Anno 1718. sind eine ziemliche Anzahl grosser Linden nach Dännemarck zu Wasser von Wißmar im späten Herbst abgegangen, welche so gleich nach der An- kunfft daselbst versetzt worden. Sie ha- ben meistens an der Mitternächtigen Seite in denen innern Vestungs-Wer- cken dieses Orts gestanden, und hatten ihr völliges Wachsthum erreichet, so, daß deren theils im Diametro einen halben Fuß, theils 10. und mehr Zoll dick gewe- sen. Sie wurden so gleich nach der Her- ausnehmung so wohl an Wurtzeln als Aesten gekappet, diese letztern aber der- gestalt abgenommen, daß kaum eine hal- be oder drey Viertel Ellen vom Stamm an übrig blieben, und dennoch sollen die meisten wieder ausgeschlagen und gegrü- net haben; doch hat man sie in den heis- sen Sommer-Tagen fleißig begiessen müssen.
Von den Weiden.
§. 4.
Ungeachtet die Weiden selten zu einer so gar grossen Grösse gelangen, so meldet doch der Herr L. D. Hermann in seiner Maslographie, daß zu Neuwalde, unweit Massel, eine Weide stehen soll, welche von ungemeiner Grösse ist; sie hält in der Mitte 10. und eine halbe Elle, am Stamm dreyzehn Ellen. Der weyland fleißige Theologus und Naturforscher, Herr Christian Lehmann, erzehlet in sei- nem Historischen Schau-Platz des Meiß- nischen Ober-Ertzgebürges, daß Anno 1693. bey Altenburg allerhand grosse und kleine Rosen auf den Weiden gewachsen, die zwar grün an der Farbe, dennoch den unaufgeblüheten Rosen sehr gleich gese- hen. Es führen auch die Herren Ver- fasser der Schlesischen Natur- und Kunst- Geschichte an, daß man im Monat Julio An. 1719. ein gleichmäßiges Gewächs von solchen Rosen auf einer zwey Meilen von Breßlau an der Oder liegenden Gegend, Sandberg genannt, an einer und der an- dern Strauch-Weide wahrgenommen. Es hätte auf der Spitze des Aestleins ein schwärtzlicher dürrer Busch gestanden, so einer aufgeblüheten Rose oder vollen Ra- nunckel, der Völligkeit nach, nicht ungleich gesehen, von unterschiedener Grösse, und von diverser Menge der Blätter. Die Blätter wären nicht platt auf einander gelegt gewesen, so wie in den benannten Blumen, sondern unordentlicher, und et- was verdrehet, doch das letztere ohne Zweifel meist von dürre werden, und ein- [Spaltenumbruch]
schrumpffen, sonst hätten sie die Gestalt der andern Blätter gehabt, nur daß sie kleiner gewesen. Von der Farbe hätten sie schwartz-bräunlich ausgesehen. Das Stänglein wäre die ordentliche Protrusi- on des Aestleins, und gantz holtzig gewe- sen, der Calix hätte drey, vier biß fünff breite und kurtze ordentliche Weiden- Blätter praesentirt, über denen harte an die übrigen dichte, wie in einer Rose, mit Hauffen gesessen. Es ist dieses Gewäch- se vor nichts anders, als vor ein luxuri- rendes Wesen des ordentlichen Weiden- triebes anzusehen, und hat die Natur hier nicht eine wahre Blume, sondern bloß eine Menge von Blättern hervorbringen wollen, wozu sie entweder vom Uberfluß des Safftes, oder von einer Verhinde- rung des eigentlichen Stengeltriebes ge- bracht worden.
Von dem Carpathischen Limbaum und Krumbholtze.
§. 5.
Unter andern Curiositäten, so das Carpathische Gebürge in Ungarn in sich faßt, und den Naturforschern zu un- tersuchen darbeut, ist billig auch zu rech- nen der Arbor und Frutex Carpathicus. Der Herr Christianus ab Hortis, Medi- cinae Doctor und Physicus der Stadt Kä- semarck, hat zu erst An. 1680. den Fruti- cem, und An. 1683. den Arborem in den Carpathischen Bergen entdeckt, und bey- de mit teutschen Nahmen beleget, da er nemlich den Fruticem Krumbholtz, den Arborem aber Limbaum genennet. Es werden aus diesen beyden vortreffliche Medicamente zubereitet, und zwar ex Frutice Carpathico 1) der Ungarische Balsam, der nichts anders, als ein Oel ist, so entweder aus den Spitzen der Aeste freywillig ausschwitzet, und solchergestalt colligiret wird: Man hängt Gläser an die Aeste dieses Strauches, und verwah- ret solche bey der Oeffnung sehr wohl, da- mit das spirituöse Wesen von diesem Bal- sam nicht verfliegen könne, und so tröpf- felt denn das im Frühling ausschwitzende Oel oder Balsam in diese Gläser, und wird zum Gebrauch aufgehalten; oder es ist ausgedrückt, wenn nemlich die Apices ramorum abgeschnitten, und dieser Bal- sam ausgepresset wird. Dieses Balsams oder Oels Gebrauch ist zweyerley, äus- serlich, und innerlich. Es ist dieser Bal- sam gut zu gebrauchen zu allen frischen Wunden, wofern sie nicht allzu groß und tieff sind, und heilet solche innerhalb 24.
Stun-
Des Erſten Theils 40. Capitel/
[Spaltenumbruch]
§. 3.
Anno 1718. ſind eine ziemliche Anzahl groſſer Linden nach Daͤnnemarck zu Waſſer von Wißmar im ſpaͤten Herbſt abgegangen, welche ſo gleich nach der An- kunfft daſelbſt verſetzt worden. Sie ha- ben meiſtens an der Mitternaͤchtigen Seite in denen innern Veſtungs-Wer- cken dieſes Orts geſtanden, und hatten ihr voͤlliges Wachsthum erreichet, ſo, daß deren theils im Diametro einen halben Fuß, theils 10. und mehr Zoll dick gewe- ſen. Sie wurden ſo gleich nach der Her- ausnehmung ſo wohl an Wurtzeln als Aeſten gekappet, dieſe letztern aber der- geſtalt abgenommen, daß kaum eine hal- be oder drey Viertel Ellen vom Stamm an uͤbrig blieben, und dennoch ſollen die meiſten wieder ausgeſchlagen und gegruͤ- net haben; doch hat man ſie in den heiſ- ſen Sommer-Tagen fleißig begieſſen muͤſſen.
Von den Weiden.
§. 4.
Ungeachtet die Weiden ſelten zu einer ſo gar groſſen Groͤſſe gelangen, ſo meldet doch der Herr L. D. Hermann in ſeiner Maslographie, daß zu Neuwalde, unweit Maſſel, eine Weide ſtehen ſoll, welche von ungemeiner Groͤſſe iſt; ſie haͤlt in der Mitte 10. und eine halbe Elle, am Stamm dreyzehn Ellen. Der weyland fleißige Theologus und Naturforſcher, Herr Chriſtian Lehmann, erzehlet in ſei- nem Hiſtoriſchen Schau-Platz des Meiß- niſchen Ober-Ertzgebuͤrges, daß Anno 1693. bey Altenburg allerhand groſſe und kleine Roſen auf den Weiden gewachſen, die zwar gruͤn an der Farbe, dennoch den unaufgebluͤheten Roſen ſehr gleich geſe- hen. Es fuͤhren auch die Herren Ver- faſſer der Schleſiſchen Natur- und Kunſt- Geſchichte an, daß man im Monat Julio An. 1719. ein gleichmaͤßiges Gewaͤchs von ſolchen Roſen auf einer zwey Meilen von Breßlau an der Oder liegenden Gegend, Sandberg genannt, an einer und der an- dern Strauch-Weide wahrgenommen. Es haͤtte auf der Spitze des Aeſtleins ein ſchwaͤrtzlicher duͤrrer Buſch geſtanden, ſo einer aufgebluͤheten Roſe oder vollen Ra- nunckel, der Voͤlligkeit nach, nicht ungleich geſehen, von unterſchiedener Groͤſſe, und von diverſer Menge der Blaͤtter. Die Blaͤtter waͤren nicht platt auf einander gelegt geweſen, ſo wie in den benannten Blumen, ſondern unordentlicher, und et- was verdrehet, doch das letztere ohne Zweifel meiſt von duͤrre werden, und ein- [Spaltenumbruch]
ſchrumpffen, ſonſt haͤtten ſie die Geſtalt der andern Blaͤtter gehabt, nur daß ſie kleiner geweſen. Von der Farbe haͤtten ſie ſchwartz-braͤunlich ausgeſehen. Das Staͤnglein waͤre die ordentliche Protruſi- on des Aeſtleins, und gantz holtzig gewe- ſen, der Calix haͤtte drey, vier biß fuͤnff breite und kurtze ordentliche Weiden- Blaͤtter præſentirt, uͤber denen harte an die uͤbrigen dichte, wie in einer Roſe, mit Hauffen geſeſſen. Es iſt dieſes Gewaͤch- ſe vor nichts anders, als vor ein luxuri- rendes Weſen des ordentlichen Weiden- triebes anzuſehen, und hat die Natur hier nicht eine wahre Blume, ſondern bloß eine Menge von Blaͤttern hervorbringen wollen, wozu ſie entweder vom Uberfluß des Safftes, oder von einer Verhinde- rung des eigentlichen Stengeltriebes ge- bracht worden.
Von dem Carpathiſchen Limbaum und Krumbholtze.
§. 5.
Unter andern Curioſitaͤten, ſo das Carpathiſche Gebuͤrge in Ungarn in ſich faßt, und den Naturforſchern zu un- terſuchen darbeut, iſt billig auch zu rech- nen der Arbor und Frutex Carpathicus. Der Herr Chriſtianus ab Hortis, Medi- cinæ Doctor und Phyſicus der Stadt Kaͤ- ſemarck, hat zu erſt An. 1680. den Fruti- cem, und An. 1683. den Arborem in den Carpathiſchen Bergen entdeckt, und bey- de mit teutſchen Nahmen beleget, da er nemlich den Fruticem Krumbholtz, den Arborem aber Limbaum genennet. Es werden aus dieſen beyden vortreffliche Medicamente zubereitet, und zwar ex Frutice Carpathico 1) der Ungariſche Balſam, der nichts anders, als ein Oel iſt, ſo entweder aus den Spitzen der Aeſte freywillig ausſchwitzet, und ſolchergeſtalt colligiret wird: Man haͤngt Glaͤſer an die Aeſte dieſes Strauches, und verwah- ret ſolche bey der Oeffnung ſehr wohl, da- mit das ſpirituöſe Weſen von dieſem Bal- ſam nicht verfliegen koͤnne, und ſo troͤpf- felt denn das im Fruͤhling ausſchwitzende Oel oder Balſam in dieſe Glaͤſer, und wird zum Gebrauch aufgehalten; oder es iſt ausgedruͤckt, wenn nemlich die Apices ramorum abgeſchnitten, und dieſer Bal- ſam ausgepreſſet wird. Dieſes Balſams oder Oels Gebrauch iſt zweyerley, aͤuſ- ſerlich, und innerlich. Es iſt dieſer Bal- ſam gut zu gebrauchen zu allen friſchen Wunden, wofern ſie nicht allzu groß und tieff ſind, und heilet ſolche innerhalb 24.
Stun-
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[68/0128]
Des Erſten Theils 40. Capitel/
§. 3. Anno 1718. ſind eine ziemliche
Anzahl groſſer Linden nach Daͤnnemarck
zu Waſſer von Wißmar im ſpaͤten Herbſt
abgegangen, welche ſo gleich nach der An-
kunfft daſelbſt verſetzt worden. Sie ha-
ben meiſtens an der Mitternaͤchtigen
Seite in denen innern Veſtungs-Wer-
cken dieſes Orts geſtanden, und hatten
ihr voͤlliges Wachsthum erreichet, ſo, daß
deren theils im Diametro einen halben
Fuß, theils 10. und mehr Zoll dick gewe-
ſen. Sie wurden ſo gleich nach der Her-
ausnehmung ſo wohl an Wurtzeln als
Aeſten gekappet, dieſe letztern aber der-
geſtalt abgenommen, daß kaum eine hal-
be oder drey Viertel Ellen vom Stamm
an uͤbrig blieben, und dennoch ſollen die
meiſten wieder ausgeſchlagen und gegruͤ-
net haben; doch hat man ſie in den heiſ-
ſen Sommer-Tagen fleißig begieſſen
muͤſſen.
Von den Weiden.
§. 4. Ungeachtet die Weiden ſelten
zu einer ſo gar groſſen Groͤſſe gelangen, ſo
meldet doch der Herr L. D. Hermann in
ſeiner Maslographie, daß zu Neuwalde,
unweit Maſſel, eine Weide ſtehen ſoll,
welche von ungemeiner Groͤſſe iſt; ſie haͤlt
in der Mitte 10. und eine halbe Elle, am
Stamm dreyzehn Ellen. Der weyland
fleißige Theologus und Naturforſcher,
Herr Chriſtian Lehmann, erzehlet in ſei-
nem Hiſtoriſchen Schau-Platz des Meiß-
niſchen Ober-Ertzgebuͤrges, daß Anno
1693. bey Altenburg allerhand groſſe und
kleine Roſen auf den Weiden gewachſen,
die zwar gruͤn an der Farbe, dennoch den
unaufgebluͤheten Roſen ſehr gleich geſe-
hen. Es fuͤhren auch die Herren Ver-
faſſer der Schleſiſchen Natur- und Kunſt-
Geſchichte an, daß man im Monat Julio
An. 1719. ein gleichmaͤßiges Gewaͤchs von
ſolchen Roſen auf einer zwey Meilen von
Breßlau an der Oder liegenden Gegend,
Sandberg genannt, an einer und der an-
dern Strauch-Weide wahrgenommen.
Es haͤtte auf der Spitze des Aeſtleins ein
ſchwaͤrtzlicher duͤrrer Buſch geſtanden, ſo
einer aufgebluͤheten Roſe oder vollen Ra-
nunckel, der Voͤlligkeit nach, nicht ungleich
geſehen, von unterſchiedener Groͤſſe, und
von diverſer Menge der Blaͤtter. Die
Blaͤtter waͤren nicht platt auf einander
gelegt geweſen, ſo wie in den benannten
Blumen, ſondern unordentlicher, und et-
was verdrehet, doch das letztere ohne
Zweifel meiſt von duͤrre werden, und ein-
ſchrumpffen, ſonſt haͤtten ſie die Geſtalt
der andern Blaͤtter gehabt, nur daß ſie
kleiner geweſen. Von der Farbe haͤtten
ſie ſchwartz-braͤunlich ausgeſehen. Das
Staͤnglein waͤre die ordentliche Protruſi-
on des Aeſtleins, und gantz holtzig gewe-
ſen, der Calix haͤtte drey, vier biß fuͤnff
breite und kurtze ordentliche Weiden-
Blaͤtter præſentirt, uͤber denen harte an
die uͤbrigen dichte, wie in einer Roſe, mit
Hauffen geſeſſen. Es iſt dieſes Gewaͤch-
ſe vor nichts anders, als vor ein luxuri-
rendes Weſen des ordentlichen Weiden-
triebes anzuſehen, und hat die Natur
hier nicht eine wahre Blume, ſondern bloß
eine Menge von Blaͤttern hervorbringen
wollen, wozu ſie entweder vom Uberfluß
des Safftes, oder von einer Verhinde-
rung des eigentlichen Stengeltriebes ge-
bracht worden.
Von dem Carpathiſchen Limbaum
und Krumbholtze.
§. 5. Unter andern Curioſitaͤten, ſo
das Carpathiſche Gebuͤrge in Ungarn in
ſich faßt, und den Naturforſchern zu un-
terſuchen darbeut, iſt billig auch zu rech-
nen der Arbor und Frutex Carpathicus.
Der Herr Chriſtianus ab Hortis, Medi-
cinæ Doctor und Phyſicus der Stadt Kaͤ-
ſemarck, hat zu erſt An. 1680. den Fruti-
cem, und An. 1683. den Arborem in den
Carpathiſchen Bergen entdeckt, und bey-
de mit teutſchen Nahmen beleget, da er
nemlich den Fruticem Krumbholtz, den
Arborem aber Limbaum genennet. Es
werden aus dieſen beyden vortreffliche
Medicamente zubereitet, und zwar ex
Frutice Carpathico 1) der Ungariſche
Balſam, der nichts anders, als ein Oel
iſt, ſo entweder aus den Spitzen der Aeſte
freywillig ausſchwitzet, und ſolchergeſtalt
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die Aeſte dieſes Strauches, und verwah-
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mit das ſpirituöſe Weſen von dieſem Bal-
ſam nicht verfliegen koͤnne, und ſo troͤpf-
felt denn das im Fruͤhling ausſchwitzende
Oel oder Balſam in dieſe Glaͤſer, und wird
zum Gebrauch aufgehalten; oder es iſt
ausgedruͤckt, wenn nemlich die Apices
ramorum abgeſchnitten, und dieſer Bal-
ſam ausgepreſſet wird. Dieſes Balſams
oder Oels Gebrauch iſt zweyerley, aͤuſ-
ſerlich, und innerlich. Es iſt dieſer Bal-
ſam gut zu gebrauchen zu allen friſchen
Wunden, wofern ſie nicht allzu groß und
tieff ſind, und heilet ſolche innerhalb 24.
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/128>, abgerufen am 22.12.2024.
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