen; Und kommt
offt im Hetzen, daß der Haſe bald forn,
bald auf der Seiten, bald hinten, bald
mitten zwiſchen denen Hunden iſt, und
dannoch nicht gefangen wird. Wann
man will junge Hunde einhetzen, iſts am
beſten im Herbſt, da es junge heuer ge-
fallene Haſen giebt, die weder ſo ſchnell,
noch ſo liſtig ſind, als die alten. Das er-
ſtemahl muß man einen jungen Hund
mit zwey guten alten Hunden an einem
vortheilhafftigen Orte einhetzen, damit
er zum erſtenmahl nicht vergeblich lauf-
fe, denn dadurch wird er verzagt, und
ſowohl das Hertz, als die Begierde verlieh-
ren, ſo anfaͤnglich zu verhuͤthen iſt. Die
Weiblein von den Haſen ſind viel liſtiger
und verſchalckter, als die Maͤnnlein,

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[308/0472] Fuͤnffter Theil/ vergoͤnnen, darnach laͤſſet man von den nechſten Strick-Winden ein Paar loß, und reithet oder jaget einer oder zwey zu Pferde hernach, die uͤbrigen bleiben in ihrer Such, und alſo ſtreifet man ein Feld nach dem andern durch, und wird ein Strick-Hund nach dem andern loß gelaſſen, nachdem es viel oder wenig Haſen giebet, oder nach dem der Haſe auf rechter, lincker, oder mittler Seite auffſtehet. Theils Haſen ſind ſo argli- ſtig, wenn ſie auffſtehen, daß ſie ſich ſtel- len, als waͤren ſie krumm, die lauffen a- ber meiſtens am beſten, wann ein Ha- ſe, indem er auffſtehet, die Ohren auff- recket und den Schweif auf den Ruͤ- cken leget, oder damit wedelt, iſt es ein gewiſſes Zeichen, daß er wohl und ſtarck lauffen wird; Wo es noch dabey Gebuͤr- ge und Wein-Gaͤrthen hat, laufft der Haſe natuͤrlicher weiſe gerne Berg auf, da er wegen der Laͤnge der hintern, und Kuͤrtze der vordern Fuͤſſe, viel beſſer fortkommen kan, als die Hunde, die da- durch ſich bald abmatten, dahero etliche einen Jaͤger zu Fuß mit einem Strick- Hund oben bey dem Gebuͤrge, (wohin die Haſen gewoͤhnlich ihre Retirade neh- men, ob es zwar wohl nicht ſo gar red- lich gefochten ſcheinet,) auffpaſſen laſſen, ihme dieſen Paſſ abzuſtricken. Wann feuchtes Wetter iſt, liegt der Haſe am liebſten in den geackerten Feldern, ſich in dem Graß und in der Saat nicht zu benetzen, auch den Hunden den Lauff in den weichen Aeckern, da ſie tief eintreten, beſchwert zu machen, da er doch mit ſei- nen leichten Fuͤſſen uͤberall fortkommen mag; Doch iſt, ſoviel moͤglich, zu verhuͤ- then, daß bey naſſem, windigtem uͤblem Gewitter nicht zu hetzen geritten wer- de, aber im Thau iſts darumb gut, weil der Haſe nicht ſo weit, noch ſo leicht auf- ſtehet, indem er nicht gerne naß wird, daher er die Jaͤger naͤher auf ſich ankom- men laͤſſet, und die Hunde werden durch den friſchen kuͤhlen Thau deſto mehr er- quicket. Wann ihnen die Hunde nahe auf den Leib kommen, brauchen ſie mancherley Argliſt, geben ſich in die Waſſer, verbergen ſich, wann ſie Scha- fe oder anderes Viehe finden, unter die Heerde, ſuchen ihre Roͤhren, legen ſich oͤffters in ſtaͤrckſten Lauff nieder, daß die Hunde uͤber ſie ſpringen, ſchlieffen durch die Zaͤune und Gehaͤge von einer Sei- ten auf die andere, lauffen den geraden Weg (wann die Hunde und Jaͤger vor- bey,) wieder zuruͤck, und ſind dieſes die luſtigſten Hetzen, wann ein Haſe nicht gerade aus durchgehet, ſondern die Hunde hin und wieder voppt, daß ſie ihn bald vorwaͤrts, bald zuruͤck, bald ſeit- waͤrts raunen, alſo, daß auch offter- mahls das Frauenzimmer aus ihren Caroſſen der Luſt mit genieſſen, und die- ſer holdſeeligen Jagd mit Freuden zu- ſehen mag. Es wiederfaͤhret auch oͤffters dem Hetzer ein kleiner Weydemann, wann das Frauenzimmer die Schuͤrtzen umbkehret, oder die Handſchuh ver- wendet anziehet, und dergleichen Super- ſtitioſa mehr machet, ja theils ſind ſo aber- glaͤubiſch, daß ſie lieber umbkehren, wann ihnen eine Magd oder ein alt Weib mit Waſſer begegnet. Bißweilen ſpringt der Haſe, wann er mitten unter den Hunden iſt, uͤber ſie hinuͤber oder ſchliefft ihnen bey den Fuͤſſen durch; Wann ſie meynen, ſie haben ihn ſchon, laͤufft er anderwaͤrts hinaus, und muͤſ- ſen die Hunde erſt durch die reithende an- gewieſen werden, wohinaus ſie lauffen ſollen; Manchsmahl, wann die Hunde nicht wohl gefaͤngich, oder gar zu hoch ſind, ſtoſſen ſie zwar den Haſen, aber er- greiffen ihn nicht, und kriegen an ſtatt des Haſens nur ein Maul voll Haare, und der Haſe gehet mit berupfftem Peltz, und gantzer Haut immer fort; Man- cher brafer Rammler, wann er die ab- gematteten Hunde eine gute Weite hin- ter ſich gelaſſen, ſitzet ſtille, macht ein Maͤnnlein (wie es die Weydleut nen- nen,) und ſiehet, wo ſeine Hunde bleiben, als wolte er ſie auslachen, und ihnen ihre Traͤgheit fuͤrwerffen; Und kommt offt im Hetzen, daß der Haſe bald forn, bald auf der Seiten, bald hinten, bald mitten zwiſchen denen Hunden iſt, und dannoch nicht gefangen wird. Wann man will junge Hunde einhetzen, iſts am beſten im Herbſt, da es junge heuer ge- fallene Haſen giebt, die weder ſo ſchnell, noch ſo liſtig ſind, als die alten. Das er- ſtemahl muß man einen jungen Hund mit zwey guten alten Hunden an einem vortheilhafftigen Orte einhetzen, damit er zum erſtenmahl nicht vergeblich lauf- fe, denn dadurch wird er verzagt, und ſowohl das Hertz, als die Begierde verlieh- ren, ſo anfaͤnglich zu verhuͤthen iſt. Die Weiblein von den Haſen ſind viel liſtiger und verſchalckter, als die Maͤnnlein, zweiffels

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/472>, abgerufen am 22.11.2024.