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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Fünffter Theil/ von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] Zum dritten muß er Holtzgerecht zu werden,
was eine Eiche nütze sey, und wie sie wachse, ei-
nen Böttger oder Klapp-Schläger fragen,
wegen einer Buche' aber einen Drechsler oder
Müller, der Bircke halben einen Rademacher,
wegen der Erle einen Fischer oder Teich-Grä-
ber im Spree-Walde, wegen der Aespe einen
Mulden-Macher, wegen der Tanne einen
Tischler, wegen der Ficht und Kiefer einen
Pech-Brenner oder Weyde-Mann und so
weiter, so kan er hinter die gantze Kunst kom-
men; Er muß aber thun, als wüste er es schon
alles, und disputiren, so werden sie alles of-
fenbahren, lässet er aber seine Unwissenheit
mercken, werden sie wohl stille schweigen.
Ferner soll er sich erkundigen, was ein Brett-
Baum, ein Balcken- oder Säulen-Holtz, ein
Schindel-Baum, ein Ziegel-Sparren und der-
gleichen sey, und wie theuer das Stück nach der
Holtz-Taxa von jeder Art verkauffet, und wie es
angewiesen werde, und sich dieses, ob es schädlich,
oder nicht, von einem Forst-Bedienten eines
Reviers unterweisen lassen, auch das Alter eines
Baums erkennen lernen, und dergleichen gehei-
me Dinge mehr sich bekant machen, und fein ver-
schwiegen bey sich behalten; Den jungen Anflug
und Wiederwachs fein lernen zu rechter Zeit des
Jahrs in Gehäue einzutheilen, daß es vor dem
Vieh-hüthen, sonderlich der Schaaffe, so lange,
biß es erwachsen, mit hüthen verschonet werde,
darneben lernen, auch wohl gar in der Nacht zu
erkennen, zu welcher Gegend die vier Theile der
Welt liegen, als Morgen, Mittag, Abend und
Mitternacht, weil alles Holtz an der Mitter-
nacht-Seite starcke Rinde, mit Mooß verwach-
sen, wegen des Sturm-Wetters hat: Hierüber
auch der Wege und Stege kundig werden, und
lernen, wo man ein- und ausgehen soll. Zum
vierdten, und weil man das Wild, ob man es
gleich weiß, wo es ist, nicht mit Händen haschen
kan, so muß er hierzu Gezeug haben, entweder
grosse oder kleine Netzen, dieselbige umb das Di-
ckigt, oder Behältniß des Wildes, wo es sich
auffhält, zu stellen, und dann das Wild flüch-
tig machen oder mit Hunden jagen lassen, da-
mit sichs in die Netze verwickeln, und er solches
darinnen lebendig zur Lust, umb in die Kasten zu
thun, einfangen, oder zur Küchen todt schlagen
könne. Oder er muß das Wild mit leinen Tü-
chern, nach rechtem Jäger-Gebrauch, wie es sich
gehöhret, ein Jagen zu machen, umbstellen, we-
nigstens mit Feder-Lappen einschliessen, und
durch Klopp-Treiben das Wild rege machen,
und pürschen oder das kleine Wild schiessen; Wie
der Zeug gestellet wird, muß er fleißig, und auff-
mercksam von denen Zeug-Knechten beym Stel-
len lernen, und kan er mit guten Worten oder
[Spaltenumbruch] durch Trinckgeld viel zuwege bringen, ist auch
nicht schädlich, wann er selbst angreiffet, und
hierbey fleißig und unverdrossen ist; Jngleichen
soll er fein lernen umb die Behältnisse oder Di-
ckigte rechte Flügel zu hauen anzuweisen, sowohl
vorhero, ehe man die Jagd anstellet, abzuschrei-
ten, wie viel Netze oder Tücher darzu nöthig
seyen, damit nicht vergebens zuviel Zeug hinaus
geschleppet werde, oder zu langsam hergehe, daß
die Herrschafft verdrießlich werde, und er
Schande haben möge. Fünfftens, wenn er 1.)
des Holtzes Eigenschafft erkundiget, und verste-
het, was hart oder weich, Bau- oder Brenn-
Holtz sey, und solches zu unterscheiden weiß; 2)
derer wilden Thiere Eigenschafft, Natur und ih-
re Gefährde verstehet; 3.) Die Hunde unterschei-
den kan, ob es schwere oder leichte Hatz-Hunde,
oder flüchtige Winde seyen, oder ob man Such-
Hunde, als Leith-Hund, Schweiß-Hund,
Sau-Finder, Jagd-Hunde oder Stöber nöthig
habe; 4.) Den Zeug, worinnen er bestehe, und
wie er gestellet werden müsse, erlernet und dessen
wohl kundig ist, so folget denn letztens 5.) die
Jagd, oder das Weydewerck, seinem Herrn,
dem er dienet, zu was derselbe Lust hat, ein Ja-
gen zu machen, und sich hierdurch, wenn es
glücklich abläufft, in Gnaden zu setzen, und des-
sen Gunst zu erlangen, davon ein solcher Jäger
selber von Jedermann Ehre, Lob und Ruhm er-
werben kan, durch liederliche Nachläßigkeit aber
nichts anders als Schimpff und Schande,
Hohn und Spott davon träget: Doch muß er
sich auff dergleichen Art zu jagen, mit allem
Fleiß appliciren, worzu seine Herrschafft
am meisten geneiget ist, und incliniret,
auch des Orts Gelegenheit, und Situa-
tion
wohl in acht nehmen, ingleichen mit
Menage grosser Unkosten, soviel, als sich thun
lassen will, alles verrichten. Vornehmlich aber
auch die Jahres-Zeit wahrnehmen, daß das
Wild in der Satz- und Brüth-Zeit nicht ver-
stöhret und die Wildbahne ruiniret werde, wel-
ches GOtt selbst in Heiliger Schrifft zu halten
befohlen, auch ohnediß zu solcher Zeit das Wild
mager, gering und von schlechtem Schmack ist.
Nach geendigtem Jagen aber muß auch die ge-
brauchte Geräthschafft nicht stehen oder liegen
bleiben, und vergessen, sondern jedes an seinen
Ort, und zwar fein trocken gebracht, die Hunde
gefüttert, gewartet und alles zu künfftigem Ge-
brauch wieder an gehörigen Ort auffgehoben
werden. Ehe und bevor nun Jemand dieses al-
les erlernet, und sich darzu habil gemachet, mag
er sich ja nicht einen Jäger nennen, oder sich vie-
les imaginiren, dessen er noch nicht kundig ist,
sich also selbst betrügen, wormit dieses Werck
nunmehro ende, und mein Adjeu mache.

Jmmer-

Fuͤnffter Theil/ von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] Zum dritten muß er Holtzgerecht zu werden,
was eine Eiche nuͤtze ſey, und wie ſie wachſe, ei-
nen Boͤttger oder Klapp-Schlaͤger fragen,
wegen einer Buche’ aber einen Drechsler oder
Muͤller, der Bircke halben einen Rademacher,
wegen der Erle einen Fiſcher oder Teich-Graͤ-
ber im Spree-Walde, wegen der Aeſpe einen
Mulden-Macher, wegen der Tanne einen
Tiſchler, wegen der Ficht und Kiefer einen
Pech-Brenner oder Weyde-Mann und ſo
weiter, ſo kan er hinter die gantze Kunſt kom-
men; Er muß aber thun, als wuͤſte er es ſchon
alles, und diſputiren, ſo werden ſie alles of-
fenbahren, laͤſſet er aber ſeine Unwiſſenheit
mercken, werden ſie wohl ſtille ſchweigen.
Ferner ſoll er ſich erkundigen, was ein Brett-
Baum, ein Balcken- oder Saͤulen-Holtz, ein
Schindel-Baum, ein Ziegel-Sparren und der-
gleichen ſey, und wie theuer das Stuͤck nach der
Holtz-Taxa von jeder Art verkauffet, und wie es
angewieſen werde, und ſich dieſes, ob es ſchaͤdlich,
oder nicht, von einem Forſt-Bedienten eines
Reviers unterweiſen laſſen, auch das Alter eines
Baums erkennen lernen, und dergleichen gehei-
me Dinge mehr ſich bekant machen, und fein ver-
ſchwiegen bey ſich behalten; Den jungen Anflug
und Wiederwachs fein lernen zu rechter Zeit des
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Vieh-huͤthen, ſonderlich der Schaaffe, ſo lange,
biß es erwachſen, mit huͤthen verſchonet werde,
darneben lernen, auch wohl gar in der Nacht zu
erkennen, zu welcher Gegend die vier Theile der
Welt liegen, als Morgen, Mittag, Abend und
Mitternacht, weil alles Holtz an der Mitter-
nacht-Seite ſtarcke Rinde, mit Mooß verwach-
ſen, wegen des Sturm-Wetters hat: Hieruͤber
auch der Wege und Stege kundig werden, und
lernen, wo man ein- und ausgehen ſoll. Zum
vierdten, und weil man das Wild, ob man es
gleich weiß, wo es iſt, nicht mit Haͤnden haſchen
kan, ſo muß er hierzu Gezeug haben, entweder
groſſe oder kleine Netzen, dieſelbige umb das Di-
ckigt, oder Behaͤltniß des Wildes, wo es ſich
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tig machen oder mit Hunden jagen laſſen, da-
mit ſichs in die Netze verwickeln, und er ſolches
darinnen lebendig zur Luſt, umb in die Kaſten zu
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koͤnne. Oder er muß das Wild mit leinen Tuͤ-
chern, nach rechtem Jaͤger-Gebrauch, wie es ſich
gehoͤhret, ein Jagen zu machen, umbſtellen, we-
nigſtens mit Feder-Lappen einſchlieſſen, und
durch Klopp-Treiben das Wild rege machen,
und puͤrſchen oder das kleine Wild ſchieſſen; Wie
der Zeug geſtellet wird, muß er fleißig, und auff-
merckſam von denen Zeug-Knechten beym Stel-
len lernen, und kan er mit guten Worten oder
[Spaltenumbruch] durch Trinckgeld viel zuwege bringen, iſt auch
nicht ſchaͤdlich, wann er ſelbſt angreiffet, und
hierbey fleißig und unverdroſſen iſt; Jngleichen
ſoll er fein lernen umb die Behaͤltniſſe oder Di-
ckigte rechte Fluͤgel zu hauen anzuweiſen, ſowohl
vorhero, ehe man die Jagd anſtellet, abzuſchrei-
ten, wie viel Netze oder Tuͤcher darzu noͤthig
ſeyen, damit nicht vergebens zuviel Zeug hinaus
geſchleppet werde, oder zu langſam hergehe, daß
die Herrſchafft verdrießlich werde, und er
Schande haben moͤge. Fuͤnfftens, wenn er 1.)
des Holtzes Eigenſchafft erkundiget, und verſte-
het, was hart oder weich, Bau- oder Brenn-
Holtz ſey, und ſolches zu unterſcheiden weiß; 2)
derer wilden Thiere Eigenſchafft, Natur und ih-
re Gefaͤhrde verſtehet; 3.) Die Hunde unterſchei-
den kan, ob es ſchwere oder leichte Hatz-Hunde,
oder fluͤchtige Winde ſeyen, oder ob man Such-
Hunde, als Leith-Hund, Schweiß-Hund,
Sau-Finder, Jagd-Hunde oder Stoͤber noͤthig
habe; 4.) Den Zeug, worinnen er beſtehe, und
wie er geſtellet werden muͤſſe, erlernet und deſſen
wohl kundig iſt, ſo folget denn letztens 5.) die
Jagd, oder das Weydewerck, ſeinem Herrn,
dem er dienet, zu was derſelbe Luſt hat, ein Ja-
gen zu machen, und ſich hierdurch, wenn es
gluͤcklich ablaͤufft, in Gnaden zu ſetzen, und deſ-
ſen Gunſt zu erlangen, davon ein ſolcher Jaͤger
ſelber von Jedermann Ehre, Lob und Ruhm er-
werben kan, durch liederliche Nachlaͤßigkeit aber
nichts anders als Schimpff und Schande,
Hohn und Spott davon traͤget: Doch muß er
ſich auff dergleichen Art zu jagen, mit allem
Fleiß appliciren, worzu ſeine Herrſchafft
am meiſten geneiget iſt, und incliniret,
auch des Orts Gelegenheit, und Situa-
tion
wohl in acht nehmen, ingleichen mit
Menage groſſer Unkoſten, ſoviel, als ſich thun
laſſen will, alles verrichten. Vornehmlich aber
auch die Jahres-Zeit wahrnehmen, daß das
Wild in der Satz- und Bruͤth-Zeit nicht ver-
ſtoͤhret und die Wildbahne ruiniret werde, wel-
ches GOtt ſelbſt in Heiliger Schrifft zu halten
befohlen, auch ohnediß zu ſolcher Zeit das Wild
mager, gering und von ſchlechtem Schmack iſt.
Nach geendigtem Jagen aber muß auch die ge-
brauchte Geraͤthſchafft nicht ſtehen oder liegen
bleiben, und vergeſſen, ſondern jedes an ſeinen
Ort, und zwar fein trocken gebracht, die Hunde
gefuͤttert, gewartet und alles zu kuͤnfftigem Ge-
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les erlernet, und ſich darzu habil gemachet, mag
er ſich ja nicht einen Jaͤger nennen, oder ſich vie-
les imaginiren, deſſen er noch nicht kundig iſt,
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nunmehro ende, und mein Adjeu mache.

Jmmer-
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Zum vierdten, und weil man das Wild, ob man es gleich weiß, wo es iſt, nicht mit Haͤnden haſchen kan, ſo muß er hierzu Gezeug haben, entweder groſſe oder kleine Netzen, dieſelbige umb das Di- ckigt, oder Behaͤltniß des Wildes, wo es ſich auffhaͤlt, zu ſtellen, und dann das Wild fluͤch- tig machen oder mit Hunden jagen laſſen, da- mit ſichs in die Netze verwickeln, und er ſolches darinnen lebendig zur Luſt, umb in die Kaſten zu thun, einfangen, oder zur Kuͤchen todt ſchlagen koͤnne. Oder er muß das Wild mit leinen Tuͤ- chern, nach rechtem Jaͤger-Gebrauch, wie es ſich gehoͤhret, ein Jagen zu machen, umbſtellen, we- nigſtens mit Feder-Lappen einſchlieſſen, und durch Klopp-Treiben das Wild rege machen, und puͤrſchen oder das kleine Wild ſchieſſen; Wie der Zeug geſtellet wird, muß er fleißig, und auff- merckſam von denen Zeug-Knechten beym Stel- len lernen, und kan er mit guten Worten oder durch Trinckgeld viel zuwege bringen, iſt auch nicht ſchaͤdlich, wann er ſelbſt angreiffet, und hierbey fleißig und unverdroſſen iſt; Jngleichen ſoll er fein lernen umb die Behaͤltniſſe oder Di- ckigte rechte Fluͤgel zu hauen anzuweiſen, ſowohl vorhero, ehe man die Jagd anſtellet, abzuſchrei- ten, wie viel Netze oder Tuͤcher darzu noͤthig ſeyen, damit nicht vergebens zuviel Zeug hinaus geſchleppet werde, oder zu langſam hergehe, daß die Herrſchafft verdrießlich werde, und er Schande haben moͤge. Fuͤnfftens, wenn er 1.) des Holtzes Eigenſchafft erkundiget, und verſte- het, was hart oder weich, Bau- oder Brenn- Holtz ſey, und ſolches zu unterſcheiden weiß; 2) derer wilden Thiere Eigenſchafft, Natur und ih- re Gefaͤhrde verſtehet; 3.) Die Hunde unterſchei- den kan, ob es ſchwere oder leichte Hatz-Hunde, oder fluͤchtige Winde ſeyen, oder ob man Such- Hunde, als Leith-Hund, Schweiß-Hund, Sau-Finder, Jagd-Hunde oder Stoͤber noͤthig habe; 4.) Den Zeug, worinnen er beſtehe, und wie er geſtellet werden muͤſſe, erlernet und deſſen wohl kundig iſt, ſo folget denn letztens 5.) die Jagd, oder das Weydewerck, ſeinem Herrn, dem er dienet, zu was derſelbe Luſt hat, ein Ja- gen zu machen, und ſich hierdurch, wenn es gluͤcklich ablaͤufft, in Gnaden zu ſetzen, und deſ- ſen Gunſt zu erlangen, davon ein ſolcher Jaͤger ſelber von Jedermann Ehre, Lob und Ruhm er- werben kan, durch liederliche Nachlaͤßigkeit aber nichts anders als Schimpff und Schande, Hohn und Spott davon traͤget: Doch muß er ſich auff dergleichen Art zu jagen, mit allem Fleiß appliciren, worzu ſeine Herrſchafft am meiſten geneiget iſt, und incliniret, auch des Orts Gelegenheit, und Situa- tion wohl in acht nehmen, ingleichen mit Menage groſſer Unkoſten, ſoviel, als ſich thun laſſen will, alles verrichten. Vornehmlich aber auch die Jahres-Zeit wahrnehmen, daß das Wild in der Satz- und Bruͤth-Zeit nicht ver- ſtoͤhret und die Wildbahne ruiniret werde, wel- ches GOtt ſelbſt in Heiliger Schrifft zu halten befohlen, auch ohnediß zu ſolcher Zeit das Wild mager, gering und von ſchlechtem Schmack iſt. Nach geendigtem Jagen aber muß auch die ge- brauchte Geraͤthſchafft nicht ſtehen oder liegen bleiben, und vergeſſen, ſondern jedes an ſeinen Ort, und zwar fein trocken gebracht, die Hunde gefuͤttert, gewartet und alles zu kuͤnfftigem Ge- brauch wieder an gehoͤrigen Ort auffgehoben werden. Ehe und bevor nun Jemand dieſes al- les erlernet, und ſich darzu habil gemachet, mag er ſich ja nicht einen Jaͤger nennen, oder ſich vie- les imaginiren, deſſen er noch nicht kundig iſt, ſich alſo ſelbſt betruͤgen, wormit dieſes Werck nunmehro ende, und mein Adjeu mache. Jmmer-

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 656[356]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/526>, abgerufen am 27.11.2024.